Als die Personenfreizügigkeit nur für Christen galt

Fachkräfte aus Italien: Die Gastarbeiter Antonio und Giuseppe arbeiten in den Fünfzigerjahren in der Schweizer Landwirtschaft. Foto: Walter Studer (Keystone)

Über wenige Fragen wurde in der Geschichte der modernen Schweiz so heftig und häufig gestritten wie über die Personenfreizügigkeit. Die betroffenen Fremden waren zuerst Neuzuzüger aus anderen Gemeinden und Kantonen. Wie heute ging es beim Recht auf Niederlassung, wie der herkömmliche Begriff lautet, um materielle Interessen und um ideelle Haltungen.

Bereits beim ersten Versuch von 1798, einen schweizerischen Nationalstaat zu gründen, war die Gleichberechtigung der «Hintersassen», die dieses Recht nicht besassen, ein mächtiges Pièce de Résistance. «Die alten Stadtbürgerschaften, die genossenschaftlichen Verbände in den Länderorten und die Gemeindebürger von Dörfern in ehemaligen Untertanengebieten waren nicht bereit, die materiellen Privilegien plötzlich mit jenen Bevölkerungsgruppen zu teilen, denen sie genau diese Vorrechte jahrhundertelang vorenthalten hatten», schrieb der Historiker Daniel Schläppi in einem Beitrag über die Helvetik.

Angst vor der anderen Konfession

Dazu gesellten sich konfessionelle Ängste. Viele katholische und reformierte Kleriker befürchteten, die religiöse Geschlossenheit könnte durch die neue Personenfreizügigkeit verloren gehen.

Dass Glaubensfragen im Widerstand gegen die liberalen Errungenschaften der Helvetik eine wichtige Rolle spielten, illustriert das Pogrom gegen die Juden im aargauischen Surbtal 1802. Diese wurden von der Landbevölkerung als Hauptprofiteure der neuen wirtschaftlichen und sozialen Freiheiten betrachtet, obwohl die Niederlassungsfreiheit nur für die Christen galt.

Der Bundesvertrag von 1815 schaffte die Personenfreizügigkeit wieder ab. Die aufgeschlossenere Hälfte der Kantone schloss 1819 ein Niederlassungskonkordat. Die danach von den Liberalen angestrebte Bundesreform scheiterte 1833 wesentlich an der Niederlassungsfreiheit. Die Hauptgegnerschaft kam wieder aus katholisch-konservativen Kreisen. So monierte das Zuger Priesterkapitel, eine solche Öffnung führe zur Einwanderung von Reformierten und Juden.

Angst vor Juden

Bei der Bundesverfassung von 1848 bedeutete die Niederlassungsfreiheit für Katholiken in protestantischen und für Protestanten in katholischen Kantonen eine derart radikale Änderung, dass es die tonangebenden Freisinnigen nicht wagten, sie auch den Juden zu gewähren. Aber auch den Christen, insbesondere den armen, wurde der Umzug in andere Kantone durch Hürden wie den Nachweis wirtschaftlicher Seriosität und eines guten Leumunds erschwert. Ein unsittlicher Lebenswandel, eine strafrechtliche Verurteilung, Verschuldung – das konnte genügen, um aus dem Wohnort in die Heimatgemeinde zurückgeschickt zu werden.

Der Auslöser der allerersten Volksabstimmung im Bundesstaat war ein Handelsvertrag mit Frankreich, der dessen Juden gewährte, was den schweizerischen verweigert wurde: die Niederlassungsfreiheit. Im Januar 1866 kam die Personenfreizügigkeit für Juden knapp durch – gegen heftigsten Widerstand aus der Zentralschweiz.

Angst vor Fahrenden

Die Totalrevision der Bundesverfassung von 1874 verbesserte zwar die Stellung der kantonsfremden Niedergelassenen, die damals bereits ein Drittel der Schweizer Bürger ausmachten. Aber es gelang ihr beispielsweise nicht, im neuen Artikel 45 der Bundesverfassung die Abschiebung von Armengenössigen in ihre Heimatgemeinde zu verbieten.

Wie brisant die Frage der Personenfreizügigkeit innerhalb der Schweiz blieb, zeigt der Umstand, dass die meisten individuellen Beschwerden, die zwischen 1848 und 1914 bei den zuständigen Bundesbehörden eingereicht wurden, das Recht auf Niederlassung und die Rechte der Niedergelassenen betrafen.

Im Rahmen der konservativen Wende nach dem Ersten Weltkrieg geriet die Personenfreizügigkeit wieder stärker unter Druck. Betroffen waren vor allem aus dem Osten eingewanderte Juden und Arme. Die hauptsächlich von Fröntlern und den katholischen Jungkonservativen getragene Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung zielte auf die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit für Juden, Fahrende und Sozialbedürftige. Allerdings wurde das Volksbegehren 1935 mit 72 Prozent Nein-Stimmen deutlich verworfen und nur von Obwalden, Innerrhoden, Freiburg und dem Wallis angenommen.

Angst vor Ausländern

Nachhaltige Wirkung entfaltete das 1931 eingeführte Saisonnierstatut, das die Niederlassungsrechte von ausländischen Arbeitskräften stark einschränkte und ihnen den Familiennachzug verbot. 1987 waren 114’640 Menschen davon betroffen. Abgeschafft wurde die unwürdige Gesetzesbestimmung erst 2002 mit der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU. Ähnlich wie bei der Gewährung der Niederlassungsfreiheit für Juden 1866 brauchte es für Saisonarbeiter 2002 den Druck von aussen.

Was die Schweizer Bürger betrifft, gilt für sie die volle Personenfreizügigkeit auch erst seit 1978. Bis zu diesem Jahr konnten arme Alte ins Bürgerasyl ihrer Heimatgemeinde zurückgeschafft werden. Am 7. Dezember 1975, 127 Jahre nach der Gründung des Bundesstaates, hatten 76 Prozent der Bürgerinnen und der Bürger einem neuen vorbehaltlosen Artikel 45 zugestimmt: «Jeder Schweizer kann sich an jedem Ort des Landes niederlassen.»

86 Kommentare zu «Als die Personenfreizügigkeit nur für Christen galt»

  • Ruedi Beglinger sagt:

    Am 7. Dezember 1975, 127 Jahre nach der Gründung des Bundesstaates, hatten 76 Prozent der Bürgerinnen und der Bürger einem neuen vorbehaltlosen Artikel 45 zugestimmt: «Jeder Schweizer kann sich an jedem Ort des Landes niederlassen.» Stimmt nicht Herr Lang! Für Lehrer galt auch nach 1975 die „Residenzpflicht“. In vielen Gemeinden musste der Lehrer wohnen, wo er arbeitete. Und das Bundesgericht stützte diese Ungerechtigkeit!

