
Harte Duelle gegen Kinder Pt.2
An der Spielzeug-Messe hört für den «Hauptstädter» der Spass auf. Redaktor Erdmann hat ein weiteres Mal zehn Kinder zu zehn verschiedenen Spielen herausgefordert.
Auf den Tag genau vor einem Jahr ist das Leben von «Hauptstädter»-Blogger Erdmann aus den Fugen geraten. Was damals geschah, bereitet ihm noch heute triste Tage und schlaflose Nächte. Immer wieder stellt er sich die Frage, wie das nur passieren konnte.Wie konnte er nur von ein paar Halbwüchsigen im grossen Spiel-Duell an der Spielzeugmesse bezwungen werden? Damals raubten sie ihm bloss seinen Stolz. Aber was werden sich die Kinder als nächstes holen? Gegen diese schreckliche Ahnung hilft nur eines: Vergeltung.
Am Jahrestag der Blamage kehrt Erdmann nun an den Ort der Schande zurück. Mit gesenktem Blick schleicht er ums Stade de Suisse und schlägt den Weg zur Messehalle ein. Nur ab und zu schaut er kurz zu den Kindern hinüber, die an den Händen ihrer Eltern auf das Expogelände geführt werden. Die Erziehungsberechtigten können nicht ahnen, was für kaltherzige Monster sie da in die Arena geleiten. Erdmann ist sich fast sicher, dass ihm ein paar Kinder spöttische Blicke zugeworfen haben. So, als wüssten sie über sein Vorhaben Bescheid und hätten dafür nichts als Hohn übrig.
1. Runde
Kategorie: Jonglieren
Gegner: David, 11 Jahre
David weiss zwar nicht so genau wie man jongliert, stellt sich aber der Herausforderung. Was David auch nicht weiss: Erdmann weiss sehr genau wie man jongliert. Unwissen hat sich noch nie bezahlt gemacht. David geht gnadenlos unter. Mit Genugtuung schaut Erdmann zu, wie David an zwei Bällen scheitert, während er es zirkusreif mit drei aufnehmen kann. Traumstart!
Erdmann : Kinder 1:0
2. Runde
Kategorie: Schlagzeug-Solo
Gegner: Julia, 8 Jahre
Wenn Julia ein Instrument spielen würde, dann wäre es das Schlagzeug. Sie findet es noch lustig, ein wenig zu trommeln. Im Drummer-Duell gegen Erdmann hört dann aber der Spass auf. Wer spielt das bessere Solo? Der Standbetreuer und Julias Eltern stellen die Jury. Julia fängt an und lässt bereits im ersten Takt den linken Stock fallen. Erdmann stellt sicher, dass das von der Jury bemerkt wird. Der Rest von Julias Darbietung könnte man am ehesten mit einem sehr arhythmischen Basler Fasnachtsumzug vergleichen. Dann muss Erdmann sein Können unter Beweis stellen und legt eine Nummer hin, die für den gemeinen Musikhörer vielleicht etwas zu avantgardistisch klingen mag. Die Jury entscheidet sich dann auch gegen Erdmanns musikalischen Mut zur Revolution und schenkt Julia und der Banalität den Sieg.
Erdmann : Kinder 1:1
3. Runde
Kategorie: Schatzsuche
Gegner: Leon, 10 Jahre
In einem Sandkasten liegen Schätze verbuddelt. Wer zuerst einen findet, punktet. Leons Hose ist schon vor Spielstart voller Sand. Das hätte Erdmann auffallen müssen. Denn im Nachhinein hat er das Gefühl, dass Leon ein Falschspieler ist. Denn kaum startet die Suche, hat Leon den Schatz schon aus dem Sand gefischt. Gerade so, als hätte er lange zuvor gewusst, dass er dort verborgen liegt. Aber vielleicht ist Erdmann auch einfach ein schlechter Verlierer.
Erdmann : Kinder 1:2
4. Runde
Kategorie: Etwas aus Holz bauen
Gegner: Anna, 7 Jahre
Nach zwei Niederlagen in Folge hat Erdmann miese Laune. Und jetzt soll er ausgerechnet auch noch etwas aus Holz bauen. Holz – das Material, mit dem eigentlich nur reformhausernährte Kinder mit Hang zum Klugscheissertum spielen, deren Eltern sie dazu zwingen, beim Velofahren einen Helm aufzusetzen. Anna scheint aber ganz in Ordnung zu sein. Deshalb fordert Erdmann sie zum Duell hernaus. Wer baut aus Holzklötzen das imposantere Kunstwerk? Anna baut einen Turm, ziemlich basic. Erdmann wirft mal eben eine komplizierte Dreiecks-Konstruktion hin. Siegesgewiss präsentiert er sein Werk Annas Grosmutter, die die Objekte bewertet. Dann wird er Opfer purer Befangenheit. Anna bekommt den Sieg aus unersichtlichen Gründen zugeschoben. Erdmann wittert ein abgekartetes Spiel.
Erdmann : Kinder 1:3
5. Runde
Kategorie: Schach
Gegner: –
Niemand will gegen Erdmann Schach spielen. Die Lust auf eine Partie auf dem Brett scheint bei den Kindern, neben Videospielen und sprechenden Stofftieren, relativ niedrig zu sein. Erdmann hat eigentlich nur geblufft. Auch er hat gar keinen Bock auf Schach. Diese Finte will belohnt sein. Der Punkt geht an Erdmann. Er hat ihn verdient.
