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Automatische Frittenbuden (Vol. 5)

Migros-Kassen, Bibliotheken: Die Stadt wird zunehmend entpersonalisiert und automatisiert, nur der Pommes-frites-Automat ist noch nicht zu sehen.

Kürzlich suchte ich wieder einmal meine erste Arbeits-Wirkungsstätte in der Stadt Bern auf. Denn in der Migros-Bahnhofs-Filiale kenne ich seit meiner Zeit als Wochenendkassier alle Lauf- und Schleichwege, weiss, welche Kassen die Kundschaft kaum findet und natürlich auch, zu welchen Zeiten man nie, nie in dieser Filiale einkaufen sollte.

Bei meinem letzten Besuch standen dort, wo ich einst meinen Dienst versehen habe, Subito-Scan-Automate, die die Arbeitskraft überflüssig macht. Ich probierte diese aus, stellte fest, dass die Artikel-Scan-Skills pro Minute noch immer intakt sind und wurde doch traurig, da diese Jobs, die mir einst mein erstes Einkommen bescherten, nun wahrscheinlich nach und nach verschwinden.

Ich erinnerte mich auch zurück an Ferien in Genua und anderen ligurischen Küstenorten. Dort bestaunte ich jeweils begehbare Ess-Automaten, die späte Hauptmahlzeiten wie Pasta und Pizza zubereiten können, und auch – da man ja scheinbar kein Personal mehr braucht – eine valable Alternative zur Liberalisierung der Ladenzeiten sein könnten.

Eine solche begehbare Automaten-Combo würde hierzulande auch eine willkommene Abwechslung zur Selecta-Automaten-Einöde darstellen, denn als treuer Kunde der Automatenkultur in schwachen Arbeitsstunden wäre ich nicht unglücklich über eine Ausweitung des Angebots. Denn Snickers, Mars und Co., nein, davon brauchen wir nicht mehr – und schon gar nicht das Bifi Carazza XXL, das derzeit an ca. 38 Selecta-Standorten auf Stadtboden (vorzüglich in der Nähe von Tankstellen, Endstationen und anderen Bus- und Tramstationen) feilgeboten wird.

Was ich mir aber natürlich wünsche in einer solchen zeitlosen Automatenstation, wäre der Frittenautomat von Ueli Maurer, der seit über zehn Jahren an einer solchen Maschine tüftelt. Ein Prototyp, beispielsweise an der Schönburg-Bushaltestelle, der Endstation Länggasse oder der Endstation Elfenau, wäre eine echte Aufwertung für die Quartiere. Bern-Mobilisten würden noch länger mit den Bussen die Stadt erkunden und dem inneren «Magenfahrplan» folgen, um die Frites, die sehr fein sein sollen, zu kosten. Ja, dorthin würde ich fahren – allerdings erst, wenn die echten, bedienten und geliebten Frittenbuden bereits geschlossen sind.

Benedikt Sartorius

Benedikt Sartorius lebt seit dem Transfer aus dem Oberland in Bern und hat seit einiger Zeit Frieden mit der Stadt geschlossen. Eine gewisse Neigung zum Sandstein- und Laubenallergiker ist aber immer noch spürbar.


Publiziert am 30. Januar 2013

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