
Stille Einkehr
Das Café Odeon in der Gerechtigkeitsgasse ist die richtige Kulisse für eine kleine Auszeit. Und für ein währschaftes Mittagsmenu.
Es liegt an bester Lage, das Café Odeon: an der Gerechtigkeitsgasse, wo doch immerhin die Hauptverkehrsachse des Berner Tourismus verläuft. Und doch ist es ausnehmend ruhig an diesem Sonntagnachmittag im kleinen Gastraum, die allermeisten der mit Glasplatten bedeckten Bistro-Tische sind unbesetzt.
Am Interieur kann es nicht liegen. Das Café Odeon müsste eigentlich in sämtlichen Touristenführern als nostalgischer Geheimtipp aufgeführt sein. Die lange, messingglänzende Bar, die Spiegelwände, die Holzverkleidungen und die Glaskuppel, die den Blick via Innenhof auf ein Stück Himmel freigibt, gemahnen an Zeiten, in denen sich die kulturbeflissenen Menschen der Stadt bei Kaffee oder Pernod in wichtige Erörterungen vertieften oder sich über ihre Moleskines beugten. Doch dem ist anscheinend nicht so. Lediglich eine italienische Familie sitzt an einem der runden Tische, später wird noch ein Seniorinnen-Duo dazustossen.
Eigentlich wäre für die Stippvisite ein leichtes Après-Festtags-Zmittag à la Flädli-Suppe und Eibrötchen vorgesehen gewesen, doch solches Tea-Room-Sortiment sucht man im Café Odeon vergebens. Das heisst, Canapés werden durchaus serviert, aber halt jeweils erst ab 14 Uhr. Die Küche hält etwas auf sich, immerhin geht das Lokal postgasswärts nahtlos in das Restaurant Rathaus über, und entsprechend ernsthaft ist die kleine Karte. Gewählt werden kann zwischen diversen Schnitzelvariationen und drei Mittagsmenus (Fisch, Fleisch oder Pasta).
Die Fischknusperli mit Salat (21.50 Franken) und der Fleischkäse mit Nüdeli (18.50) werden bald und heiss serviert. Die Sauce Tartare ist zwar mit ziemlicher Sicherheit nicht selbstgemacht, und das Fleischgericht kommt ohne Gemüsebeilage etwas gar nackt daher. Doch schmecken tut es einwandfrei, und das junge Servicepersonal glänzt mit freundlicher Aufmerksamkeit. Bei einem Espresso (4.30 Franken) der eher magenschonenden Sorte lässt sich dieser Besuch in Ruhe beschliessen. Man ist dann doch einigermassen froh, den Moment nicht mit zahlreichen Städtereisenden teilen zu müssen, die sich ihre Handyspeicher mit Aufnahmen von schmucken Odeon-Details füllen. Sollen die ruhig woanders einkehren.
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