
Demo-Knigge für die Bürgerlichen
Den vier Präsidenten der bürgerlichen Parteien blüht eine Anzeige wegen einer unbewilligten Kundgebung auf dem Bundesplatz. Kein Wunder: Sie haben sich ja auch nicht an den Demo-Knigge gehalten.
Für den Gripen wollten sie abheben, nun droht den bürgerlichen Parteichefs Toni Brunner (SVP), Philipp Müller (FDP), Martin Landolt (BDP) und Christophe Darbellay (CVP) eine Anzeige. Grund: Die Pro-Gripen-Aktion mit Hebebühne auf dem Bundesplatz fand nicht nur ohne Bewilligung statt, politische Aktionen auf dem Bundesplatz sind während der Session ohnehin nicht erlaubt.
Die Parteichefs reagierten ob der gedrohten Anzeige konsterniert, Darbellay zeigte sich gar beleidigt, und twitterte tags darauf, sie seien doch viel «netter als der Schwarzblock». Tatsächlich sind Anzeigen wegen unbewilligten Kundgebungen traditionellerweise eine Angelegenheit der Linken bis sehr Linken. Politische Differenzen hin oder her, es wäre doch für die Bürgerlichen naheliegend gewesen, von diesen langjährigen Erfahrungen zu profitieren.
Der Schweizer «Schwarzblock» ist mit solchen Informationen wenig freigiebig, fündig wird man jedoch bei den deutschen Nachbarn: Auf der deutschen Antifa-Seite Demoplaner.de findet sich nämlich ein Demo-Knigge, den die Herren Darbellay, Brunner, Landolt und Müller für weitere unbewilligte Kundgebungen wohl zu Rate ziehen sollten.
Aus Niederlagen lernt man, schauen wir uns also an, was bei der Pro-Gripen-Aktion so alles falsch gemacht wurde:
Vorbereitung:
– «No Drugs»: Hier liegen keine Informationen vor. Hoffen wir, dass sich die Herren zurückgehalten haben.
– «Gegen die Eitelkeit»: Hier rät der Demo-Knigge zu praktischer, unauffälliger Kleidung, schliesslich müsse man schnell und beweglich sein. Die vier Bürgerlichen sind alle im Anzug erschienen. Anfänger.
– «Keine Stöckelschuhe, kein Fahrrad, kein Bollerwagen»: Oh je. Auch hier hat sich der bürgerliche Block dilettantisch verhalten: Die FDP ist gar mit einer Hebebühne aufgefahren. Zum Glück sind sie nicht eingekesselt worden.
Auf der Demo:
– «Menschenketten»: Laut Demo-Knigge kann es nie schaden, sich unterzuhaken, das biete Schutz, sollten «Ordnungshüter, Zivile oder andere Wildgewordene» sich einmischen wollen. Mit Händchen halten haben es die Parteichefs nicht so, sie scheinen aber dicht gedrängt auf ihrer Hebebühne zu stehen. Soll gelten.
– «Bei Übergriffen»: Man solle sich «langsam und geschlossen» zurückziehen, heisst es da. Die Pro-Gripen-Aktion ist nach vorliegenden Informationen ohne Ausschreitungen über die Bühne gegangen, sicher aber ein guter Rat für die Zukunft.
– «Bei Verletzungen»: Dank friedlicher Kundgebung gab es unseres Wissens keine Verletzten. Zum Glück, Demo-Sanitäter wurden nämlich auch nicht organisiert.
Nach der Demo
-«Nicht alleine nach Hause gehen»: Laut Demo-Knigge versucht die Polizei oft, im Nachgang einer Demo einzelne festzunehmen. Über den Nachhauseweg der Herren Brunner, Landolt, Müller und Darbellay ist nichts bekannt, nach vorliegenden Informationen werden aber alle vier angezeigt. Dem Solidaritätsgedanken ist also gewahrt geworden.
Bilanz
Trotz teilweise dramatischen Anfängerfehlern hat der Bürgerblock nicht alles falsch gemacht. Mit ein bisschen Übung wird die nächste unbewilligte bürgerliche Kundgebung also gekonnter über die Bühne gehen. Und falls nicht: Im Demo-Knigge finden sich viele weitere nützliche Tipps zum Thema Festnahmen und Treffen mit dem Richter.
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