
Wieso man nicht an die BEA gehen sollte
Die Stadt Bern ist dieses Jahr die Gastregion an der BEA. Die Reitschule wurde auch eingeladen. Das ist zwar sehr furchteinflössend, aber schlussendlich nicht der Grund, wieso die BEA dieses Jahr gemieden werden sollte.
SVP-Fraktionschef Roland Jakob ist sprachlos. Also nicht ganz. «Das wäre der helle Wahnsinn», bringt er gerade noch so raus. Aber was bringt den guten Mann denn so in Rage? Natürlich die Reitschule. Diese wurde nun tatsächlich an die BEA eingeladen. Was mag die Verantwortlichen bei diesem Entscheid bloss geritten haben? Das dürften sich Anhänger von traditionellen Messeveranstaltungen fragen. Schliesslich war die BEA bisher immer sehr bodenständig. Nostalgiker erinnern sich noch gerne an die erste BEA anno 1951. Damals gab es noch einen Hausfrauentag und einen Ballonwettflug. Was sollen jetzt die Messefreunde, die vielleicht aus Hermiswil, Kienersrüti oder auch Meienried anreisen, nur denken? Die wissen doch überhaupt nicht, was sie am Stand der Reitschule erwarten wird? Werden dort bloss Drogen verkauft oder wird man auch noch verprügelt?
Da ist es doch nichts als verständlich, dass Politiker um den guten Ruf ihrer Stadt bangen. Neben dem etwas sprachlosen Jakob mokiert sich auch FDP-Fraktionschef Bernhard Eicher über die Einladung an die Reitschule. Er befürchtet, dass man sich damit im Kanton Bern keine Freunde macht. Das ist natürlich eine unangenehme Situation. Für Jakob und Eicher ist die Reitschule wohl so eine Art Grosstante, die altersbedingt schon ein wenig verwirrt ist und deswegen gerne mal im Auto vergessen wird, wenn der Familienausflug öffentlich und für alle sichtbar stattfindet. Dumm nur, dass die Reitschule eine stattliche Dame und nicht leicht zu übersehen ist. Spätestens wenn die Züge aus Hermiswil, Kienersrüti oder auch Meienried an ihr vorbeirollen, dürfte der Anhänger von traditionellen Messeveranstaltungen in leichte Panik geraten. Und das ist nun wirklich keine gute Voraussetzung, um Freunde zu werden.
Langsam drängt sich die Frage auf, ob der Besuch an der diesjährigen BEA nicht lieber ausgelassen werden sollte. Zumindest was die Stadt Bern als Gastregion betrifft. Nicht etwa, weil es einem vor prügelnden Dealern am Reitschule-Stand graut. Nein, der Grund ist ein völlig anderer: Es ist doch völlig bizarr, eine Ausstellung zu besuchen, die einem jene Stadt näherbringen soll, in der sie auch stattfindet. Das ist etwa so, als wollte man Fahrradfahren lernen, indem man sich alle Etappen der Tour de France am Fernsehen ansieht – irgendwie bescheuert.
Die BEA ist nicht die Weltausstellung, und Bern liegt nicht auf der Osterinsel. Es ist selbst von Hermiswil, Kienersrüti oder auch Meienried innert Tagesfrist zu erreichen und zwar jeden Tag. Wieso sollte man sich also mit einem sorgfältig ausgemisteten und herausgeputzten Bern auf dem Messegelände abgeben, wenn einem die echte Stadt zu Füssen liegt – und das völlig gratis. Vielleicht geht man sogar einmal bei der Reitschule vorbei. Und ja, wenn man sich geschickt anstellt, bekommt man dort wahrscheinlich Drogen. Und ja, wenn man Ärger sucht, wird man diesen eventuell auch finden. Aber vielleicht findet man auch etwas ganz anderes – nämlich Freunde.
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