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Richtig hupen gehen

Starten Sie schon mal Ihren Wagen – jetzt freuen wir uns.

Seien Sie doch nicht immer so ein alter Griesgram. Nun freuen Sie sich doch einmal. Natürlich gibt es verschiedene Formen, Ihr Glück auszudrücken. Die edelste davon ist zweifelsohne, in Ihr Auto zu steigen, um in der Stadt etwas hupen zu gehen. Zum Beispiel bei lebensverändernden Ereignissen wie einer Hochzeit oder einem Sieg der Schweiz über Ecuador. Bei letzterem hupen Sie zwar eben so fest wie bei der erfolgten Eheschliessung, anstatt Reis zu werfen, schwenken Sie jedoch Fahnen. Die Kleidung kann auch leicht variieren, es sei denn, Sie lieben Fussball wirklich sehr fest.

Nun da Sie wissen, wie Sie Ihre Freude am stilvollsten kanalisieren können, wird es Zeit für die grossen Emotionen. Aber nicht so schnell: Bevor Sie sich den Freudenfahrten anschliessen, sollten Sie zuerst ein paar Trockenübungen durchführen. Parken Sie Ihr Auto nach Feierabend in Ihrer Garage. Nach ein paar Übungen zur Lockerung des Handgelenkes, sollten Sie testen, wie oft Sie Ihre Hupe betätigen können, ohne vor Erschöpfung auf dem Lenkrad zusammenzubrechen.

Da Sie nun Ihrem Glück so nahe stehen, hier noch eine alte Weisheit: Das Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt. Also schauen Sie, dass Sie möglichst viele Personen in Ihrem Wagen verstauen können. Machen Sie Ihren Kleinwagen zum Grossraumtaxi der Euphorie. Nachdem es sich nun Ihre Verwandten, Bekannten und engsten Freunde auf der Rückbank bequem gemacht haben, kann es losgehen. Aber halt, haben Sie nicht etwas vergessen? Natürlich, die Fahnen. Die kleine Version für den Rückspiegel wirkt kultivierter, als die leintuchgrosse Flagge, die sonst auf Ihrem Balkon flattert. Aber grosse Gefühle fordern eben grossflächige Fahnen.

Nun stellt sich die Frage, wohin Sie eigentlich fahren sollen, um zu hupen. Streichen Sie Land- und Passstrassen von Ihrem Routenplaner. Fahren Sie dorthin, wo sich Menschen tummeln. Sie wissen schon, Ihr Glück teilen. Lassen Sie sich ja nicht vom Gedanken bremsen, dass Hupen ein Geräusch erzeugt, dass durch mehrmaliges Wiederholen allmählich etwas penetrant wirken könnte. So empfinden nur Lebensmüde und Vaterlandsverräter. Wenn Sie für diese dennoch etwas Solidarität empfinden, dann wechseln Sie doch einfach zur Lichthupe.

Martin Erdmann

Martin Erdmann


Publiziert am 20. Juni 2014

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