
Wünsche für Bern
2013 steht vor der Tür. Wir haben uns überlegt, was es mit sich bringen soll.
Ein Hafenkran für den roten Klotz
2013 wird ein gutes Jahr. Ein sehr gutes Jahr sogar. Denn endlich endlich verschwindet der rote Klotz, der verpassenswerte Kulturhöhepunkte wie «Ewigi Liebi» beheimatete, aus dem erweiterten Stadtbild. Ab Januar wird das übertemporäre Theater zurückgebaut, und ich werde täglich dort sein, die Demontage aufmerksam beobachten wie ein Rentner, denn: Diese Entfernung war mein grosser Wunsch für die Stadt Bern, ehe das Ding dann wohl doch zu marode für importierte Musiktheaterstücke wurde und sich der Wunsch bereits wie von selbst erfüllte.
Doch was füllt die Brache, die der rote Klotz hinterlässt? Als Lückenbüsser schlage ich den Hafenkran vor, da diesem in Zürich noch immer harter Gegenwind entgegenschlägt. Und wir hätten endlich zumindest eine Andeutung des immer wieder herbeigesehnten Meeres.
Was ich mir sonst noch wünsche für Bern? Nun, ganz einfach: Genügend bezahlbare Wohnungen in der Stadt.
Benedikt Sartorius
Eine starke Persönlichkeit
Es sei das mit Abstand geilste Jahr seines Lebens gewesen. Das erzählte das einheimische Popsternchen Luca Hänni kürzlich dem Blick. Doch wie geil war eigentlich 2012 für Bern? Zumindest imagetechnisch war es ein Debakel und das war nicht nur Hännis Schuld. Angefangen hat es mit Erich «Mein Name ist Erich Hess» Hess mit einem etwas fragwürdigem Auftritt in der heute-show des ZDFs. Dabei stellte er zwar ausser Frage, dass er das charmanteste Lächeln des Kantonsparlaments besitzt, liess die Berner im deutschen Senderaum aber dennoch als etwas hölzerne Artgenossen dastehen. Etwas agiler, aber nicht unbedingt souveräner trat dann Vania «Blitzkrieg» Kohli in Erscheinung, indem sie für das Stadtpräsidium kandidierte, aber dann eben doch nicht kandidierte. Dann passierte lange Zeit nichts und dann wurde irgendeinmal gewählt. Als man schon fast wieder vergessen hat, dass man an der Urne war, wurden schliesslich doch noch die dazugehörigen Resultate geliefert. Das Auswerten ging lange und war ein Geschenk für die Freunde des Klischees.
Wie sollen sich nun Auswärtigen die Berner vorstellen? Als etwas unheimlich freundlich wirkender, dauerwinkender, unentschlossener Trödler mit einer Vorliebe für Castingshows? Das wäre doch ein riesiges Missverständnis. Aber irgendwie werden eben immer unpassende Repräsentanten in die Welt geschickt. Jetzt werden sogar Christen mit elektrischen Gitarren nach Malmö gesandt! Einzig YB sorgte sich in diesem Jahr um das Berner Ansehen. Natürlich wurde da ausschliesslich in grossen Massstäben gedacht und man sorgte ausschliesslich auf europäischen Parkett für Glanzleistungen. Allen voran Raul «Fairplay» Bobadilla. Ein Mann, der Bern stolz machte. Wenn er es einmal auf den Rasen schaffte, gab er alles und hatte auch mal den Mut dem Gegner vor den Kopf zu stossen. Doch gerade Berns Perle soll nun verkauft werden. Das findet sogar Alexander Tschäppät. Da braucht es schon die rhetorischen Fähigkeiten eines Andy «Business-Talk» Rihs, um wieder für Ordnung zu sorgen.
2013 ist es höchste Zeit, dass eine Persönlichkeit aus der Gilde der berühmten Berner das Ansehen der Stadt wieder in das rechte Licht rückt. Aber wer könnte das sein? Auf die Antwort zu dieser Frage müssen wir uns wohl einfach noch ein wenig gedulden. Und im Zweifelsfall kann ja die Heilsarmee immer noch diesen Eurovision Song Contest gewinnen.
Martin Erdmann
Eine Armada städtischer PR-Beauftragter
Vor lauter Jahresrückblicken und Best-of-2012-Rankings kann es einem derzeit ganz schön blümerant werden. Deshalb hier nur ganz kurz: Meine persönliche Liste der grössten Ärgernisse 2012 beinhaltet auf Platz drei meinen ersten Hexenschuss, auf Platz zwei die Ankündigung des Vermieters, meine Wohnung verkaufen zu wollen (also nicht an mich), und auf Platz eins die Abstimmung über die Motorfahrzeugsteuer.
Kaum je zeigte sich der Stadt-Land-Graben deutlicher als bei der vermaledeiten Autosteuer, die auf dem Land teils grossmehrheitlich begrüsst wurde, in der Stadt Bern dagegen deutlich abgelehnt. Nun fehlen dem Kanton gut 100 Millionen Franken, die mit Kürzungen unter anderem bei der Schulsozialarbeit, den Beiträgen an Quartierzentren, der universitären Lehre und im öffentlichen Verkehr, etwa bei den Tramlinien 7 und 8, eingespart werden sollen. Die Mehrheit hat entschieden, die Allgemeinheit zahlt den Preis, so ist das in einer Demokratie, wir wollen uns nicht beschweren.
Allerdings möchten wir solche Ergebnisse im Jahr 2013 gern verhindert wissen. Mit ein bisschen Lobbyarbeit, wie sie in allen Wandelhallen der Welt gang und gäbe ist, liesse sich das leicht bewerkstelligen. Natürlich müssten die Stadtberner Lobbyisten bereit sein, unentgeltlich zu arbeiten, weil auch die Stadt Bern nicht gross Geld hat.
Die Stadt braucht Überzeugungstäter auf allen Ebenen: flamboyante Regierungsräte, die an Dorffesten und an Supermarkteröffnungen das Stimmvolk von der Abstrusität einer Steuersenkung für Motorfahrzeuge überzeugen. Charismatische Grossräte, die ihre Kollegen freundlich, aber bestimmt auf den Stumpfsinn beabsichtigter Sparmassnahmen hinweisen. Bewohner der Ränder Berns, die ihre Nachbarn aus Muri, Köniz und Ostermundigen nach allen Regeln der Nächstenliebe begegnen, damit gar nicht erst falsche Vorurteile über arrogante Stadtbewohner aufkeimen können.
Das wünsche ich mir für 2013: Eine Armada städtischer PR-Beauftragter in Fronarbeit. Sonst ergeht es Bern am Ende wie Porto, wo die Menschen massenhaft Stadtflucht begehen, weil das Leben im Umland inzwischen viel attraktiver scheint. Die schönen Wohnhäuser verkommen zu riesenhaften Taubenschlägen, in den Strassen wächst das Steppengras.
Wobei, wenn ich es mir recht überlege: so könnten die Ausgezogenen zumindest gleich vor Ort als Brückenbauer gegen den Stadt-Land-Graben wirken.
Hanna Jordi
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