  • Martin sagt:

    Es hat
    180 Mio Nigerianer
    180 Mio Pakistaner
    150 Mio Banglas
    usw….usw…….
    minium 10% von all denen wuenschen nach Europa auszuwandern. Wieviele von diesen Leuten kann Europa verkraften?
    180+180+150 = 510 Mio, soviel wie Europa ohne Russland.

    • Thomas sagt:

      Es gibt rund 1,5 Mio Zürcher. Wenn von denen nur 10% nach Appenzell Innerrhoden auswandern wollen, wieviel kann Appenzell Innerrhoden verkraften?
      Es sind auch nicht 10% aller Deutschen in die Schweiz gekommen. Auch nicht 10% aller Franzosen, Briten, Amerikaner, Schweden, Finnen, Holländer,…

    • Kurt Schwob sagt:

      Es müsste ja nicht sein, dass Millionen von Nigerianern auswandern wollen. Würde man/Europa mit den unseligen Exporten von tiefgekühltem Hühnerfleisch aufhören, mit dem praktisch die gesamte Kleintierzucht in Westafrika ruiniert wurde, aufhören (um nur dieses eine Beispiel zu nennen), so hätten Hunderttausende wieder ein Auskommen im eigenen Land. Die Wasserpolitik von Nestle ist ein weiteres Beispiel – für noch weitere müsste ich jetzt suchen, es gibt sie aber sicher in grosser Zahl.

  • Dr. Jorge Stein sagt:

    Als Student arbeitete ich für die Marktforschungsgesellschaft GfM als Befrager.
    Bei einem Panel über Einkaufsgewohnheiten im Grossraum St.Gallen reagierten beim Namen „Globus“ viele Befragte auffallend negativ.
    Eine genauere Analyse der Antworten ergab dann, dass reformierte Pfarrer ihren Schäfchen den Einkauf in diesem Warenhaus verboten hatten, mit der Begründung dieses sei katholisch und gehöre dem Kloster Einsiedeln, was vollkommen aus der Luft gegriffen war. Besitzer war damals und bis vor kurzem, die reformierte Familie Mahler aus Zürich.

  • Peter Aletsch sagt:

    Intelligenz ist u.a. Differenzierungsfähigkeit. Aus historischen Ereignissen, Umständen und Verhaltensweisen kann man nicht allgemeine Regeln für die Zukunft ableiten. Vor allem nicht, falls ein Umstand, hier die geographisch-kulturelle Distanz, massiv überschritten wird. Man ersetze ‚Christen‘ durch ‚Nicht-Kannibalen‘. Der Autor Lang will also hergeleitet haben, wir sollten keine Angst vor der Immigration von Kannibalen (aus Neu-Guinea) haben.

    • Thomas Hartl sagt:

      Mit solchen Vergleichen wurde schon im Deutschland der 30-er Jahre gearbeitet. Dort wurden Juden mit Ungeziefer oder Ratten assoziert. Das Ziel der Rassisten war, ihre Opfer zu entmenschlichen und sie als Gefahr für unsere Zivilisation zu diffamieren. Mit einem Kannibalen-Vergleich sind sie nicht mehr weit davon entfernt.

      • Peter Aletsch sagt:

        Sie haben den Vergleich nicht verstanden. Noch einmal versuchen, am besten vorher ins Hochland von Neu-Guinea reisen.

    • Pjotr Müller sagt:

      Komisch, dass ich bei Ihnen so rein gar nichts von Intelligenz und Differenzierungsvermögen feststellen kann (aber das liegt ganz sicher an mir, sparen Sie sich also bitte eine entsprechende Rechtfertigung).
      Sie wissen doch genau, woher der grösste Teil der Zuwanderung kommt. Personenfreizügigkeit – und darum geht es bei diesem Artikel – gibt es für die Staaten der EU.
      Und Sie schwadronieren von Kannibalen – echt unter jedem Niveau.

      • Peter Aletsch sagt:

        Auch Sie glauben, dass kein PFZler je einmal in Holländisch-Guinea gelebt haben könnte. Im übrigen ist ‚Zuwanderung‘ kein echt schweizerisches Wort (ich ziehe ‚Immigration‘ vor), aber da wir ja PFZ aus dem ‚Bahnsteig‘-Land haben …

  • Ronnie König sagt:

    Nun kommt von kompetenter Seite was ich seit Jahren in Kommentaren immer wieder erwähnt habe! Ein weiteres rotes Tuch für unsere rechtsaussen Hinterwäldler. Die gerne auf Judenschützer machen, wenn sie damit dem Moslem schaden können. Nun, wie deren Gedankenwelt wirklich funktioniert, das sehen wir nun, wenn man eben die Bedingungen der Helvetik genauer ansieht, was ich halt schon vor Jahren machte. Irgendwoher muss das seltsame territoriale Denken ja kommen. Nur aus der Helvetik stammt es nicht wie uns die Bibel schon berichten kann und die Antike kannte das an sehr vielen Orten in vielen Reichen. Interessanter weise, wenn man die Entstehung der ersten Hochkulturen und ihre Reiche studiert, da war es anfangs genau gegenteilig. Dies führte zu einem enormen Schub an Innovationen und Verände

    • Thomas sagt:

      …. und gegen neue Innovationen hat man sich dann schon früher mit Zünften etc. abgesichert, damit man seine eigenen Pfründe nicht abgeben musste.

    • M Cesna sagt:

      Ach gäbs doch wieder so einen Napoleon!
      Er schaffte mit links Traditionen aufzubrechen!

  • Peter Glarner sagt:

    Es gibt starke Hinweise aus der Mitte des 20 Jahrhunderts, dass unseren schon damals existenten Superpatrioten die Italienischen Christen als „minderwertig“ betrachteten. Die konnten ja nie und nimmer gleich gute Christen sein wie die Schweizer. Siehe auch die überaus typische Geschichte weiter oben aus Göschenen.

