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Fussballfreie Zone

Die WM beherrscht Bern. Nur: Was tun, wenn einen Match-gucken zu Tode langweilt? Der Haupstädter hat sich nach Tipps und Tricks im Internet umgesehen.

Nichts gegen Fussball. Fussball ist sicher ein netter Sport, an dem viele Menschen Freude haben. Nur: Eigentlich lässt sich dasselbe auch über Rollhockey sagen. Oder Curling. Sportarten, die man im Alltag getrost ignorieren kann. Doch am Fussball, am Fussball kommt man derzeit kaum vorbei. Nur was wenn einen die WM nicht die Bohne interessiert?

Hilfe liefert – natürlich – das Internet, für solche wichtigen Fragen ist es schliesslich geschaffen worden. Und wie so häufig bleibt man erst mal auf Seiten stecken, die mit der Ursprungsfrage wenig zu tun haben. Jesus.ch beispielsweise widmet sich der wichtigen Frage, ob Gott sich ins WM-Geschehen einmische. Fazit: «Gott dürfte das Resultat eines sportlichen Wettkampfs relativ egal sein», aber beten könne nicht schaden.

Aber zurück zum Thema. Die Kollegen von «20 Minuten» versprechen mit ihrem Ratgeber der WM-abstinenten Leserschaft eine Verwandlung in den «Forrest Gump des Fussballs»: Immer noch unwissend, dafür von allen gemocht. Viel Bier trinken ist hier der Rat, Sprüche im Freundeskreis klauen und nie, aber wirklich nie, über Abseitssituationen reden. Lässt sich alles machen, spannender macht das die Fussballgeschichte leider immer noch nicht.

Watson-News dagegen schwingt fussballtechnisch die Geschlechterkeule. Aber so richtig: Bei den zehn Gründen, weshalb fussballuninteressierte Frauen sich an der WM erfreuen können, rangiert etwa die Möglichkeit, die Nägel in den Landesfarben zu lackieren, weit oben. Ausserdem liesse sich darauf hoffen, dass «er» – wir nehmen mal an, dass es sich um den Göttergatten handelt – neben Bier auch mal «ein Mädchenbier oder ein Prosecco in der Dose» mitbringe. Weitere Tipps: «Endlich» einmal den Wäscheberg liegen lassen, «endlich» mal vegetarisch kochen, und im Kino könne man «Mädchen-Filme» schauen gehen, weil ja keiner den tränenverschmierten Mascara sehe. Endlich!

Im unüberschaubaren Feld der deutschen Produktionen wird die Recherche schon etwas ergiebiger, die vorgeschlagenen Alternativen aber leider weniger brauchbar. Da lässt sich beispielsweise eine lange Liste fussballabstinenter Bars finden, dummerweise gilt die für Berlin. Die gute alte «Zeit» hat gar online eine «fussballfreie Zone»-Community eingerichtet, allerdings klingt die Beteiligung an derselben in etwa so spannend wie, naja, neunzig Minuten lang Fussball schauen. Weitere Seiten raten zum Kino-Besuch (im Hochsommer?), zur Ikea-Shopping-Tour, und, immerhin einigermassen konstruktiv, zur Flucht aus der Stadt.

Letztlich bleiben einzig die weisen Worte Reinhold Messners. Aus ungeklärten Gründen ist der Bergsteiger von einer Südtiroler Zeitung höchst ausgiebig zu seinen WM-Empfindungen befragt worden. Und sagt stoisch auf die Frage, wie er denn mit der WM-Hysterie umgehe: «WM? Ich lebe mein Leben weiter.»

Gianna Blum

Gianna Blum hat 2006 das Land- gegen das Stadtleben eingetauscht und sucht immer noch nach dem Unterschied. Für Hinweise ist sie dankbar.


Publiziert am 23. Juni 2014

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