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85 Grad im Schatten

Wenn draussen Minustemperaturen herrschen, muss die Seelenwärme bisweilen künstlich herbeigeführt werden. Ab in die Sauna also – doch welche Etablissements in und um Bern lohnen den Ausflug?

Eines sei festgehalten: Bern hat viele Stärken, doch mit der Anonymität einer Metropole kann diese Stadt nicht aufwarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie beim nackigen Dünsten in einer Berner Schwitzstätte auf einen ehemaligen Chef, die aktuelle Freundin eines abgelegten Liebhabers und den einen oder anderen Alt-Stadtrat treffen werden, ist also exorbitant hoch. Sollte Ihnen dies einerlei sein oder gar ein Ansporn, sind die Berner SPA-Anstalten wie gemacht für Sie. Allen anderen sei in Erinnerung gerufen, dass sich das Risiko lohnt. Wenn draussen der Blizzard tobt, gibt es nur wenige Orte, an denen es sich ein Nachmittag besser verlümmeln lässt als in der Sauna.

Wo aber hingehen?

Hammam SPA Oktogon Bern

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Angebot: Im achteckigen ehemaligen Gaskessel am Aareufer im Marzili ist auf vier Stockwerken ein Hammam nachempfunden worden. Beim Rundgang durch verschiedene Räume wird gebadet, gepeelt, in der Dampfsauna geschwitzt und entspannt. Es ist die mitteleuropäische Version eines Hammams, mit dem teils recht ruppigen Gewese in den türkischen Vorbildern hat das nichts gemeinsam, was ganz gut ist.
Ambiente: Sanftes Licht, wohlriechende Dämpfe, angenehme Stille (Achtung, montags ist das Ruhegebot Pflicht – wichtige Geschäftsmeetings deshalb besser an einem anderen Tag abhalten) und äusserst freundliche Angestellte. Ist der Hammam gut besucht, was aufgrund der guten Lage sehr häufig vorkommt, kann es im Innern jedoch recht hektisch werden.
Dresscode: Ein Pestemal (Leinentuch), nicht mehr und nicht weniger. Für Frauen gibt es, nach Bedarf, eigene Peelingstationen, zu denen Männer keinen Zutritt haben. Am Dienstag haben Männer gar keinen Zutritt zum Hammam.
Preis: Der Rundgang ohne Spezialbehandlungen kostet 45 Fr.
uHingehen? Eine sehr schöne, ideal gelegene Einrichtung mit vertretbarem Preis – empfehlenswert.

Cinébad Bern

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Angebot: Viel ist schon geschrieben worden über die eigentümliche Geschäftsidee, Kino und Baden zu verquicken. Gemäss Einzelmeinungen ist es schon aufgrund der Absorptionsfähigkeit der menschlichen Haut wenig ratsam, eine halbe Spielfilmlänge im Wasser zu verbringen. Daneben bietet das Cinébad im Bollwerk aber auch einen kleinen Saunabereich mit Finnensauna (85 Grad), Biosauna (80 Grad) und Dampfsauna (45 Grad). Gut zu wissen: Die «Wellnessoase Berns» (Eigenwerbung) ist bis 23 Uhr geöffnet.
Ambiente: Zweckmässig, ohne Schnickschnack. Etwa Kaltwasserkübel statt -becken. Neu und sauber.
Dresscode: Bikini, Badehose und Badeschlappen. Auf Letzteres wird man mehrfach hingewiesen. Sie sind natürlich im Preis inbegriffen.
Preis: Filmschauen, Baden und Sauna-Eintritt gibt es für 36 Franken.
Hingehen? Warum auch nicht. Schon nur, um selbst eine Antwort zu finden auf die Frage: Passen Kino und Baden zusammen? Und: Zentraler kann man in der Stadt kaum die Hüllen fallen lassen.

Solbad und SPA Schönbühl

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Angebot: Eine Viertelstunde vom Bahnhof Bern entfernt liegt das Natursole-Heilbad in Schönbühl. Neben dem grossen Innen- und Aussenbecken mit Düsen, Sprudeleinrichtungen und Unterwassermusik gibt es im Untergeschoss eine grosse Saunaanlage mit vier Saunas (drinnen und draussen), Kaltwasserbecken und Ruheraum.
Ambiente: Seit dem dringend notwendigen Umbau 2008 ist bereits wieder etwas Zeit verstrichen. Die Einrichtung macht aber noch immer einen gepflegten Eindruck. Sehr schöner Saunabereich. Am Wochenende besser meiden, dann nämlich findet sich hier der gesamte Espace Mittelland ein.
Dresscode: Der Badekappenzwang ist heute zum Glück passé. Inzwischen gilt: Badekleid im Wasser und nackt auf den Saunabänken.
Preis: Sauna und Bad gibt es für 35 Fr.
Hingehen? Aber auf jeden Fall. Für einmal lohnt es sich, der Stadt den Rücken zu kehren.

The SPA Hotel Schweizerhof

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Angebot: Vor dem Cinébad hat bereits das Hotel Schweizerhof dafür gesorgt, dass die Saunadichte im Berner Bollwerk in die Höhe getrieben wurde. Im 2012 eröffneten SPA-Bereich im Untergeschoss des Hotels sind auch Nicht-Hotelgäste willkommen. Sehr willkommen: Die Angestellten sind von auserlesener Freundlichkeit und führen dienstfertig durch die 500 Quadratmeter SPA-Bereich mit Sprudelbecken, Ruheraum, Finnen- und Dampfsauna. Leider ist die Saunavielfalt sehr beschränkt – das machen auch die wahnwitzigen «Erlebnisduschen» nicht wett. Wer sich beim Entspannen weiterbilden möchte, findet im Ruheraum (Wasserbetten!) entsprechende Literatur, etwa «Sports Illustrated: Golf».
Ambiente: Sehr schön designt, sehr sauber, sehr modern. Kleine Gefälligkeiten wie bereitgestelltes Gurkenwasser und Trockenfrüchte in silbernen Schälchen steigern das Wohlgefühl.
Dresscode: Bikini oder Badehose, auch in der Sauna. Wegen der internationalen Gäste vielleicht? Die Dame hinter dem Tresen blieb die Auskunft schuldig.
Preis: Unfassbare 68 Fr.
Hingehen? Zwar ist es schön einsam im Bauch des Hotels Schweizerhof, doch der Preis ist kaum zu entschuldigen. Eher auslassen – es sei denn, Sie sind in der Lage, Trockenfrüchte im Wert von 68 Fr zu verspeisen.

Links:
www.hammam-bern.ch
www.cinebad.ch
www.solbad.ch
www.schweizerhof-bern.ch«»«»–––

Hanna Jordi

Hanna Jordi lebt in Bern seit 1985. Etwas anderes hat sich bislang nicht aufgedrängt.


Publiziert am 9. Februar 2015

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