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  • Sportbegeisterte, wenn auch nicht so sportlich, dass sie den Berg hochfahren würden.

  • Sonntagsidylle auf dem Gurten.

  • Das wär jetzt also der VIP-Bereich. Wie langweilig.

  • Sowas aber auch: Das Ende der Stadt.

  • Auf ins Paradies der faulen Wanderer.

Rausgehen (3): Im Paradies der faulen Wanderer

Sie finden die Natur ganz toll, bevorzugen sie aber in kleinen Dosen? Zeit, mal wieder auf den Hausberg zu gehen.

Der Gurten, so die Erkenntnis auf dem Weg nach Wabern, existiert auch ausserhalb des Gurtenfestivals. Ob der medialen Fixation auf den jährlichen Konzertreigen geht für unsereins durchaus mal vergessen, dass die restlichen 361 Tage im Jahr der Hausberg ein eigentlich ganz nettes Ausflugsziel ist – wenn man keine Lust auf die ganzen Anstrengungen einer echten Wanderung hat, aber sich bequem ein bisschen Natur-mit-Aussicht zu Gemüte führen will. Und er ist beliebt, dieser Hausberg. Schon im Tram fällt eine Dame auf, die nicht nur mit Wanderschuhen, sondern auch mit High-Tech-Spazierstöcken ausgerüstet ist, und die dann tatsächlich auch später auf dem Berg wieder gesichtet wird.

Die Schlange vor der Gurten-Bahn würde einem durchschnittlichen Festival-Donnerstag gerecht werden; es ist doch tatsächlich Anstehen angesagt. Offensichtlich gehört der Hausberg diesen Sonntag den Radbegeisterten. Die Schlange besteht grösstenteils aus sportlich aussehenden Menschen, die noch sportlicher aussehende Fahrräder schieben – wenn auch wohl nicht so sportlich, dass sie damit hochfahren würden.

Oben angekommen ist bald klar, was die Sportbegeisterten da tun: Auf dem Downhill-Trail geht es in halsbrecherischem Tempo quer durch den Wald bergab. Sie zu beobachten lässt erstmals nachvollziehen, warum manche Menschen so gerne Formel 1 gucken – insgeheim wartet man mit schlechtem Gewissen darauf, dass ein spektakulärer Unfall passiert. Auf der Gurten-Wiese dagegen herrscht die sonntägliche Idylle von grillenden Familien, kleinen Kindern und spazierenden älteren Ehepärchen.

Ein Kiesquadrat deutet auf den Platz hin, wo im Juli die Hauptbühne aufgebaut werden wird, eine kleine Runde dahinter zu drehen lässt das erhoffte «Ich bin im VIP-Bereich»-Gefühl allerdings wenig überraschend nicht aufkommen. Ansonsten ist der Hausberg im Vergleich zu Festivalzeiten kaum wiederzuerkennen. Wo verstecken die Festivalmacher nur jeweils die ganzen Grillstellen, Sitzbänklein und Mini-Bäumchen?

Am Ende des Geländes – dort, wo für die Gurtenbegeisterten einmal im Jahr die Sleeping Zone zu finden ist – ist dann auch das Ende der Stadt ersichtlich: Grüne Hügel, soweit das Auge reicht. Wenn man hier die Augen zukneift, das penetrante Getute des Kinderzuges, sowie etwaiges Schmerzgeheul verletzter Biker ausblendet, ja, dann fühlt sich das doch nach ziemlich viel Natur an.

Gianna Blum

Gianna Blum hat 2006 das Land- gegen das Stadtleben eingetauscht und sucht immer noch nach dem Unterschied. Für Hinweise ist sie dankbar.


Publiziert am 14. April 2014

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