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Die Markthalle, wie wir sie kannten.

Der Stadtinspektor vs. die Media-Markthalle

Der Media-Markt zieht in die einstige Berner Markthalle. Damit platziert sich dieses Symbol der Autobahnzubringer-Landschaft mitten im parkplatzlosen Herzen der Stadt. Nur einer könnte das verhindern: Der Stadtinspektor.

Denke ich an den mehr als lauen städtischen Wahlkampf 2012 zurück, dann denke ich an das grossartige SVP-Kandidaturentheater rund um Sylvia Lafranchi – und an ein Bonmot des schliesslich problemlos wiedergewählten Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät. Dieses lautete: «Ich will einen Stadtinspektor einführen». Einen Stadtinspektor, der «die Ladenbesitzer beim Wickel nimmt und sagt: ‹Komm jetzt mal schauen, was du da für eine fürchterliche Leuchtreklame vor deinem Geschäft hast. Und wir wollen ein Weltkulturerbe sein?›»

Seit dem vergangenen Wochenende müsste sich dieser Stadtinspektor, so er denn bereits eingesetzt wäre, nun der Zukunft der einstigen Markthalle annehmen. Es wäre ein Auftrag, der mehr beinhaltet als nur die Verhinderung von «fürchterlichen Leuchtreklamen». Denn der Media-Markt, diese Insignie der deutschsprachigen Autobahnzubringer-Landschaft, kommt nach Bern und mietet sich in den weitläufigen Räumlichkeiten am Bubenbergplatz 9 ein. Dort, wo man früher ein Käffchen, eine Pizza oder Waldbeerenschnecken konsumieren konnte, gibts ab 2014 also Unterhaltungselektronik à go go zu kaufen – und kreativ heimzutransportieren: Parkplätze sind hier bekanntlich und glücklicherweise Mangelware, und der gute alte Leiterwagen für die neueste Flachbild-Plasma-Errungenschaft ist dann doch zu unpraktisch. Kurz, die Expedition des Super-Unterhaltungselektronik-Marktes von den wohlerschlossenen Agglomerationen rein in die Stadt scheint auch ohne Facebook-Boykott-Gruppe eine holprige zu werden.

Hier könnte der Stadtinspektor ansetzen. Er könnte die Ladenbesitzer «beim Wickel» nehmen und sie auf diese doch eher unglückliche Umnutzung der einstigen Gastrohalle sanft hinweisen, er könnte auf den allfälligen Millionenverlust für die Shareholder anspielen, der mit der kostspieligen Sanierung und Eröffnung dieser Filiale einhergehen könnte – und er könnte auch einfach sagen: «Ein Media-Markt im Zentrum – und wir wollen ein Weltkulturerbe sein?»

Der Stadtinspektor könnte mit diesem Vorpreschen auch gleich allfällige, künftige Umnutzungen verhindern, die angesichts des kantonalen Sparpakets und einer wahrscheinlich unumgänglichen Privatisierungsrunde drohen. Denn dass in sagen wir mal zehn Jahren das Zentrum Paul Klee zu einer überdimensionierten McDonald’s-Filiale mutiert ist, erscheint mir vor dem Hintergrund der eigentlich unglaublichen Markthalle-Umnutzung nicht ganz unwahrscheinlich.

Benedikt Sartorius

Benedikt Sartorius lebt seit dem Transfer aus dem Oberland in Bern und hat seit einiger Zeit Frieden mit der Stadt geschlossen. Eine gewisse Neigung zum Sandstein- und Laubenallergiker ist aber immer noch spürbar.


Publiziert am 24. Juni 2013

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