
Königsdisziplin
Die «Hauptstädter»-Herdkolumnistin Nicolette Kretz begibt sich diese Woche in kitschige Gefilde – und bäckt eine mehrstöckige Hochzeitstorte.
Diese Woche weichen wir etwas vom üblichen «Kretz am Herd» ab. Meine Grossmutter hat nur indirekt mit diesem Küchenabenteuer zu tun. Ein Familienmitglied hat nämlich letzte Woche geheiratet, was mich und eine Gehilfin zu einem ersten Versuch in der bäckerischen Königsdisziplin Hochzeitstorte angespornt hat. Mehrstöckig sollte sie werden und kitschig, denn heiraten ist nun mal kitschig.
Erster Stolperstein der Planung waren die Stockwerke. Es ist gar nicht ganz ohne, Springformen zu finden, deren Durchmesser von der Norm von 24cm abweicht. Ausserdem sollten diese ja in gleichmässigen Schritten kleiner werden, damit das Ding nicht aussieht wie von Hundertwasser gebaut. Und die Formen dürfen nur im Durchmesser, nicht aber in der Höhe abnehmen. Wir fanden schliesslich Formen in den Grössen 8cm, 16cm und 24cm, was sich als ganz harmonisches und sinnvolles Verhältnis erwies. Eine weitere Schicht von 32cm schien uns für genügend Kitsch dringend notwendig, aber angesichts des zu erwartenden Hochzeitsmenüs viel zu viel. Wir entschieden uns also für eine unterste Schicht aus ähmm… nun ja… Styropor. Bei den Tortenschichten orientierten wir uns, wie es sich gehört, an den Geschmäckern des Brautpaars: Lage 1 und 2 bestanden aus einem frischen Zitronen-Mohn-Kuchen, Lage 3 aus einer Rüeblitorte; eine Kombination, die sich als sehr stimmig erwies.
Der Zitronen-Mohn-Kuchen ist ein abgewandeltes Cupcake-Rezept. Da die Masse nur leicht aufgeht und somit relativ kompakt ist, eignet sie sich sehr gut für Stapelkuchen. Man schlägt dazu drei Eier, 200g Zucker und 1TL Vanillezucker schaumig. 100g Butter schmelzt man in 100ml Milch und mischt diese unter die Eimasse. 200g Mehl, 2TL Backpulver und eine Prise Salz werden anschliessend daruntergezogen. Zu diesem noch sehr neutralen Teig kommen nun die abgeriebene Schale von drei und der Saft von einer Zitrone sowie 40g Mohnsamen. In der kleinsten Form brauchte das etwa 20 Minuten bei 175° im Ofen, in der zweitkleinsten ca. 40 Minuten. Es lässt sich sehr gut mit einem Holzstäbchen testen, ob der Kuchen schon durch ist.
Über die Rüeblitortenschicht kann ich leider nicht viel sagen, da sie von meiner geschätzten Hochzeitstortenbackpartnerin hergestellt wurde. Aber auch diese Lage erwies sich als sehr geeignet für diese Zweck, weil sehr saftig und trotzdem kompakt. Es empfiehlt sich natürlich grundsätzlich auch, die schwerste Masse als unterste Schicht zu nehmen.
Nun aber zum lustigen Teil: die Dekoration. Die Deko wurde selbstverständlich von langer Hand geplant und an diversen Orten zusammengekauft: Der weisse Fondant stammte aus Italien (läuft dort unter Pasta di Zucchero), der farbige Fondant aus Berlin (aus einem wunderbaren Laden namens Cakeville). Von dort hatten wir auch praktische Blumen- und Efeublätterausstechformen in verschiedenen Grössen. Leider habe ich keine Ahnung, wo man in Bern Fondant herkriegen würde. Hier muss man sich wohl auf die diversen Webshops verlassen.
Die weisse Beschichtung der Torte erfolgte Lage für Lage. Der Fondant lässt sich, nachdem er weich geknetet wurde, leicht ausrollen und reisst (im Gegensatz zu Marzipan) auch als dünne Schicht nicht auseinander. Aber ganz ehrlich gesagt, haben wir das nicht ganz so hingekriegt, wie man sich das vorstellt, also so ganz glatt, als wäre er darüber gegossen worden. Bei allen Lagen gab es an der Seite leichte bis arge Falten, die mit der weiteren Deko kaschiert werden mussten. Wir haben den Fondant ausserdem mit weiss-glänzendem essbarem Glimmer bepinselt, was ebenfalls etwas von den Unregelmässigkeiten ablenkte. Aber das nächste Mal schauen wir uns vorher ein paar Videos an.
Nun stachen wir mit speziellen Förmchen aus Plastik und Güeziförmchen die weitere Deko aus. Eine Silikonmatte und ein Silikonwallholz sowie etwas Puderzucker erwiesen sich sehr geeignet für die Verarbeitung. Für die Blümchen stellten wie jeweils mehrere Blümchenlagen unterschiedlicher Grösse her, welche wir anschliessend mit CMC zusammenklebten und in Form drückten. Carboxymethylcellulose, kurz CMC, ist ein weisses Pulver, das mit heissem Wasser angerührt zu einer leimartigen, aber essbaren Masse wird. Diese ist eine wahre Entdeckung, denn sie klebt die Deko-Teile perfekt an die Torte.
Mangels Erfahrung war unser Ziel, zwar möglichst viel auf dieser Torte selbst zu machen, aber möglichst wenig freihändig. Beim Efeuzweig kamen wir jedoch nicht umhin mit zittriger Hand direkt auf die Torte zu malen. Der Zeig besteht aus einer Paste aus Puderzucker, Wasser und Kakao, zur gewünschten (ziemlich dicken) Konsistenz verrührt. Mit einem Einwegspritzsack lässt sich damit relativ gut zeichnen – und Efeuzweige sind ja zum Glück nicht ganz gerade.
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