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  • Gendermässig bedenklich: Der Bärenpark.

  • Machobär Finn steht das Wasser bis zum Hals.

  • Produktion von antifeministischen Bärenfutter.

Kein Witz

Die «Hauptstädter»-Redaktion hat sich nach reiflicher Überlegung entschieden, den 1. April ohne Scherz verstreichen zu lassen. Das Risiko ist schlicht zu gross.

«Gender-Alarm: Bärenpark erhält neuen Namen»: So hätte dieser Titel gelautet, wenn wir uns nur getraut hätten, tatsächlich einen 1.-April-Scherz zu verfassen. Der Bärepark, Berns beliebter Touristenmagnet, müsse in «Bärinnen- und Bärenpark» umbenannt werden, dies verlange eine breit abgestützte Koalition von Stadträtinnen und Stadträten, hätten wir geschrieben. Schliesslich sei der alte Patriarch Finn längst nicht mehr unbestrittenes Bärenfamilienoberhaupt neben Björk, Berna und Ursina.

Die geschlechtergerechte Formulierung würde nicht nur die lächerlich veraltete Bezeichnung ablösen, sondern auch wichtige Signale aussenden: «Bern braucht ein klares Statement in Sachen Gleichberechtigung», hätten wir jemanden sagen lassen, vielleicht Lea Kusano. Und bevor sich erste Zweifel über den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte hätten breitmachen können, wäre bereits die Reaktion von Tierparkdirektor Bernd Schildger zu lesen gewesen: Das Anliegen renne offene Türen ein, hätte er gegenüber dem «Hauptstädter» zu Protokoll gegeben. Mit diesem Gedanken tue man sich im Tierpark schon länger um. Nicht nur, dass bereits zahlreiche Touristinnen und Touristen die rückständige Namensgebung beklagt hätten. Auch hätten sich in letzter Zeit Berichte von Wärtern gehäuft, wonach die Bärinnen Karotten – das Symbol der männliche Vorherrschaft – verschmähten. Ein deutliches Zeichen des Protests und der Bärengesundheit so gar nicht zuträglich.

Das neue Schild zum «Bärinnen- und Bärenpark» würde noch gleichentags montiert, vielleicht in einem festlichen Akt um 14 Uhr. Bloss: Ob auch die Bushaltestelle umbenennt werde, sei noch nicht geklärt, liesse Bernmobil verlauten.

Nach reiflicher Überlegung sehen wir nun davon ab, diesen 1.-April-Scherz zu veröffentlichen, weshalb das «Hauptstädter»-Publikum ihn jetzt nur in der Fassung aus einer frühen Projektphase zu lesen kriegt. Nicht, dass wir etwas gegen das Zeitungsbrauchtum des 1.-April-Scherzes hätten, keinesfalls! Es gaben auch nicht die Rücksicht auf Gefühle religiöser Mitmenschen den Ausschlag oder die Ehrfurcht vor der Konkurrenz (auch wenn findige Geister die Hürde in den letzten Jahren wirklich hoch gesteckt hatten: Ein Neige-Tram für Bern sollte es geben! Die Ortsnamen-Harmonisierung sollte aus «Bolligen» «Bollingen» machen! Und im Emmental würden Nashörner gezüchtet!).

Nein, wir hatten schlicht zu grossen Respekt vor den potenziellen Konsequenzen. Die allfälligen Kollateralschäden hätte die «Hauptstädter»-Redaktion nicht zu verantworten vermocht.

Nachdem der Text veröffentlicht worden wäre, hätten einschlägige Antifeministen-Blogs ihn weiterverbreitet, es wäre zu einem Sturm der Entrüstung gekommen, der sich rasend schnell unter Europas Dödeln verbreitet hätte, worauf sich eine imposante Demonstrantenmenge vor dem alten Bärengraben eingefunden hätte. Der Gleichstellungsexperte und Ex-Männerbeauftragte Markus Theunert hätte aus Zürich eingeflogen werden müssen, um zu schlichten. Das hätte aber nichts genutzt. Es wären Steine geflogen, Finn wäre am Ohr verletzt worden und die Polizei wäre eingeschritten. Verhaftungen, Sachschäden in der Höhe der Überschreitungen des Bärenparkbudgets. Wütende Steuerzahler. Brennende Barrikaden. Plündereien, Krisenstäbe, Armeeeinsätze.

Das kann niemand wollen. Deshalb verzichten wir an diesem Montag darauf, den Leserinnen und Lesern einen echten Bären aufzubinden. Denn wie man seit Mani Matter weiss: Wenn man das Streichholz früh genug wieder vom Teppich nimmt, kann der Weltuntergang in der Regel verhindert werden.

Hanna Jordi

Hanna Jordi lebt in Bern seit 1985. Etwas anderes hat sich bislang nicht aufgedrängt.


Publiziert am 1. April 2013

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