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Kipferl aus Wien, Brunsli aus Basel

Wie bäckt man «das zarte Konfekt aus dem alten Wien»? Und was ist das Geheimnis hinter guten Güezi? Herd-Kolumnistin Nicolette Kretz weiss es.

Güezi stehen bei mir in der Adventszeit jeweils hoch im Kurs. Das liegt wohl in meinen Genen. Meine Grossmutter war – wie regelmässige LeserInnen dieser Rubrik allenfalls festgestellt haben – eine leidenschaftliche Bäckerin und nutzte jede Ausrede, um den Ofen aufzudrehen. Als Krönung auf dem Plätzchenteller galten stets die Wiener Vanillekipferl. Diese wurden von allen immer am sparsamsten genossen und ernteten jeweils besonders viel Aufmerksamkeit. Mir war damals nie so recht klar, wieso, also wollte ich dieses Jahr selbst erfahren, ob diese übermässige Würdigung gerechtfertigt war.

Ich entschied mich für das älteste von mehreren Vanillegipfeli-Rezepten in ihren Notizbüchern. Grossmami hatte sich hier noch die Mühe gemacht, neben dem Text (in Frakturschrift) auch die Bildchen auszuschneiden und einzukleben. Das Rezept auf den vergilbten Schnipsel ist übertitelt mit «Wiener Vanille-Kipferl (Das zarte Konfekt aus dem alten Wien)».

Man reibt und knetet aus 210g Mandeln, 210g Butter, 245g Mehl, 140g Puderzucker und Vanillezucker (ich hab ca. ein halbes Päckchen genommen) einen weichen Teig, «von dem man so viel wie man mit 2 spitzen Fingern fassen kann, zwischen den Händen zu einem kleinen Würstchen rollt.» Das ist gar nicht so einfach, denn der Teig ist ziemlich krümelig, wenn man ihn nicht völlig zerkneten will. «Diese Würstchen formt man zu ganz winzigen Kipferln.» Und hier liegt dann wohl auch der Grund für ihre Exklusivität. Dies ist nämlich ein viel grösseres Geniefel als rasch ausgestochene Mailänderli oder Ähnliches, braucht viel Geduld und dauert eine gefühlte Ewigkeit.

Am besten stellt man die Kipferl dann nochmals eine Stunde auf den Balkon oder in den Kühlschrank, um sie ganz kalt in den Ofen zu schieben. Sie haben nämlich, wie an meinen Exemplaren zu sehen ist, eine Tendenz, etwas zu verlaufen. Dann bäckt man sie bei 180° (wobei in alten Rezepten ja stets nur steht «bei schwacher Hitze») ca. 10-15 Minuten aus. Man lässt sie ein paar Minuten abkühlen und wendet sie dann in Puderzucker.

Das zweite Güezi, das in den Heften von Grossmami zahlreich Erwähnung findet, ist das Basler Brunsli. Die Rezepte unterscheiden sich vor allem in der Form, wie die Schokolade in den Teig kommt und in der Form des Zuckers. Ich entschied mich für ein Rezept mit Puderzucker, welches ich allerdings noch ein wenig pimpte.

450g gemahlene Mandeln, 400g Puderzucker, 75g Kakaopulver und je eine gute Messerspitze Zimt- und Nelkenpulver werden gut vermischt. Dazu kommen 3 leicht geschlagene Eiweiss und 2 Esslöffel Kirsch. Mir schien das noch ein bisschen zu wenig schokoladig und ich gab noch eine Tafel geschmolzene schwarze 82%-ige Schokolade bei, v.a. auch, weil Grossmami neben den Kakao schrieb: «flüssige Crémant ist besser!» Ok, zugegeben, sie meinte es als Alternative, nicht als Zusatz.

Der Schlüssel zu guten Güezi liegt meines Erachtens im Auswahlen: nie zu dünn! Lieber kleinere Förmchen nehmen, wenn man nicht halbe Brote will. Bei Brunsli liegt der Richtwert bei 1cm Dicke. Ich hab die Brunsli dann nicht wie im Rezept bei 180°, sondern bei 250° fünf Minuten gebacken. (Der zweite Schlüssel zu guten Güezi heisst: lieber zu kurz als zu lang backen. Das ist aber selbstverständlich nur gut, wenn die Zutaten ganz frisch sind und der Teig vorher nicht zu lange rumgepampt wurde.) Die Brunsli sind jetzt tatsächlich sehr schokoladig, aber zu schokoladig geht ja nicht. Das Rezept wird bei mir jedenfalls jetzt genau so in den Kanon aufgenommen.

Nicolette Kretz

Nicolette Kretz ist in Bern geboren, kehrte nach einigen Abstechern immer wieder hierhin zurück, arbeitet als Festivalleiterin und Autorin und kocht für den «Hauptstädter» Rezepte aus den Notizheften ihrer Grossmutter nach.


Publiziert am 19. Dezember 2012

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