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  • Zum Zeitvertreib ein Bier vom Fass.

  • Der Space-Roller wartet auf den furchtsamen Buben.

  • Schlafendes Karrussell: Der Sky Flyer.

  • Das schillernde Candy Land Cafe

  • Die furchterregenden Kraken schleudern durch die Abendnachluft.

Furchtsam auf der Schütz

Es ist wieder Chilbi auf der Schütz – und unser Autor bewegt sich furchtsam über den Festplatz. Der Grund: Die Krakenbahn Space Roller.

Einst, als kleiner Bub, konnte ich nicht genug bekommen von den Rummelplätzen dieser Welt. Asterix-Park, Europapark, Eurodisney, Prater, die italienischen Lunaparks, sie alle mussten besucht werden. Doch am liebsten war es mir immer der heimatliche Thuner «Budeler», der über die Pfingsttage jeweils lockte. Meine letzte und definitive Erinnerung ist allerdings nicht wirklich toll: Denn eine zwirbelnde Bahn mit dem Wort «Snow» im Namen wollte immer wieder besucht werden, bis zum Taumel, zur Schwindligkeit, zum Elend, zum Erbrechen.

So verliess ich nach und nach den Rummel, holte mir die Kicks beim Fahrradfahren ohne Bremsen, noch später tauschte ich die Achterbahnfahrt mit Konzertbesuchen ein, die nur sonisch auf den Magen schlagen. Da und wann gibt es aber Fieberschübe: Ich schaue mir auf Youtube Videos von den tollsten Achterbahnen der Welt an, fahre immer wieder durch die Eurosat-Kugel, natürlich immer im vordersten Wagen. Fehlt eigentlich nur noch der Flugsimulator, da ich Flugzeuge nur noch im Ausnahmefällen besteige.

Nun wollte ich wieder mal den Thrill in echt erleben und begab mich auf die Schützenmatt, wo seit Samstag der Lunapark gastiert. Die besonders herausfordernden Attraktionen der Wintersaison: Der krakenarmige Schleuderstuhl namens «Space-Roller» und das himmelhohe Kettenkarussell «Sky-Flyer».

Und so stand ich da, verloren auf der nur scheu besuchten Chilbiwiese und erlebte den Clash zwischen «Gangnam Style» und Chers «The Shoop Shoop Song» mit, unterbrochen von einzelnen Anfeuerungsrufen der Buden-DJs. Auch überlegte ich mir den Kauf eines «Bier vom Fass» im «Chilbi Cafe», und studierte das Sortiment im angrenzenden «Candy Land Café», verzichtete allerdings auf das Magenbrot, da mir bereits reichlich flau im Magen war im Angesicht der grossen Bahnen. Denn die sechs Krakenarme des «Space-Roller» wirbelten durch den Winterabendhimmel, man hörte halbvergnügte Schreie der Besucherschaft inmitten der Euro-Dancewüste, und mir wurde zunehmend klar: Nein, das schaffe ich nicht, nein, für solches Zeug bin ich zu alt bzw.: Die Angst ist immer noch der beste, weil treuste Freund.

Leichter bezwingbar schien mir da der «Sky-Flyer», dessen Sessel mit Länderflaggen geschmückt sind. «Hoch, hoch»: ja, das ist dieses Kettenkarussell mit der Schweizer Flagge auf dem Gipfel – vermutlich so hoch wie die freisinnige bzw. stadtpräsidentale Utopie eines Hochhauses, denn die Blinklichter sind im Stadtbild weitherum sichtbar wie einst der Bar-&-Pub-Festival-Himmelscheinwerfer. Und so wollte ich mir eine Fahrt kaufen, um die Zukunft zu simulieren, druckste jedoch ein wenig rum, bis mir die Entscheidung abgenommen wurde: Die Store beim Jetonhäuschen wurde runtergelassen und der Betrieb kurzerhand eingestellt.

So bin ich verdammt – und werde bis am 5. Dezember einmal pro Tag die Schütz besuchen, in der Hoffnung, meine Furcht vor den «Space-Rollern» dieser Stadt zu überwinden – wie in alten, unbeschwerten Zeiten.
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Noch bis am 5. Dezember: «D’ Schütz isch da», von 15 Uhr bis 23 Uhr.

Benedikt Sartorius

Benedikt Sartorius lebt seit dem Transfer aus dem Oberland in Bern und hat seit einiger Zeit Frieden mit der Stadt geschlossen. Eine gewisse Neigung zum Sandstein- und Laubenallergiker ist aber immer noch spürbar.


Publiziert am 19. November 2012

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