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  • Dieser Warenkorb hat Girods Einkäufe besiegt.

  • Wenn einkaufen zur ethischen Gratwanderung wird.

  • Wer Ursus und Nadeschkin schon immer einmal schlagen wollte, hat hier die Gelegenheit dazu.

  • Fotobeweis: Es gibt Menschen, die schlechter einkaufen als Erdmann.

Die Nachahmung der Nachhaltigen

Noch bis am 28. Oktober ist auf der Grossen Schanze der nachhaltige Supermarkt «Clever» zu Gast. In der Wanderausstellung lässt sich ganz gut überprüfen, wie nachhaltige Einkäufe aussehen – und wie die Prominenz so einkauft.

Wir leben in schweren Zeiten. Selbst beim Einkaufen laufen wir Gefahr, den Planeten nachhaltig zu ruinieren. Daher will der nachhaltige Supermarkt «Clever» die Kundschaft für bewusst nachhaltiges Einkaufen sensibilisieren. Damit das ganze nicht zu sehr nach Moralpredigt klingt, hat sich die Wanderausstellung ein paar Promis geangelt, die in ihm möglichst nachhaltig einkaufen. Die fiktiven Einkäufe werden nach ökologischen und ethischen Kriterien bewertet, das Resultat in einem Smartspider-Profil festgehalten. Nun liegt es an der Kundschaft, die Promi-Einkäufe in Sachen Nachhaltigkeit zu überbieten. Wir haben die Herausforderung angenommen.

Girod vs. Sartorius

Es ist ein lang erwartetes Duell, das sich im Clever-Supermarkt auf der Grossen Schanze abspielt. Denn seit Bastien Girod die Star-Parade der Politprominenz am Fusse des Gurten anführte, ist er der grüne Politiker unserer Herzen – trotz schweren musikalischen Differenzen.

Die Herausforderung scheint schwer machbar für einen Kaum-Velofahrer und Nicht-Prominenten, muss ich doch einkaufen für eine ausgedehnte Velotour, die der Buchautor von «Green Change – Strategien zur Glücksmaximierung» und einige Freunde einst in Holland unternahmen. Zutaten für ein Nachtessen über dem Feuer, ein Morgenessen und Proviant für einen Tag für 3 Personen, sowie Toilettenartikel, drei T-Shirts, alles für nicht mehr als 140 Franken, das ist die Aufgabe. Und im Hinterkopf ist natürlich auch das Raster, das aus den Kriterien Klima, Verschmutzung, Lebensgrundlage, soziale Verantwortung, Biodiversität und Ressourcenverbrauch ein Spinnennetz zeichnet.

Im Warenkorb landet eine reichlich freudlose Mischung, die wohl zur Kraft-, aber kaum zur Glücksmaximierung beitragen dürfte: Hörnli, Emmentaler und eine Büchse Apfelmus sowie Bio-Rüebli und Tomaten plane ich für die drei Menschen für die Mahlzeit über dem Feuer ein, dazu einen Kanten Brot. Auch das trockene Hochlandrindfleisch können die hungrigen Sportiven bereits anschneiden, so sie denn möchten. Weiter im Korb: Äpfel, die eingeforderten Toilettenartikel (WC-Papier und Seife), drei Einheiten Hahnenwasser, Honig, Milch, Butter – alles einigermassen fair, wenn auch überaus tierisch – und zwei modische und teure Switcher-Shirts sowie aus Budgetgründen ein weniger fair hergestellter Modeartikel. Für ein allenfalls Clenbuterol-verseuchtes Rindsfilet, das ich den Velofahrern aus dopingverschleiertechnischen Gründen mit auf den Weg hätte geben wollen, reicht das Budget sowie das recht spartanische Supermarktangebot leider nicht aus.

Der Thrill schliesslich bei der Kasse: Das Budget scheint zu passen, die Rüebli-des-Grauens, die Einkäufer Erdmann in seinen Korb geladen hat (s.u.), sind bei mir gottseidank nicht vorhanden wie auch sonst nicht viel zu bemängeln ist. «Konntest Du Bastien Girod schlagen?», fragt der Computer und unsereiner sieht: Ja, ein Triumph in allen Kategorien. Aber U2-Hörer Girod scheint auch nicht so schwierig zu knacken sein wie die Gegnerin, die sich Kollege Erdmann ausgeguckt hat.

Niggli-Luder vs. Erdmann

Bisher wurde sie im Einkaufsduell noch nie bezwungen: Orientierungslauf-Weltmeisterin und Überöko Simone Niggli-Luder scheint auch mit dem Einkaufskorb immer den richtigen Weg zu finden. Dennoch stellte sich der Hauptstädter-Blogger und mässige Gutmensch Erdmann dem Nachhaltigkeits-Wettkampf.

Das fiktive Szenario: Niggli und ihren Freunden sind auf einer Bergwanderung die Rucksäcke abhandengekommen. Im Dorfladen muss nun ein Abendessen und Verpflegung für den nächsten Tag für vier Personen, sowie eine Glühbirne für die Alphütte, in der übernachtet werden soll, und einen sofortigen Ersatz für das verlorene Handy (was würde Herr Blocher dazu sagen?) gekauft werden. Budget: 140 Franken. Das entspricht übrigens 9523,8 Gramm Prix Garantie Salami.

Der Warenkorb füllte sich mit eigentlich harmlos wirkenden Produkten wie Spaghetti, Kaffeepulver oder Apfelsaft. Doch beim Scannen zeigten die Artikel ihr wahres Gesicht. Klar, die Glühbirne (natürlich LED) und das Handy (Sony Ericsson) schmälerten die Ökobilanz. Doch es waren die etwas ominösen Karotten, welche die Einkäufe in ein ökologisches Fiasko verwandelten. Wie und wo diese auch hergestellt worden sind, auf die Gesamtauswertung hatten sie in etwa die Wirkung eines Blutdiamanten. Die Bilanz konnte auch nicht mehr durch Fairtrade-Schokolade oder Biobrot gerettet werden.

Niggli wurde also nicht geschlagen. Doch wie klar Erdmanns Niederlage ausfiel, lässt sich leider nicht genau sagen. Denn anstatt sich das Resultat ausdrucken zu lassen, entschied er sich für die umweltbewusstere Variante und liess es sich per Mail zuschicken. Dieses kam jedoch nie an. Das Einzige, was per Fotobeweis belegt werden kann: Erdmann führt die Tabelle von Nigglis Herausforderer im Oktober überraschend an. Diese Rangliste freut ihn natürlich, Mutter Erde dürfte sie aber zu denken geben.

Benedikt Sartorius

Benedikt Sartorius lebt seit dem Transfer aus dem Oberland in Bern und hat seit einiger Zeit Frieden mit der Stadt geschlossen. Eine gewisse Neigung zum Sandstein- und Laubenallergiker ist aber immer noch spürbar.


Publiziert am 12. Oktober 2012

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