
Die geheime Lust an der SCB-Niederlage
Es ist wieder Playoff-Zeit und der SCB strebt einen weiteren Meistertitel an. Das würde viele freuen – nicht aber unseren Hauptstädter.
Der SCB scheint eine Macht in der Stadt. Doch noch mächtiger ist der Eishockey-Landes-Krösus, wenn man auf dem Land wohnt. Das war jedenfalls im Berner Oberland so, als ich klein war. Und so entwickelte ich damals ein Interesse am Eishockey, das durch einen Aufenthalt am Spenglercup an meinem 10. Geburtstag (Jokerit Helsinki versus HC Davos, ein Puck als Gewinn bleibt die Erinnerung) sowie ausgiebiges Spielen der gesammelten NHL-Jahrgänge bis ca. 1998 genährt wurde. Der SCB? Der war allerdings nie mein Freund, weil die harten Buben in der Schule, denen ich lieber aus dem Wege ging, allesamt SCB-Fans waren.
Alle Jubeljahre pilgerte ich dennoch in das Allmendstadion. Es waren die Jahre vor den Cheerleaderinnen, vor Trainer Riccardo Fuhrer, vor der Beinahe-Pleite und aber vor allem die Klotener Jahre, denn als einigermassen geschichtsloses Wesen konnte ich mir damals gar nichts anderes vorstellen als einen weiteren Titelgewinn der Zürcher Flughafendörfler. Dementsprechend klar verlief auch die Final-Partie zwischen dem EHC Kloten und dem SC Bern, die ich besuchen durfte. Zum ersten Mal stand ich da auf der mächtigen Rampe, konsumierte höchstens einen Eistee, während rum um mich geschnupft und «ä guetä Mätsch» gewünscht wurde. Selbstverständlich gabs auch den Bärner Marsch, den Gesang «Wär nid gumpet isch ke Bärner» sowie «Bärn Bärn Bärn i ha di gärn» zu vernehmen. Doch die roughe Stimmung ernüchterte rasch, während der Flachmann angesetzt wurde, denn Kloten war einfach zu gut, die Jeans-Jacken mit den Fanfarben zeigten Trauer und das «Sierra Madre» der Schürzenjäger wurde nicht angestimmt. Innerlich freute ich mich recht fest über die Niederlage, denn für einmal hatten die harten Buben der heimischen Schule das Nachsehen.
Seither habe ich das Allmendstadion, das zwischenzeitlich auf den Namen BernArena getauft wurde und nun PostFinance-Arena heisst, nie mehr aufgesucht und das Interesse am Eishockey ist auch abgeflaut. Denn in der Stadt scheint mir der SCB abseits des Nüni-Trams während den Spieltagen dann doch nicht die Macht, als den ich den Klub einst aus der Ferne wahrgenommen habe. Nur während den Playoffs flackert das kindliche Interesse am Eishockey wieder auf. Primär im Fokus: Eine Niederlage des SCB. Wenn möglich im Final, in der siebten Partie. Ja, soviel Pausenplatz-Revanche muss nun mal sein.
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