schliessen
  • Berns Pendlerparadies Schönburg.

  • Grelles Neonlicht in der Nacht

  • Kunst am Bau an der Betondecke.

  • Kein Mensch, nirgends: Die Unterführung.

  • Umfassendes Verpflegungsangebot.

  • Früher war besser: Das geschlossene Bistro Number 1.

  • Warten auf den Bus.

Berns Pendlerparadies

Bus- und Tram-Haltestellen sind in der Stadt Bern meist enge Angelegenheiten. Eine Ausnahme ist die ausgedehnte Betonwüste Schönburg, wo man Stunden verbringen könnte – wenn man denn möchte.

Autofahrende geniessen in der Stadt Bern Kathedralen der Baukunst wie den Neufeldtunnel oder den doppelstöckigen Wankdorfkreisel. Die ÖV-Benutzerschaft muss da schon froh sein um halbtrockene Varianten wie den Baldachin am Bahnhof oder die doch eher eng konzipierten Haltestellen-Standardvarianten, die mit einer Bank und einem halben Dach ausgestattet sind.

Eine Oase der Trockenheit ist da die Haltestelle Schönburg, zumindest, wenn man mit dem 10er-Bus stadteinwärts fährt. Ausladend gestaltet sich der Betondachbau, der den ganzen Pendler-Mikrokosmos quasi «in a nutshell» zusammenfasst. Denn hier gibts Boxen der Gratis- und die aussterbenden Automaten der Sonntagszeitungen, viele Aschenbecher, eine abgerockte Warte-Bank, einen tollen Kiosk, eine Unterführung, die niemand braucht, grelles Neonlicht, und für die Randzeiten: eine grosszügige Selecta-Automaten-Combo für die Randzeiten, die neben dem allseits beliebten Snack Bifi Carazza XXL («Die Mini-Pizza im Maxi-Format» mit «herzhafter Salami» und «leckerem Käse») auch den ebenso beliebten Bifi Ranger («Der Snack für echte Grossstadt-Cowboys») enthalten.

Wem dieses Rundum-Trash-Catering dann doch zu einfältig war, der konnte bis vor kurzem ins angebaute Bistro Number 1 zügeln – Berns mutmasslich erste Beiz mit dem Appenzeller-Bier-Logo. Doch seit dem Jahreswechsel ist diese bauliche Gastro-Kuriosität geschlossen: «Zu vermieten» verkündet die Schiefermenütafel vor dem eingequetschten Lokal so traurig, dass man beinahe gewillt ist, die hingekritzelte Telefonnummer zu wählen. Denn es könnte schon sein, dass sich hier, direkt neben Berns unbesungenem Pendlerparadies eine Goldgrube versteckt – sobald die neue Tramlinie gebaut und der Post-Bau in den Boden gestampft ist.

Benedikt Sartorius

Benedikt Sartorius lebt seit dem Transfer aus dem Oberland in Bern und hat seit einiger Zeit Frieden mit der Stadt geschlossen. Eine gewisse Neigung zum Sandstein- und Laubenallergiker ist aber immer noch spürbar.


Publiziert am 10. Januar 2014

Schlagworte

2 Kommentare

Alle Kommentare zeigen

Verbleibende Anzahl Zeichen:

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.