  • Thomas Helg sagt:

    Interessante Tatsachen die uns aufrütteln sollten bei der heutigen Betrachtung unserer Vergangenheit. Selbstverständlich handelte es sich bei all den Entscheidungen um „Kinder der damaligen Zeit“, und unsere heutige Betrachtung/Bewertung erfolgt aus einer völlig anderen Perspektive. Das Einzige was wir daraus lernen sollten, ist uns mit Entscheidungen für die Zukunft ernsthaft, vorausschauend fortentwickelnd und human und religionslos zu entscheiden im Bewusstsein, dass Zukunft immer Veränderung beinhaltet, ob wir wollen, fähig sind oder nicht. Wir haben als Lebensstrategie nur die Möglichkeit individuell angepasst nach vorne zu gehen, wenn wir ein erfülltes Leben leben wollen.

    • Herbert Pflüger sagt:

      „NUR die Möglichkeit … „? Zum Überleben wie auch zum guten Leben braucht es zweifellos individuelle Strategien. Es ist jedoch weder empfehlenswert noch vorausschauend, sich an die Rockschösse numinoser Herrenstämme zu hängen, sobald es um „nach vorne“ orientierte REPUBLIKANISCHE Weichenstellungen geht. Denken Sie an Frankreich vor 1789 oder an Syrien anno 2018. Alternativloser Garant für eine progressive Globalisierung und Bollwerk gegen eine kultur-blinde bzw. -relativistische Big-Data-Globalisierung ist der Nach-1789er-Bürger- und Nationalstaaat.

  • Jessas Neiau sagt:

    Schön, was Herr Lang hier zusammengetragen hat. Wenn es auch dem Text nach meist um die angebliche Niederlassungsfreiheit ging, so ging es doch in Wirklichkeit fast ausnahmslos darum, welche Gemeinde die Freiheit zugesprochen erhält, im oft auftretenden Notfall für die neu Zugezogenen zu bezahlen. Das war damals das Hauptargument gegen unbeschränkte Freizügigkeit und ist es mit gutem Grund auch heute noch. Ebenso war damals wie heute der Hauptgrund der Migranten für ihren Umzug, dass sie ihre finanzielle Situation verbessern wollten – auf wessen Kosten auch immer.

    • Anh Toàn sagt:

      Der Hauptgrund der Einheimischen, sie wollen ihre bessere finanzielle Situation erhalten – auf wessen Kosten auch immer.

      Warum Verteidigung der besseren Situation ein guter Grund sein soll, Verbesserung aus schlechetr Situation aber ein schlechter, erschliesst sich mir nicht.

      • Rolf Zach sagt:

        Gehört zur menschlichen Natur. Wie strukturieren sich Menschen in einer nicht bäuerlichen Gesellschaft, sondern in Gesellschaften von Nomaden und Urwald-Völker? In Stämmen! Und sind nun diese Stammes-Gesellschaften friedlicher als die aus bäuerlichen Gesellschaften entstanden Staaten, mit dem effizienten Schutz von Städten.
        Ich denke da an Neu-Guinea.
        Es mir zutiefst unsympathisch, mit einer Beurteilung vorzugehen, wo man sich an einem sicheren Platz aufhält und die wirklichen Vorgänge nicht rational analysiert.

      • Rolf Zach sagt:

        Ich gebe ein Beispiel aus der jüngsten Schweizer Geschichte. Unsere Textilindustrie hatte im 2. Weltkrieg im Gegensatz zu den technologisch anspruchsvolleren Industriezweigen nicht soviel
        Gewinn gescheffelt, wie diese und konnte die Rückschläge von vorher nicht mehr einholen. Ebenso war diese Industrie in der Mehrheit eine Ansammlung von Missmanagement von Eigentümer-Familien, dass man nur staunen kann. Wo sind die Familien Schwarzenbach, Gugelmann und Ritex? Die haben heute mit Industrie nichts mehr zu tun! Ihre Überlebens-Strategie waren damals billige Löhne und da sie nicht genügend Arbeiterinnen fanden, holten sie massenhaft Italienerinnen als Saisonarbeiterinnen.
        Eine Verwandte von mir hat bei einem solchen bornierten Fabrikanten mit Sfr. 1.10 Stundenlohn gearbeitet (1956).

      • Rolf Zach sagt:

        Der gleiche bornierte Zofinger Fabrikant hat 1956 stolz eine ungarische Flüchtlingsfamilie abgeholt und die Dame dieser Familie mit einem Pelzmantel
        ausgestattet. Dagegen hat er die AHV für seine Arbeiter unterschlagen. Der Betrieb existiert heute nicht mehr. Der Hype um diese Ungarn-Flüchtlinge muss man erlebt haben und dieses Suhlen im Anti-Kommunismus von diesen eingebildeten Bürgerlichen.
        Die Aufwertung des Schweizerfrankens in den 70er Jahren hat diesen schlecht geführten Betrieben den Garaus gemacht und da war die Schwarzenbach-Initiative auch nicht schlecht.
        Sie hat dieses Lohn-Dumping abgeschwächt.

      • Anh Toàn sagt:

        Ja Migration gehört zur menschlichen Natur, sonst wären wir alle Produkte aus Inzucht.

      • Anh Toàn sagt:

        Ist Inzucht besser oder Migration?

      • Anh Toàn sagt:

        Wie entstehen sesshafte Gesellschaften? Eine nomadisierende Sippe bleibt irgendwo sitzen wo es gut ist und macht dann Inzuchtmässig eine Stadt aus dem Dorf?

        Durch Migration entstehen Städte, nicht indem nomadisierende Sippen sesshaft werden.

    • M Cesna sagt:

      Es muss eine schreckliche Angst damals geherrscht haben, jeden Neuzuzüger mehr als Problemfall zu sehen, denn als Chance.
      Ob sich bis heute daran was geändert hat?

  • Alexander Dernburg sagt:

    In jedem Gemeinwesen gilt Solidarität nur für Leute, die
    – diese nicht überbeanspruchen
    – die Werte der Gemeinschaft teilen.
    Deshalb war und ist es damals wie heute vernünftig, Habenichtse und Kulturbereicherer nicht massenhaft einwandern zu lassen. Nur so können wir unsere gegenseitige Solidarität und Vertrauen, die Grundlagen eines jeden funktionierenden Gemeinwesens, bewahren.

    • Kurt Schwob sagt:

      Herr Dernburg, Sie verwenden hier nahezu das gleiche Vokabular wie jene Leute, die im 19. Jahrhundert die Fahrenden, die Juden und je nachdem die Katholiken oder die Reformierten zurückwiesen und ausgrenzten. Noch in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Verwandte von mir in Göschenen boykottiert, weil sie sich als Protestanten erdreisteten, den lokalen Konsumladen zu übernehmen. Begründungen, wenn man das denn so nennen kann: Sie würden die Werte der Urner/Göschener nicht teilen. Sie zogen dann wieder weg. Machten also das, was Sie hier offenbar zwischen den Zeilen ebenfalls propagieren.

