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Crêpe-Test: Drei Gaumen für ein Halleluja

Teigfladen bis in die frühen Morgenstunden – das bietet die jüngst eröffnete Crêperie La Chouette im Bollwerk. Weil das Urteilsvermögen zu später Stunde oftmals nicht mehr gewährleistet ist, hat die Gourmet-Fraktion des «Hauptstädters» das Angebot mittags getestet.

18 süsse und 12 herzhafte Crêpes – wie soll man einem solchen Angebot beikommen? Genau, man verteilt die Qual der Wahl auf drei Testesser. Der Trupp trudelt am Dienstagmittag hungrig in der Crêperie La Chouette ein, der Teigfladen-Dépendence des benachbarten Kapitels sowie des Les Amis. Zwar hätte die Crêperie am Bollwerk zur Freude vieler Nachtvögel am Wochenende bis in die frühen Morgenstunden geöffnet. Doch wir bevorzugen als Versuchsanlage die Mittagsstunde. So ist die Gefahr, dass die Urteilskräfte auf irgendeine Art in Mitleidenschaft gezogen sind, ungleich kleiner.

Bistrot-Stimmung mit Retro-Einschlag umfängt uns: Tapete, Holztische, am Nebentisch werden die Crêpes auf immensen-Brocki-Tellern gereicht. Der stilecht mit Beret angetane und höchst zuvorkommende Kellner weist uns den Tisch neben der gut bestückten Bar zu. Von hier aus hat man nicht nur einen formidablen Blick auf das Eldorado eines jeden Stadtplaners, die Schützenmatte, sondern auch auf die heissen Herdplatten hinter der Bar, auf denen die Crêpes frisch zubereitet werden. Nach einem kurzen Streitgespräch über die wahre Natur der Crêpes – süss oder salzig – geht es an die Bestellung:

Testesserin I will es wissen: Wie funktioniert eine vegane Crêpe? Und kann eine vegane Crêpe überhaupt funktionieren? Die Antwort ist: Eier sind im Teig keine, und statt Kuhmilch wird Sojamilch beigemischt. Und ja, es funktioniert. Wenigstens in der Variante «Blattspinat & Champignon-Steinpilz-Mix» (SFr. 11.-). Der Teig ist keinesfalls papierig, sondern, wie ein Quervergleich ergibt, so geschmeidig wie das nicht-vegane Modell. Geschmackliche Einbussen sind keine zu vermelden. Fast könnte man in Versuchung geraten, eigene Ernährungsvorurteile zu überdenken. Die feine Füllung überzeugt, hätte allenfalls etwas mehr Salz vertragen. Doch da schafft die liebevoll improvisierte Menage mit Salzstreuer Abhilfe. Retro sei Dank.

Testesser II entscheidet sich für das Menü I: Grüner Salat und eine «klassische» salzige Crêpe für 15 Franken. Die Salatsauce punktet durch den körnigen Senf, dazu gibt’s ein Körbchen voll gutem Vollkornbrot. In Sachen Hauptspeise fällt der Entscheid auf die würzig-traditionelle Variante mit Ziegenkäse und Spinat. Der Teller kommt schnell, der Salat wird für danach erstmal auf die Seite gestellt. Die Crêpe dürfte etwas wärmer sein, der kleine Mangel fällt aber nicht stark ins geschmackliche Gewicht. Der würzige, leicht angeschmolzene Käse dominiert. Wer sich für diese Variation entscheidet, macht das genau deshalb.

Testesser III Die Wahl des dritten Gourmets im Bunde fällt auf die Variante «Rustica» mit Kartoffeln, Speck, Zwiebeln, Sauerrahm und Gruyère-Käse. Diese Kombination ist so etwas wie eine Berner Rösti im Teigmantel und kostet 14 Franken. Diese Crêpe wurde wohl in der Küche als erste zubereitet, denn sie ist nur noch lauwarm, obwohl der Teller gut angeheizt ist. Schmecken tut sie trotzdem vorzüglich: Die Würze stimmt, die Kartoffeln sind weder zu hart noch zu weich. Und genug Kalorien, um einen hungrigen Magen zu füllen, bietet diese währschafte Crêpe ebenfalls.

Zum Dessert bestellen wir uns eine süsse Crêpe mit karamellisierten Äpfeln und Zimtzucker. Wir teilen sie uns. Mehr wäre definitiv zu viel gewesen. Die Apfel-Crêpe erweist sich als kulinarischer Höhepunkt unseres Gastro-Ausflugs: Das wunderbar buttrige Apfelkompott macht Freude. Fazit: Teigfladen sind nie die schlechteste Variante, um einen vermeintlichen «Unort» aufzuwerten.

Christian Zellweger, Benjamin Hämmerle, Hanna Jordi

Christian Zellweger

Christian Zellweger geht seit 2010 unter den Lauben Berns und schaut, wer auch schaut.


Publiziert am 13. März 2013

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