Erdmann : Kinder 2:3
6. Runde
Kategorie: Mini-Curling
Gegner: Sandro, 14
Sandro will zuerst nicht Curling spielen. Erdmann hofft bereits, sich den Punkt wieder wegen fehlender Gegner gutschreiben zu können. Dann überlegt es sich Sandro anders. Also werden farbige Magnetkugeln über ein weisses Brett geschoben, mit dem Ziel, möglichst die Mitte der am Brettende aufgemalten Zielscheibe zu treffen. Erdmann macht das um Längen besser. Sandro meint, seine Blamage schmälern zu können, indem er nach seiner Niederlage nochmals darauf hinweist, dass er dieses doofe Spiel ja eigentlich gar nicht spielen wollte. Erdmann ist das so was von egal. Ausgleich!
Erdmann : Kinder 3:3
7. Runde
Kategorie: Rennbahn
Gegner: Livio, 12 Jahre
Wer wird sich an der Carrera-Rennbahn die Führung sichern können? Erdmann hat einmal zu Weihnachten einen chinesischen Abklatsch einer solchen Rennbahn bekommen, die, kaum war die Verpackung geöffnet, kaputt ging. Ein schlechtes Omen? Durchaus. Erdmanns Wagen fliegt bereits in der zweiten Kurve aus der Bahn. Livio entfernt sich auf uneinholbare Distanz. Erdmann ist gleichermassen niedergeschlagen wie beeindruckt von Livios Fahrkünsten und zweifelt keine Sekunde daran, dass der Jungspund noch vor ihm den Führerschein erhalten wird. Die Bewunderung für seinen Gegner lässt Erdmann aber natürlich nicht nach Aussen schimmern und er gratuliert Livio nur widerwillig zu seinem Erfolg. War das die Vorentscheidung?
Erdmann : Kinder 3:4
8. Runde
Kategorie: Karaoke
Gegner: Dominique, 15 Jahre
Erdmann kann etwa so gut singen wie autofahren. Ein singender Erdmann hinter dem Steuer wäre wohl das Schlimmste, was auf Schweizer Strassen je herumgekurvt ist. Als hätte er aus dem letztjährigen Debakel im Dancecontest nichts gelernt, meldet er sich dennoch zum Karaoke-Wettkampf. Seine Gegnerin: Dominique. Sie singt im Schülerchor. Sie will irgendetwas singen, dass Erdmann nicht kennt. Erdmann lehnt ab. Man einigt sich schliesslich auf «Wonderwall» von Oasis. Erdmann rechnet jederzeit damit, während seiner Darbietung den rabiaten Griff eines Security im Nacken zu spüren zu bekommen, der ihn wegen unflätigen Verhaltens vor die Tür wirft. Nur der Gedanke, dass das Fremdschämen fürs Publikum schlimmer ist als die Scham, die er selber zu erleiden hat, lässt ihn die vier Minuten überstehen. Ein Knabe teilt ihm nachher mit, dass das gerade «voll schlecht» gewesen sei. Der etwas aufgekratzte Erdmann muss sich in Erinnerung rufen, dass nur schlechte Menschen wie Gölä Kinder schlagen, um nicht doch noch vor die Tür geworfen zu werden. Dominique gewinnt dann das Battle sehr eindeutig. Wenigsten fühlt sich Erdmann bei dieser Niederlage für einmal nicht um den Sieg betrogen.
Erdmann : Kinder 3:5
9. Runde
Kategorie: Tischfussball
Gegner: Céline, 8 Jahre
Nach dieser Demütigung tut es Erdmann gut mit anzusehen, wie Célines Mimik langsam von Hoffnung zu Frust wechselt. Ihren naiven Siegesgedanken muss sie sehr schnell begraben. Die Partie endet mit dem gleichen Resultat wie im Vorjahr. 10:0 für Erdmann. Wenigsten liess er Céline nicht lange leiden.
Erdmann : Kinder 4:5
10. Runde
Kategorie: Schiff einen Namen geben
Gegner: Carla, 11 Jahre
In einer Ecke steht ein riesiger Mini-Hafen. Unzählige Boote stehen auf blauem Untergrund. Weil das so spassig aussieht, soll hier entschieden werden, ob es Erdmann immerhin noch zu einem Unentschieden reicht oder ob er ein weiteres Mal gegen die Kinder untergeht. Das etwas improvisierte Spiel geht folgendermassen: Erdmann und seine Gegnerin Carla suchen sich je ein Schiff aus, dem sie dann einen möglichst kreativen Namen geben. Carlas Eltern, Erdmann ruft an dieser Stelle zur Fairness auf, werden den Gewinner ermitteln. Erdmann wählt ein Kriegsschiff und gibt ihm den Namen «Dead Clancy», ein Tribut an den politisch etwas verwirrten Autor Tom Clancy und seinen Bestseller «The Hunt for Red October». Das ist nicht gerade eine Topleistung, aber sicher besser als Carlas Idee, die ihr Piratenschiff einfach «Jack Sparrow» tauft. Carlas Elter scheinen karibische Piraten mehr zu mögen als Sir Sean Connery. Der Punkt geht an Carla. Erdmann macht sich Sorgen zur Lage der Nation. Wo kommen wir nur hin, wenn das gesellschaftliche Geschehen nur noch von gewinnorientierten Kindern und ihren parteiischen Eltern gelenkt wird?
Endstand: Erdmann : Kinder 4:6
2 Kommentare
Verbleibende Anzahl Zeichen:
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.