      • Alexander Dernburg sagt:

        Sie sehen, es ist eine historische Konstante, dass man seine Gemeinschaft nicht überstrapazieren will. Dieses Faktum sollte man endlich anerkennen, anstatt auf Teufel komm raus immer noch mehr Migranten in jede noch verfügbare Ritze zu stopfen.

      • K.A. Barett sagt:

        @Kurt
        Ja und nein. Völlig aus der Luft gegriffen sind die Argumente von Alexander Dernburg auch nicht. Aber es ist natürlich so, dass im Zeitalter der Globalisierung, des Internets, der sozialen Medien sowie des grenzenlosen Reisens rund um die Welt die Homogenität der ursprünglich autochthonen Gesellschaften nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Aber: jeder kann sich nicht niederlassen wo er will und dann die sozialen Wohltaten der Zielgesellschaft unter dem Schutz eines solidarischen Rechtsanspruchs als grosse Selbstverständlichkeit in Anspruch nehmen.
        Dadurch entstehen grosse gesellschaftliche und soziale Spannungen.

      • Kurt Schwob sagt:

        Herr Dernburg, da haben Sie die entscheidende Klippe halbwegs elegant umschifft. Sie machen aus einer in meinen Augen empörenden Erfahrung etwas Selbstverständliches: „Sie sehen, es ist eine historische Konstante“. So könnten Sie auch Brudermord rechtfertigen – die historische Konstante mit Kain und Abel eben. Ich denke eher, man sollte die „historische Konstante“ der Demütigung und Herabsetzung von anderen Menschen endlich überwinden. Sie dagegen propagieren gerade die Anerkennung der Unmenschlichkeit („Habenichtse und Kulturbereicherer“ nennen Sie Menschen, denen von dieser oder jener Macht das Haus über dem Kopf zusammengebombt wurde).

      • Ronnie König sagt:

        @Barett: Da muss man aber schon genau sein, denn autochthon war die Schweiz seit der römischen Invasion garantiert nicht mehr! Ud, ob sie es vor der keltischen Zeit je wirklich war? Ich bezweifle das. Aber irgend einmal war es sicher so, nur konnte die Archäologie und die Althistoriker das nicht zweifelsfrei belegen.

      • Dr. Jorge Stein sagt:

        In Bern glaubte ich als junger Uni-Absolvent mit etwas Praxis, eine interessante Position bereits in der Tasche zu haben; dies nach mehreren Interviews am Firmensitz, Referenz-Überprungen und graphologischem Gutachten.
        Am Tag der Vertragsunterzeichnung hiess es dann plötzlich: „Sie sind wohl evangelisch?“.
        Als ich dies verneinte, ging von einer sehr kultiviert wirkenden Burgerpersönlichkeit eine bühnenreife Hass-Tirade los. Wegen all den Bündnern, Tessinern, Innerschweizern und Wallisern beim Bund habe man in Bern neuerdings schon genug Katholikenpack. Damit war die Sache gelaufen.
        Dies ist einige Zeit her und ich denke, dass sich diesbezüglich inzwischen einiges geändert hat. Mittlerweile wissen vielleicht auch Berner Protestanten, dass Katholiken und Juden nicht beissen!

      • gabi sagt:

        Ich finde diese kaum verhohlene Nazi-Keule so was von peinlich, Kurt Schwob.

        Und Sie meinen, mit diesem allzu plumpen Denkverbot wird´s automatisch besser?

        Dann lesen Sie doch mal „Hitlers Wien“ von Brigitte Hamann und überlegen Sie mal, in wiefern damals halt gerade eine extreme Flüchtlingswelle den Antisemitismus, den A.H. dann verinnerlichte, erst entstehen konnte. (… Und insbesondere auch, wie die Hilfe der Wiener jüdischen Gemeinde, welche diese Gefahr schon früh erkannte, das genaue Gegenteil bewirkte)

        So zu tun, als müsste man bloss noch mehr aufnehmen, um das Kippen einer Gesellschaft zu verhindern, ist nicht nur sträflich naiv, sondern befeuert genau jene Strömungen, die Sie zu bekämpfen vorgeben.

      • Kurt Schwob sagt:

        @Gabi: Ich habe Argumente gebracht; der Begriff Keule stammt von Ihnen, hier und jetzt. „Leute, die die Solidarität nicht überbeanspruchen … und die Werte der Gemeinschaft teilen“ – wer definiert das, die Solidarität wie auch die Werte? Das sind sehr fliessende Begrifflichkeiten, und oft sind die Definierenden jene, die Angst haben, ihnen könnte etwas weggenommen werden. Siehe die Zünfte in Zürich, die sich früher gegen die „Wilden“ vom Land abschotteten, und heute als Männergesellschaft (in ihrer Mehrheit) gegen Frauen. Wie Sie daraus eine „Nazikeule“ konstruieren können, ist mir schleierhaft. Oder umgekehrt: Wie Sie hier das Gemeinsame in vielen gruppenegoistischen Auffassungen, bis hin zu den Nazis und anderen Nationalisten, nicht sehen können. Keulen sind nicht mein Stilmittel.

      • gabi sagt:

        Ja; „Nazi-Keule“ ist eindeutig überrissen, Herr Schwob.

        Sorry.

        Bezogen hat es ich offenbar – komm grad jetzt per Zufall hierher zurück und muss mich orientieren – auf den Satz:

        „Sie verwenden hier nahezu das gleiche Vokabular wie jene Leute, die im 19. Jahrhundert die Fahrenden, die Juden und je nachdem die Katholiken oder die Reformierten zurückwiesen und ausgrenzten. “

        Dieses aufs Vokabular verweisen kann ich nicht mehr ausstehen.

        Das geht für mich einfach immer Richtung „Autobahn geht gar nicht!“, welches ja nun wirklich schon vor Jahren für genug Lachen gesorgt haben sollte.

        Ansonsten anerkenne ich aber: Nö; sie schwingen keine Nazi-Keule.

    • Pjotr Müller sagt:

      Herr Dernburg: Das beste Mittel, die von Ihnen beschriebene unerwünschte Gruppierung wachsen zu lassen, ist, sie nicht in die Gesellschaft aufzunehmen und sie auszugrenzen.
      Weiter förderlich ist es, Regeln für anständige Löhne und Sozialleistungen zu unterbinden und soweit auszuhöhlen, dass sich eine Unterschicht mit einer eigenen Parallelgesellschaft bilden kann.
      Seltsam, dass gerade Kreise, die Ihre Ideen teilen, hier die treibenden Kräfte sind.
      Die gleichen Kräfte wollen z.B. auch Kohäsionszahlungen verhindern, die in einigen Ländern auf bescheidenem Niveau Entwicklungen anzustossen helfen, welche den Migrationsdruck zu vermindern helfen.

