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Essen von gestern

Die Äss-Bar in der Marktgasse verkauft Backwaren vom Vortag. Wir gingen auf einen Happen vorbei.

Hatten wir nicht schon alle unsere kleinen Kühlschranksünden? Milch, die durch kein Sieb mehr tropft oder den Eintopf, der langsam ein Eigenleben entwickelt? Natürlich, das ist eklig unappetitlich und ungesund. Wahrscheinlich sind es solche Erlebnisse, die uns Ekel vor altem Essen ins Gehirn pflanzen. Doch ist dieser so gross, dass wir selbst vor Backwaren kapitulieren, die lediglich einen Tag auf dem Buckel haben?

Um das herauszufinden, haben wir die Äss-Bar in der Marktgasse besucht. Dort ist jeden Tag Resteessen angesagt. Auf der Auslagefläche liegt ausschliesslich Ware, die es in anderen Bäckereien am Tag zuvor nicht über den Ladentisch schaffte. Ist diese zäh und trocken oder doch ganz geniessbar? Wir haben ein paar Bestellungen aufgegeben.

Salami-Sandwich
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Wenn wir nicht wüssten, dass es alt wäre, dann hätten wir uns nicht darauf geachtet und wahrscheinlich nichts bemerkt. Doch mit den Kenntnisse über die Vorgeschichte dieses Sandwiches, stellen wir fest, dass das Brot an den Rändern etwas härter (diplomatisch: knackiger) ist, als es sein sollte. Das Fleisch hingegen hat in Sache Frische und Geschmack nichts eingebüsst. Das ganze kostet lediglich zwei Franken, was beinahe verantwortungslos ist. Denn bei solchen Preisen ist es gut möglich, dass das Essensbudget um einiges grösser ist, als der Hunger, was zur Folge hat, dass die Hälfte der Einkäufe im Müll landet. Foodwaste hat viele Gesichter.

Pizza Teil 1
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Dieses Pizzastück bringt das grosse Problem der Äss-Bar auf den Punkt. Es ist die Auswahl. Wäre der Testesser in einem Geschäft mit breiterem Angebot jemals auf die Idee gekommen, Pizza zu kaufen, auf der Ananas-Stückchen liegen? Natürlich nicht! Das machen nur Kinder bis acht Jahre oder Erwachsene, die sich an Rolf-Knie-Bildern erfreuen. Nun ist es aber so, dass es in der Äss-Bar eben nur das hat, was es hat und das wird viel Kundschaft immer weniger. Dann lassen wir uns eben die Pizza samt Ananas-Stücken aufwärmen. Der Teig hat schon einiges Fett aufgesaugt und ist leicht matschig. Halb so schlimm, weil halber Preis – das Stück kostet 2.50 Franken.

1 x Pizza, 1 x Burger
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Zur Pizza des zweiten Testessers gibt es nicht viel mehr zu sagen: Es soll Leute geben, die die aufgewärmte Pizza von gestern fast noch lieber mögen, als das frische Stück. Das kann aber auch daran liegen, dass man die Rest-Pizza oft in Momenten von Hunger-Notfällen entdeckt. Und wie heisst es so schön: «Hunger ist der beste Koch». Eine andere Uralt-Weisheit, geboren aus Zeiten lange bevor Übergewicht ein gesellschaftliches Problem war, würde auch beim Second-Hand-Burger helfen: «Altes Brot ist nicht hart – kein Brot, das ist hart.» Wobei das Brot nicht eigentlich hart ist, sondern eher schon leicht gummig geworden ist. Das wäre aber nicht so schlimm – hätte es sich nicht schon voll gesogen mit der Cocktail-Sauce. Der Käse hat sich leider auch nicht ideal gehalten, ebenso der Salat. Während sich die Pizza ganz wacker schlägt, ist der Burger keine gute Wahl für ein Recycle-Menü. Auch nicht für 3 Franken.

Die Hauptstädter-Redaktion


Publiziert am 13. März 2015

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