
Herbstliche Weihnachten
Es geht nicht mehr lange und Berns Schaufenster präsentieren sich wieder in weihnachtlicher Dekoration. Erste Vorboten sind in der Altstadt bereits auszumachen.
Es gibt Leute, die würden Weihnachten am liebsten verbieten lassen. Jene wünschen sich wohl, für die nächsten zwei Monate ins England des 17. Jahrhunderts zurückversetzt zu werden. Dort wurde Weihnachten kurzerhand von 1647 bis 1660 abgeschafft. Denn die Puritaner, die in dieser Zeit das Land leiteten, waren nicht davon überzeugt, dass Jesus tatsächlich am 25. Dezember geboren wurden. Und fast wichtiger: Weihnachten erfüllte nicht die moralischen Standards der Puristen. Sie störten sich daran, dass viele das Fest dazu nutzen würden, um zu viel zu essen, sich zu betrinken und Unzucht zu treiben.
Ein schönes Beispiel von einem weihnachtlichen Unzuchttreiber gibt Fussball-Urgestein Franz Beckenbauer ab. 1999 zelebrierte der Kaiser das Fest der Liebe so richtig und schwängerte an der Weihnachtsfeier des FC Bayern eine Angestellte der Fanartikelabteilung. Auch im darauf folgenden Jahr machte Beckenbauer in der Weihnachtszeit von sich reden. Denn dann stellte er, in einer Werbung für einen deutschen Mobilfunkanbieter, jene Frage aus, die wohl in den kommenden Tagen vielen bei einem Spaziergang durch die Altstadt durch den Kopf geistern wird: «Ja ist denn heut schon Weihnachten?»
Noch sind die meisten Berner Schaufenster feiertagsneutral eingerichtet. Vereinzelt gibt es bereits ein paar Lichterketten zu sehen. Nur die Grossverteiler haben die Weihnachtsoffensive bereits eröffnet. Kinderspielzeuge und Plastiktannen gibt es von der Strasse aus zu sehen, Weihnachtskonfekt und Adventskalender sind im Sortiment auszumachen. Wer diesen Reizen erliegt und sich bereits Ende Oktober an die Weihnachtseinkäufe macht, muss entweder ein leidenschaftlicher Schenker oder ganz einfach ein Weihnachtsfanatiker sein.
Apropos Weihnachtsfanatiker: Ein solcher scheint Stadtpräsident Tschäppät nicht zu sein, fällte doch das Lichtspektakel «Rendezvos Bundesplatz» die grosse Weihnachtstanne: «Einen Tannenbaum zu ersetzen, der ausser dazustehen nicht viel tut, lässt sich in einer Zeit, in der sich alles verändert, durchaus vertreten», sagte er gegenüber dem «Bund». Doch jene, die im Lichtspektakel weihnachtlichen Glanz entdecken können, wird diese Entscheidung kaum stören. Denn für sie beginnen die Festtage bereits in zehn Tagen – und dauern gleich wie für die Grossverteiler geschlagene zwei Monate.
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