      • Alexander Dernburg sagt:

        @Pjotr Müller
        Sie setzen viel zu spät an. Nämlich dann, wenn unerwünschte Gruppierungen schon im Land sind. Dann ist es tatsächlich zu spät, um noch etwas zu tun. Um die Gruppe zu schützen, dürfen unerwünschte Mitglieder gar nicht erst reingelassen werden, müssen an den Landesgrenzen abgewiesen werden. Dann wird die Solidarität und der Zusammenhalt nicht strapaziert und man hat all die von Ihnen genannten Folgeprobleme nicht.

      • Alexander Dernburg sagt:

        @Pjotr Müller, zur Entwicklungshilfe:
        Gegen Entwicklungshilfe ist nichts einzuwenden. Es liegt allerdings auf der Hand, dass auch ein reiches Land wie die Schweiz nie und nimmer genug Geld hat, um jeglichen Migrationsdruck zum Verschwinden zu bringen. Deshalb braucht es eine strikte Kontrolle der Einwanderung.
        .
        Und so nebenbei haben Sie auch noch bestätigt: Die Einwanderer sind meist nicht verfolgte Flüchtlinge mit Anspruch auf Asyl, sondern schlicht Wirtschaftsmigranten, ohne jeden Anspruch auf Einlass.

    • Lukkas Gfeller sagt:

      Sie lehnen also folgerichtig auch die Existenz der Schweiz als Nation ab?

    • Herbert Pflüger sagt:

      @Alexander Dernburg: Zeitgemässer als der Begriff des Gemeinwesens ist jener der pluralen Bürgergesellschaft. Unerlässlich für sie ist ein allgemeiner staatsbürgerlicher Sinn, welcher nicht nur Privat- und Clan-Interessen im Blick hat, sondern auch die Interessen des jeweiligen Staates. Zustimmung ansonsten.

      • Rolf Zach sagt:

        Einwanderung geschieht immer aus 2. Gründen.
        Erstens die Einwanderer erobern das Land und massakrieren und vertreiben die Einheimischen.
        Klassische Beispiele dafür sind Nordamerika und Australien, sowie Argentinien und Brasilien in Südamerika.
        Der 2. Grund ist derjenige, wenn die Macht-Elite eines Landes beschließt Einwanderung zuzulassen, um den Reichtum und die Macht ihres Landes zu vermehren. Folgerichtig auch die Ihrige. Ein gutes Beispiel dafür sind gerade die obgenannten Länder, die ihre indigenen Völker durch Europäer ersetzten. Es waren dann beleibe nicht nur Briten, Spanier und Portugiesen. Sondern auch alle Völker Europas, inklusive den in Afrika eingekauften Sklaven. Sobald die Macht-Elite keine Einwanderer mehr will, geht diese stark zurück.

      • Rolf Zach sagt:

        Gutes Beispiel aus der Geschichte sind die USA. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Einwanderung dorthin durch die Republikaner, eigentlich die Partei der WASP und der Reichen, stark eingeschränkt. Vor allem die Juden aus Ost-Europa und die Italiener waren von dieser Diskriminierung stark betroffen.
        Wahrscheinlich war da auch der Einfluss der Oktoberrevolution 1917 in Russland. Es waren nun einmal viele führende Kommunisten wie Trotzki Juden. Stalin war deswegen ein Antisemit und vor allem hasste er Juden und auch andere, die als Kommunisten aus dem Ausland zurückkamen.

  • werner boss sagt:

    Der liebe Herr Lang kann es nicht lassen von Angst zu schreiben um damit alle die mit seiner Version nicht einverstanden sind als schwach und dumm darzustellen! Umweiteren zieht er alleine die Religionen als Vergleichsargumente heran und “ vergisst “ dabei völlig, dass es in der Schweiz viele Leute gibt, welche mit Religionen nichts am Hut haben und trotzdem oder gerade deshalb eine zukünftige Versteifung auf diese durch Eingewanderte strickte ablehnen! Das allerschlimmste aber wäre eine religiöse Diktatur und die lächelt uns bereits süss hinter ihren Marktständen hervor an!

    • Heinz Müller sagt:

      Sie liefern ja gerade den Bilderbuchmässigen Beweis das diese Ablehnung aus Ängstlichkeit geschieht.

      Trauen Sie «unserer Kultur» und «unseren Werten» wirklich nicht zu solche Leute aufzunehmen ohne das wir unsere Seele verlieren? Das ist angst und unsicherheit, nichts anderes.

  • Joe Amberg sagt:

    Weltweit gibt es – ausserhalb der EU – absolut nirgends Personenfreizügigkeit zwischen Staaten. Warum wohl…?

    • Kurt Schwob sagt:

      Weil halt überall Menschen wohnen und weil unter Menschen die Ablehnung des Fremden einfacher ist als die Auseinandersetzung damit. Ich denke, Ihre Beobachtung stimmt wohl, aber sie rechtfertigt gar nichts. Weltweit werden überall Menschen in Kriegen umgebracht – sollen wir das dann einfach so akzeptieren? Ich denke und hoffe, dass unser ethischer Standard ein wenig gestiegen ist, seit man die Fremden einfach totschlug.

  • Kuno Wyss sagt:

    Das Saisonnierstatut war keineswegs „unwürdig“ sondern wegweisend.
    Damit hätten wir viele der heutigen Probleme im Migrations- und Integrationsbereich nicht.

    • Rolf Zach sagt:

      Ich bin sehr kritisch gegenüber Einwanderung von Menschen aus anderen Zivilisationen und überhaupt kann ich mich nicht befreunden mit Massen von Flüchtlingen, die über ganze Kontinente hinweg nach Europa wollen. Eine Einwanderung, die bei den aufnehmenden Ländern volkswirtschaftlich überhaupt nichts bringt, weder den Macht-Eliten, noch den Funktions-Eliten und ebenso wenig der breiten Bevölkerung.
      Was aber nicht mehr geht in Europa, sind die Saisonnier-Statuten. Hart gesagt ist es der Import von Sklaven auf begrenzter Zeit ohne soziale Absicherung. Die EU und damit auch die Schweiz, die für ihren weiteren Wohlstand unbedingt die Mitgliedschaft in der EU braucht, ist dieser Zustand im Sinn von Kontingenten und ohne sozialen Schutz unwürdig.

