
Fremde Fasnacht
Hauptstädter-Blogger Erdmann ist zwar Luzerner, kann die Fasnacht dennoch nicht ausstehen. Trotzdem war er am Berner Fasnachtsauftakt mit dabei, um herauszufinden, ob das hiesige Narrentreiben ähnlich obskur ist wie in seiner Heimat.
Historisch gesehen ist es sehr verwirrend: Wollen die Berner nun eine Fasnacht oder nicht? So wurde seit dem 15. Jahrhundert mal mehr, mal weniger Fasnacht gefeiert. Jedenfalls hat der Trend zum närrischen Treiben ab 1982 wieder stark zugenommen. Denn damals wurde der Verein Bärner Fasnacht gegründet. 2013 führt dieser die 32. Berner Fasnacht durch. Am 11. November wurde der Auftakt zu dieser gesetzt, indem ein Mann, der sich den Kopf eines echten Bären aufgesetzt hat, in einem Turm eingeschlossen wurde.
Dieser Brauch war Fasnachtskorrespondent Erdmann völlig neu. Doch es war bei weitem nicht die einzige Sonderlichkeit, die er erlebt hat. So hat er zu seiner grossen Überraschung festgestellt, dass die Berner Fasnacht von einer Frau geleitet wird. Soviel Progressivität rüttelt kräftig an Erdmanns katholisch geprägtem Fasnachtsverständnis. Denn in Luzern sind die Zünfte die höchsten Fasnachtsinstanzen und Zünfte sind bekanntlich noch immer Männerangelegenheiten.
Wie an der Luzerner Fasnacht wird in Bern in den Gassen gefeiert. Weil dabei winterliche Temperaturen herrschen, ist es wichtig, gegen die Kälte anzukämpfen. Einige tun dies mit vernünftiger Kleidung, andere achten darauf, dass ein angemessener Alkoholpegel die Schmerzen von langsam abfrierenden Körpergliedern ausblendet. Selbe Methode in beiden Städten, doch die Hilfsmittel scheinen unterschiedlich: Luzern schwört auf eine Mischung aus Koffein und Gebranntem, sprich verschiedene Variationen aus Kaffee und Schnaps. Bern gibt sich da nobler und setzt auf Wein. Die Folgewirkungen davon dürften in beiden Städten bekannt sein.
Der Hauptunterschied der angeblich «schönsten Zeit des Jahres» zwischen Bern und Luzern ist aber die Grösse. Während in Luzern klaustrophobisch veranlagte Menschen lieber zuhause bleiben sollten, herrschen in Bern beinahe familiäre Verhältnisse. Diesen Eindruck hinterliess zumindest der etwas dürftige Publikumsaufmarsch zum Fasnachtsauftakt. Das ist zwar irgendwie niedlich, doch wirft sie die anfangs gestellte Frage auf: Wollen die Berner nun eine Fasnacht oder nicht?
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