Als der «Rüden» für 135’000 Franken verkauft wurde

 

Zierde an der Limmat: Das «Haus zum Rüden» auf einer Postkarte von ca. 1950.
Foto: E. Furter (ETH-Bibliothek, Bildarchiv)

 

Für die Landesausstellung 1939 putzte sich Zürich heraus. Nationalsozialisten und Faschisten, die aggressiven totalitären Nachbarn im Norden und Süden, veranlassten in Helvetien einen Abwehrreflex. Dazu gehörte der Rückgriff auf die eigene Geschichte, auch der wehrhaften Geschichte. 1935 hatten die in Zürich tonangebenden Sozialdemokraten um Stadtpräsident Emil Klöti angesichts der drohenden Gefahren gesamtschweizerisch Ja gesagt zur Landesverteidigung.

Das politische Klima der Zeit bedeutete, dass 1937 ein Denkmal aufgestellt werden konnte wie dasjenige von Hermann Haller für Zürichs Bürgermeister Hans Waldmann. Das Zunftwesen kam zu neuem Ansehen. An der Brunschen Revolution von 1336 wurden die demokratischen Züge besonders betont. Es war eine Vergangenheit, zu der man stehen, eine Geschichte, an der man sich orientieren wollte.

In diesem geistigen Klima wurde es auch möglich, dass die sozialdemokratisch regierte Stadt den «Rüden» am Limmatquai 42 an die Gesellschaft zur Constaffel verkaufte. Das markante Gebäude war 1868 von der Eigentümerin, der Adligen Gesellschaft, an die Stadt veräussert worden.

Herausgeputzt für die Landi

Die Gesellschaft zur Constaffel feierte danach ihre Sechseläuten quasi im Exil. In der Constaffel bestand seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert eine Tendenz «zurück in den Rüden». Dazu bedurfte es aber zweier Voraussetzungen aufseiten der Stadt. Die eine Voraussetzung war erfüllt, als sich mit dem Bau des städtischen Amtshauses V die Raumnot verringerte. Die zweite Voraussetzung war die Verbindung des politischen Willens, die Stadt für die Landi schön zu machen – mit der Einsicht in die begrenzten eigenen Ressourcen.

Verkaufte man das alte Haus, war die Renovation die Sache der Erwerberin. So erstand die eigens zu diesem Zweck gegründete, der Constaffel nahestehende Genossenschaft «Zum Rüden» am 19. Oktober 1936 das Haus von der Stadt Zürich. Der Verkaufspreis betrug 135’000 Franken. 500’000 Franken hatte die Genossenschaft, nach Abzug aller Subventionen, für Renovation und Möblierung zu tragen, und zwar so, dass man auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Landesausstellung fertig wurde.

Die 1939 durchgeführte Ausstellung hätte zunächst mehrere Jahre, dann ein Jahr vorher stattfinden sollen, und wurde wiederholt verschoben – ganz ähnlich der 2002 im Dreiseenland durchgeführten Expo.02, welche ursprünglich die Expo.01 hätte werden sollen.

Eine Zierde Zürichs

Was wir heute am Limmatquai 42 sehen, ist in der Substanz das Haus, wie es unter der Leitung von Architekt André Ammann 1936 und 1937 realisiert worden ist, mit starker Betonung der grossen Geschichte eines Bauwerks, dessen älteste Teile in die Epoche von Bürgermeister Rudolf Brun zurückreichen. Das «Haus zum Rüden» spiegelt gleichzeitig das Geschichtsverständnis der Schweiz, die sich auf ihre eigenen Werte besinnt, Ende der Dreissigerjahre des vergangenen Jahrhunderts.

Am 2. Oktober 1937, also vor fast auf den Tag genau 80 Jahren, bezog die Constaffel ihr altes und neues Heim. Seither ist sie redlich bemüht, dieses als das zu erhalten, was es war, ist und – hoffentlich – bleibt: eine Zierde Zürichs.

2 Kommentare zu «Als der «Rüden» für 135’000 Franken verkauft wurde»

  • Oliver Brunner sagt:

    Ja, wenn Gefahr droht, sind die Sozis fürs Militär. Wenn man es abgeschafft hat, wird dies aber nächstes Mal schwieriger.

  • Hans Iseli sagt:

    1936 sagten die Sozis zum ersten Mal JA zur Landesverteidigung. Haben sich also sehr viel Zeit gelassen, die natürlich für eine richtige Aufrüstung nicht reichte.
    Heute klagen ihre Historiker die Schweiz der Untätigkeit, ja der Unterstützung der Nazis an und diffamieren die damalige Gesellschaft als Anpasser.
    Und heute sagen sie NEIN zur Landesverteidigung.
    Seltsamer Verein.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.