      • Rolf Zach sagt:

        Dies bedeutet nicht, dass ich gegen die Saison-Beschäftigung von Portugiesen in der Touristik oder von Polen in der Landwirtschaft bin. Beide sind aber Menschen, die unter PFZ Bedingungen der EU in der Schweiz arbeiten und damit grundsätzlich freie Menschen hier sind wie wir Schweizer.
        Um aber Lohn-Dumping gegenüber Einheimischen zu vermeiden, braucht es die flankierenden Maßnahmen und starke Behörden und Gewerkschaften innerhalb der Betriebe, die solche Schlaumeier von Arbeitgebern in die Schranken weisen. Wie man es richtig macht, zeigt die Lonza im Wallis. Die Walliser hätten es nie zugelassen, dass die LONZA Hilfsarbeiter aus der Türkei und dem Kosovo anstellen konnte. Dagegen hat die Bündner Politik es nicht verstanden, dass gleiche bei der EMS-Chemie zu unterbinden.

      • Rolf Zach sagt:

        Resultat, dass der Kanton Graubünden heute Menschen beherbergt, die sich sehr schwer in die Gesellschaft der Einheimischen integrieren lässt. Was heute noch verstärkt wird, dass die EMS, diese Hilfsarbeiter aus dem Balkan durch Maschinen ersetzt und die sozialen Probleme, die sich daraus ergeben sind dann die Sache des Kantons Graubünden. Dies hat 1992 bereits Peter Bodenmann festgestellt und kritisiert, dass die Gewerkschaften dort keine Rolle spielen wie bei der LONZA im Wallis. Für den bekannten Eigentümer der Fabrik, der immer betont wie gut er es mit uns Schweizern meint, tat so hätte man ihn enteignet.
        Mit dem EWR hatten wir übrigens einen Vertrag, wo der Bundesrat sehr stark die Immigration aus der EU regulieren konnte, um uns Einheimischen vor Konkurrenz zu schützen.

      • Rolf Zach sagt:

        Übrigens wollen wir hier in der Schweiz eine Kontingent-Wirtschaft, verbunden mit Saisonier-Statut nicht mehr, wie es die SVP verlangt. Oder soll der bekannte Physiker aus Spanien mit Saisonnier-Statut seine Professur an der ETH antreten?
        Man konnte noch in den 70er Jahren im Lehrbuch von Paul Samuelson dieses Schweizer Rezept nachlesen. Sein Kommentar dazu war nicht gerade freundlich.
        Wollen wir übrigens eine Kontingent-Wirtschaft mit Saisonnier-Statut, wie es bei den Öl-Staaten am Persischen Golf praktiziert wird. Mit keinerlei sozialer Absicherung gegenüber den Elenden aus Indien, Nepal und Bangladesch. Dafür bewundern wir Abendländer ihre Zurschaustellung von märchenhaftem Reichtum und ihren Islam der Güte und des Mitleids.

      • Rolf Zach sagt:

        Ihre gelehrten Imame sagen kein Sterbenswörtchen über die Behandlung dieser bedauernswerten ausländischen Arbeiter, obwohl es ein leichtes wäre, diesen Menschen mehr sozialen Schutz und bessere Löhne zukommen zu lassen. Man hat dafür die WM-Fußball-Meisterschaft, dafür muss man ja sparen, obwohl 90 % der Menschheit sie dort nicht wollen.
        Immerhin gab und gibt es bei uns Geistliche, die miserable soziale Zustände kritisieren. Dies ist im Islam unbekannt, wichtig ist die Form und nicht der Inhalt.

  • Nadine Binsberger sagt:

    Das ist einer der wenigen Themen, bei denen die Steinzeitmenschen unendlich moderner waren als wir heute meinen zu sein. Migration von einem Kontinent zum anderen war eine unhinterfragbare Selbstverständlichkeit. Es ist eine fast nicht zu überbietende Ironie, dass ausgerechnet wir uns als „liberale Gesellschaft“ bezeichnen.

    • Joe Amberg sagt:

      Was für ein kompletter Unfug… sind fremde Stämme aufeinandergetroffen, wurde es fast immer blutig. Falls sie sich überhaupt trafen, angesichts der winzigen Zahlen an Menschen. Fast jede Wanderbewegung war am Schluss ein Eroberungszug, in vielen Fällen wurden die besiegten Stämme vollständig ausgelöscht. Immer schade wenn man keine Ahnung von Geschichte hat…

    • Robert F. Reichmuth sagt:

      @Binsberger – Die CH im 21. Jahrhundert – eine liberale Gesellschaft? Ein Vergleich der 3 Biografien:
      .
      „Christoph W. Blocher“ (Jg. 40 Landesgrossvater)
      „Robert F. Reichmuth“ (Jg. 41 multilateraler Dissident)
      „Josef W. Lang“ (Jg. 54 Autor/Historiker)
      .
      gibt hinlänglich Aufschluss über den aktuellen Zustand der „Binsberger’schen Gesellschaft“.
      .
      NB. Die „Glut unter der Asche“ ist angefacht. Immer
      mehr „Bläser“ blasen in die Glut …

      • Baldin sagt:

        @ Binsberer: Vielleicht hat es damals in der Steinzeit eine Rolle gespielt, dass auf der ganzen Welt nur etwa 5 Mio Menschen unterwegs waren. Und glauben Sie ja nicht, dass diese sich nicht auch bekämpft haben. Fremde waren schon immer per se gefährlich – das hat ihnen auch das überleben gesichert!

    • Peter Aletsch sagt:

      „Migration von einem Kontinent zum anderen war eine unhinterfragbare Selbstverständlichkeit.“ Schöne Phantasie, ist aber sehr selten vorgekommen, sonst hätten sich die unterschiedlichen Menschentypen gar nicht herausgebildet. Populationen wandern nur unter Zwang, nicht zum Vergnügen. Es ist sehr gefährlich, es drohen Hunger und Konfrontation mit anderen Stämmen, obwohl einige Kontinente fast leer waren. In ganz Amerika zur Zeit der Migration über die Beringstrasse mögen einige Zehntausend gelebt haben, um 1600 einige weniger Millionen.

