
Bahn frei!
Bern befindet sich in puncto Fortbewegung in der Steinzeit. Progressive Bestrebungen werden bekämpft.
Körperliche Betätigung ist etwa so ätzend wie Kopfrechnen. Man macht es nur, wenn es keine andere Möglichkeit gibt und sollte dank technischem Fortschritt schon längst der Vergangenheit angehören. Während Kopfrechnen weitgehend ausgemerzt werden konnte, steckt der Kampf gegen die körperliche Betätigung noch in den Kinderschuhen. In Bern konnten mit der Gurten-, Bärenpark-, und Marzilibahn Etappensiege gefeiert werden, doch weitere Gebiete von körperlicher Anstrengung zu befreien, erweist sich als schwierig.
Der Spazierweg zum Rosengarten, gewissermassen das städtische Pendant zur Eiger-Nordwand, soll nun durch eine Bahn ersetzt werden. Doch kaum wurde die Idee publik, schon versuchen Leibesertüchtigungs-Aktivisten das Projekt zum Entgleisen zu bringen. Besonders hervorgetan hat sich der bekannte Bewegungsfanatiker Alexander Tschäppät. Der Mann, der bereits schweisstreibenden Veranstaltungen wie der Euro 08 und der Tour de France Tür und Tor geöffnet hat, will nicht, dass Leute zum Rosengarten «hinaufgekarrt» werden.
Wer Spazierwege als zeitgemäss erachtet, wünscht sich bestimmt auch den Zeppelin zurück. Spazieren ist doch bloss noch ein Relikt aus Goethes Zeiten. Spazieren ist etwas für Romantiker, Flanieren tun nur Faulenzer. Das passt nicht mehr in unsere Gesellschaft voller Fast Food und Speed Dating.
Die eigenen Beine zur Fortbewegung einzusetzen ist quasi Fortbewegung 1.0 und etwa genauso antik wie Windows 95. Deshalb braucht diese Stadt dringende Updates. Berns Trottoirs sollten beispielsweise gänzlich durch Fahrsteige ersetzt werden, wie man sie von Flughäfen kennt. Trotz Stillstand weiterkommen, heisst die Devise.
1 Kommentar
Verbleibende Anzahl Zeichen:
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.