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Destination Schütz

Traumkombinationen kennt zwar die Anzeigetafel am Berner Bahnhof auch. Doch exotische Destinationen sind direkt via Schützenmatte zu erreichen.

Auf der Schützenmatte ist noch fast alles möglich – zumindest in den Träumen der PolitikerInnen: Ein Hochhaus! Ein Parkhaus! Ein Schwimmbad! Ein Konsumtempel! Auch der renommierte Architekturpreis des Schweizer Liftherstellers Schindler kümmert sich dieses Jahr um das Areal, das als «eigentümlicher Mix aus Ödland, Treffpunkt von Kulturaktivisten und Rückzugsgebiet von Randgruppen» beschrieben wird. Doch eigentlich weist die Schützenmatte in ihrer Schlichtheit bereits jetzt europaaustrahlendes Potential aus – weniger wegen den PW-Parkplätzen, sondern wegen dem Car-Terminal.

Hier kommt man an, hier reist man ab: Nach Lloret del Mar, nach Rust in den Europapark, nach Kosice, Pristina, in den Steinbruch von St. Triphon, im Dezember an die Weihnachtsmärkte oder in den kommenden Wochen ans Oktoberfest. Gross-Demonstranten steigen hier aus, keusche Klassenfahrten nehmen hier ihren Ursprung wie auch Fan-Fahrten in schwierig anzufliegende Provinzlöcher Europas. Kurz, wenn nicht die Welt, so ist hier zumindest unser Kontinent zu Gast.

Natürlich, japanische und indische und chinesische und russische und deutsche Tagestouristen sehen die Schütz nur selten, denn diese starten ihre All-Inclusive-Stadttouren am Aargauerstalden mit direktem Anschluss zur Altstadt und dem Bärengraben. Und auch das provisorische Fernreise-Car-Terminal beim Park and Ride Neufeld läuft dem Fernreisehof Schützenmatte langsam den Rang ab. Aber so lange hier der tägliche Car nach Rust oder ans Oktoberfest oder nach St. Triphon abfährt, so lange bleibt die Schützenmatte ein Platz, der über diese Stadt hinausweist. Da brauchts auch gar keinen Wolkenkratzer.

Weiterführende Links:
Das Warten auf die neue Schütz geht weiter, «Bund» vom 2.2.2012
«Welches Fiasko meinen Sie?», «Bund» vom 10.3.2012
Turmbau zu Bern – FDP macht Dampf, «Bund» vom 13.3.2012

Benedikt Sartorius

Benedikt Sartorius lebt seit dem Transfer aus dem Oberland in Bern und hat seit einiger Zeit Frieden mit der Stadt geschlossen. Eine gewisse Neigung zum Sandstein- und Laubenallergiker ist aber immer noch spürbar.


Publiziert am 20. September 2012

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