      • Peter Glarner sagt:

        „Populationen wandern nur unter Zwang, nicht zum Vergnügen“. Und Sie glauben, das sei heute anders? Woraus bestand denn der Zwang damals? Oder woraus bestand der Auswanderungsdruck Mitte des 19 Jh. z.B. im Kt Glarus? In erster Linie natürlich sind es Gründe des Überlebens (heute oft „wirtschaftliche“ Gründe genannt), die jemanden dazu veranlassen, seine gewohnte Umgebung zu verlassen und sich auf die gefährliche Reise (woe Sie selber bemerken) begeben.

  • Dr. Jorge Stein sagt:

    Hier einmal mehr blendet Jo Lang wichtige Fakten aus, die nicht in sein Weltbild passen:

    Sicher gab es Kreise, welche aus religiösen Gründen die Judenzuwanderung verhindern wollten. Dies war aber eine minimale Minderheit. Von Juden war ja kein Proselytismus zu befürchten. Sie missionierten nicht und lehnten Mischehen ab. Sie blieben unter sich und schadeten niemandem in Glaubensfragen.
    Ablehnung kam vielmehr von Gewerbetreibenden, vom Kleinhandel, der die tüchtige jüdische Konkurrenz fürchtete.
    In katholischen Gebieten entstand später eine judenkritische Resistenz, nicht aus religiösen Gründen, sondern, da sich in Osteuropa eine subversive anarchistische Intelligenzia gebildet hatte und nach Westen drängte. Vor diesem revolutionären, kommunistischen Gedankengut fürchtete man sich !

    • Markus Tschopp sagt:

      Das ist ein sehr interessanter Aspekt, welcher aber dem Autor möglicherweise gar nicht bekannt ist. Tatsächlich dürfte alles in erster Linie mit eigenen wirtschaftlichen Interessen zu tun haben. Die religiösen Begründungen kamen dann hinzu, wenn sie der Sache dienten! Dies zeigt sich sogar unter den Juden selber, welche bekanntlich in den USA als auch in Israel selber gegenüber den ärmeren Zuwanderern/Flüchtlingen nicht gerade ein offenes Herz hatten.

    • K.A. Barett sagt:

      @Jorge
      Sofern ich die Geschichte der Juden in Europa richtig verstehe, basierte der Ur-Antisemitismus schon auf religiösen Faktoren. Weil sich die Juden in der Diaspora als Minderheit ohne Akzeptanz durch die Mehrheit ihre Existenz sichern mussten, wurde ihre Überlebenskraft gestärkt. Sie entwickelten sich zu vernetzten Kämpfern, die von den Christen in Wirtschaftsbereiche abgedrängt wurden, die im Zeitalter des Handwerks wenig Geld und Reputation brachten: Geldverleih, Juristerei, Handel, Medizin.
      Diese Bereiche entwickelten sich über die Jahrhunderte zu Cashcows und zum Erfolg der Juden. Dieser führte zu Neid und der Rolle als Sündenböcke.
      In Polen gelang es den Juden, zwischen dem Adel und den ungebildeten, abhängigen Bauern als Textilindustrielle einen Mittelstand zu etablieren.

      • Dr. Jorge Stein sagt:

        Guter Kommentar ! Die Situation der Juden In Polen und Russland war recht komplex. Sicher gab es eine tüchtige Elite, die es in den Mittelstand und weiter nach ganz oben schaffte; auch an den Universitäten. Dies provozierte beim zurückgeblieben gemeinen Volk viel Neid .
        Gerne redet man heute von all den erfolgreichen Juden. Es gab aber auch arme, proletarische Massen, am Existenzminimum. Viele von ihnen wanderten aus nach den USA und wurden erfolgreiche Unternehmer und Banker; manche auch Gangsterbosse oder Hollywood Tykoone.
        Aus den Daheimgebliebenen rekrutierten sich schliesslich viele rote Revolutionäre. Als Zündstoff erschienen diese auch in Westeuropa.
        Polnischer Antisemitismus entstand auch, da der Landadel arme Juden bei den Bauern als brutale Steuereintreiber missbrauchte.

  • Isabelle Carson sagt:

    Danke für diesen Artikel, eine Goldgrube für aktuellen Geschichtsunterricht!

    • Roland Stuber sagt:

      Möchte mich dem Kommentar noch 100% anschliessen. Danke Herr Lang!
      Immer gut, sich wieder vor Augen zu führen WIE lange wir brauchten um konservative Ansichten endlich zu überwinden. Wir müssen uns sicher NICHT rühmen, mit Fortschritt vorwärts gemacht zu haben… lamaaschig!

  • Pjotr Müller sagt:

    Schön, dass wir heute innerhalb der Schweiz die Personenfreizügigkeit haben – theoretisch wenigstens. Denn an gewissen Orten spürt man auch heute noch, dass man nicht besonders willkommen ist.
    Wehe, ein Neuzuzüger wagt es, an der Gemeindeversammlung die etablierte Ordnung etwas in Frage zu stellen.
    Vielleicht braucht es bezüglich Europa einfach noch etwas Zeit, bis auch der letzte begreift, dass wir aus Europa nicht nur die Arbeitskräfte holen können und die Soziallasten, welche eine Familie mit sich bringt, dem Heimatland des Arbeitswilligen überlassen bleibt.
    Und natürlich passt es vielen nicht, dass man bei einem etwas rauheren wirtschaftlichen Lüftchen die willigen Kräfte nicht einfach zu 100’000den wieder heimschicken kann, wie dies in den 70er Jahren gemacht wurde.

    • Peter Aletsch sagt:

      Es ist natürlich ein Mythos, „dass wir die Arbeitskräfte brauchen und holen müssen“. Der Schweiz ging es relativ besser, als sie 3 Millionen oder 6 Millionen umfasste. Wir könnten theoretisch sämtlichen Industrien der Welt hierherholen mitsamt den nötigen Arbeitskräften, so dass die Schweiz auch das Sozialamt der ganzen Welt sein kann. Was bringt das ganze für den Durchschnittsschweizer? Es nützt nur den Firmeneigentümern.

      • Pjotr Müller sagt:

        Da mögen Sie recht haben. Nur sind wir an einem Punkt angelangt, wo es schwierig ist, wieder zurückzugehen. Weder die MEI noch die Kündigung der PFZ sind eine Lösung. Beide sehen keine Obergrenze für die Zuwanderung vor. Man würde also die neue Situation nur dazu missbrauchen, die Rechte der Arbeitnehmer und deren Löhne weiter unter Druck zu setzen.

  • Daniel Fässler sagt:

    Angst ist und war immer die treibende Kraft in der Schweiz. Wohl ein schweizerischer Wert.

    • Thomas R. sagt:

      absolut. angst schützt vor manchmal vor dumheit und üblen folgen. is übrigens nicht nur schweizerisch, sondern menschlich.

      • Kurt Schwob sagt:

        Das trifft wohl zu, Herr R. Ebenso trifft zu, dass Angst manchmal direkt in die Dummheit und zu üblen Folgen führt. Ergo: Angst allein ist ein schlechter Ratgeber, sie sollte auch reflektiert werden. Dann kann man unterscheiden, wo Angst ein Alarmsignal ist und wo ein Fehlalarm. Am einfachsten lässt sich das wohl so feststellen: Herrschen in der Argumentation differenzierende Elemente vor oder eher verallgemeinernde? Die zweite Gruppe ist ein Alarmsignal – gegen die Angst. Bezogen auf sehr viele Diskussionen in dieser Zeitung: Wer von „DEN Linken“ oder „DEN Rechten“ spricht, hat gleichermassen aufgehört zu differenzieren. Und jetzt lassen sich beliebig viele weitere Gruppennamen einsetzen, immer mit dem gleichen Resultat.

  • Thomas Helg sagt:

    Interessante Tatsachen die uns aufrütteln sollten bei der heutigen Betrachtung unserer Vergangenheit. Selbstverständlich handelte es sich bei all den Entscheidungen um „Kinder der damaligen Zeit“, und unsere heutige Betrachtung/Bewertung erfolgt aus einer völlig anderen Perspektive. Das Einzige was wir daraus lernen sollten, ist uns mit Entscheidungen für die Zukunft ernsthaft, vorausschauend fortentwickelnd und human und religionslos zu entscheiden im Bewusstsein, dass Zukunft immer Veränderung beinhaltet, ob wir wollen, fähig sind oder nicht. Wir haben als Lebensstrategie nur die Möglichkeit individuell angepasst nach vorne zu gehen, wenn wir ein erfülltes Leben leben wollen. Danke dem Autor für seine Arbeit.

  • Kurt Schwob sagt:

    @Moser: Das trifft zu, wenn Sie den Begriff „sich selbst ernähren“ sehr eng nehmen. Nahrungsmittel aus eigenem Boden kann die Schweiz tatsächlich nicht für die heutige Bevölkerung schaffen – das konnte sie aber schon viel früher nicht. Die Kolonisierung des heutigen Tessins und der heutigen Waadt durch die Innerschweizer bzw. die Berner ist ja gerade aus diesem Grund geschehen. Andrerseits: Wenn Sie den Begriff so eng fassen, dann müssen Sie auch auf Ihren Computer verzichten, und Sie müssen damit einverstanden sein, dass die Schweiz keinerlei Waren exportiert, keinen Käse, keine Schokolade, keine Uhren und Maschinen (Metalle haben wir ja auch nicht selbst), keine Medikamente. Das scheint mir schon ein arg rückwärts gerichtetes Weltbild zu sein.

    • Emil Eugster sagt:

      Vergebliche Mühe, Herr Schwob.
      Herr Moser hat ein Problem und hat bezüglich Argumenten dagegen die selben Eigenschaften wie Teflon.
      Sein Lieblingswort ist „repatriieren“.

    • Roland K. Moser sagt:

      Ernährung.
      Überbevölkerung.
      Sie können es nicht weglügen.

    • Roland K. Moser sagt:

      Im übrigen ist ihr Kommentar ehrverletzend, weil er mir unterstellt, ich sei rückwärts gerichtet, obwohl ich vorwärts gerichtet bin, und ein aktuelles Problem lösen will.

      • Kurt Schwob sagt:

        Schreiben nicht Sie an anderen Stellen von Menschen als „Müll“? Das müsste man wohl berücksichtigen, wenn man den Begriff „ehrverletzend“ verwendet.

      • Emil Eugster sagt:

        Ein besonders zartes Schneeflöckchen.

      • Stefan sagt:

        Vorwärts ins Mittelalter… nutzen Sie ihre Niederlassungsfreiheit und ziehen Sie auf den Ballenberg, Herr Moser.

  • Roland K. Moser sagt:

    2018 kann die Schweiz 5 Millionen Menschen selbst ernähren.

    • Thomas Hartl sagt:

      Ach Herr Moser, heute sterben die Leute hier weil sie zuviel fressen, nicht zu wenig. Zudem wird fast die Hälfte der Lebensmittel fortgeworfen, in der Lieferkette oder beim Konsumenten. Aber versuchen sie es mal mit der Drohung, dass die Bandbreite des Internet nicht für alle reicht. Da sind viele Zeitgenossen sehr empfindlich.

    • Rolf Bombach sagt:

      Aha, Märchenstunde des Bauernverbands, Thema Selbstversorgung.
      Und wieviel Viehfutter wird dafür importiert? Eine Million Tonnen? Und Düngemittel? 80’000 Tonnen?

    • Anton Paschke sagt:

      Ah, der Roland K. Moser! Der mir mal im NZZ Forum drohte mich zu erschiessen und dem ich dann Ratschläge erteilte, wie er mit seinem Sturmgewehr ins Flugzeug kommt. (Die nach Namibia fliegenden Grosswildjäger dürfen ja auch). Leider ist er dann nicht gekommen…

    • Peter Glarner sagt:

      Das nennt man dann wohl neudeutsch „alternative Fakten“

    • Ursula sagt:

      Wie meinen Sie das? …kann die Schweiz selbst ernähren…! Die Schweiz ernährt diese Menschen, ohne dass sie arbeiten? oder diese Menschen ernähren sich selbst? Meinen Sie mit „ernähren“ durch importierte Produkte (denn die Schweiz besitzt nicht so viel Eigenprodukte) oder durch finanzielle Sozialabgaben an die Menschen, die nicht arbeiten und von denen es immer mehr werden?

      • gabi sagt:

        Von der Hand in den Mund leben, ist jetzt auch nicht grad mein Idealbild einer Gesellschaft.

        Seltsam überhaupt, dass das Gespräch in diese Richtung abdriftet.

        Viel entscheidender ist doch die Frage:

        Nehmen wir egal wen im Club auf oder ist es uns wichtig, dass die Neumitglieder Sinn und Zweck des Clubs begreifen UND begrüssen, um zum Ganzen beitragen zu können?

        … Oder glauben wir ernsthaft, dass es sowohl unserem individuellen als auch einem höheren Wohl dient, wenn wir Clubmitglieder willkommen heissen, die den Club verachten und vielmehr erwarten, dass wir den von ihnen vorgegebenen Regeln folgen.

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