
Sind Sie Barstreet-tauglich?
Das Gipfeltreffen von ruraler Feierfreude, jugendlichem Leichtsinn und fortgeschrittener Midlife-Crisis in Berns Norden geht heute Freitag in eine neue Runde. Ist das Barstreet auch etwas für Sie? Mit unseren Tipps sind Sie zumindest bestens vorbereitet.
Nun gut, heute schubladisieren wir mal. Aber bei der Kategorisierung der Grundtypen des Barstreet-Festivals werden Sie uns ein wenig Stigmatisierung sicherlich verzeihen. So verachtet der kleine Bruder vom Oktoberfest bei manchen Bernern ist, so sehr geniesst er anderswo Beliebtheit. Seit 1998 tummeln sich während mehrerer Wochenenden haufenweise ausflugsfreudige Bauernsprösslinge, Teenager mit gefälschten Schülerausweisen, ewig junge Familienväter und flirtambitionierte Mittvierziger im Scheidungsprozess auf dem Areal der Bern Expo.
Um eine gelungene Sause zu erleben, sollten Sie im Vorfeld folgende Kriterien erfüllen:
1. Üben Sie
Wenn Sie nicht gerade Stammgast in Pauschaltourismus-Hochburgen sind und den Ballermann nur vom Hörensagen kennen, sollten sie Ihre Leber gut eingewöhnen und sich schon auf grosse Mengen eines bestimmten Getränks vorbereiten. Am besten eignet sich Bier, denn mit dem Malzgetränk erreichen Sie beim Barstreet höchstwahrscheinlich am günstigsten den dort standesüblichen (und erforderlichen) Pegel. Denn die Mixgetränke werden – vorausgesetzt, man ist nicht weiblich, jung und ohne männliche Begleitung – meist in moderater Mischung angeboten. Dabei handelt es sich vorwiegend um Mixturen auf Red-Bull-Basis in teenagerschonender und umsatzfreundlicher Relation.
2. Trumpfen Sie mit Stilsicherheit
Kaufen Sie sich ein Hawaiihemd, wenn Sie noch keines haben. Am besten Kurzarm. Für Damen eignet sich eine Art Boa aus Kunstblumen. Keine Sorge, wenn Sie keine erwerben können: Eifrige Besucherinnen können diese auch an den tropisch geschmückten Barständen und an den Hälsen angeheiterter Besucher ergattern. Mit diesen modischen Hinguckern katapultieren Sie sich mit Bestimmtheit in die Liga der Barstreet-Kenner.
3. Obacht beim Gefährt
Vermessen Sie Ihren Heckspoiler. Obwohl Sie als Besucher mit einem getunten Auto zweifellos der Mehrheit angehören, müssen Sie bei Ihrer Fahrt nach Bern unbekannte urbane Bodenerschwernisse bedenken. Nein, nicht die Poller – die sind unübersehbar, hingegen Bremsschwellen könnten Ihnen ein beachtliches Loch in Karosserie und Portemonnaie reissen. Verständlicherweise ist die An- und Heimreise mit dem Auto unabdingbar – aus Gründen der schlechten ÖV-Verbindungen aus dem Heimatdorf. Falls Sie trotz Postautokadenz im Stundenintervall aus Altersgründen noch über keinen Führerschein verfügen, fahren Sie mit einem Ihrer älteren Freunde mit, einem, der schon wählen gehen darf.
4. Rüsten Sie sich
Eine rechtzeitige und proviantreiche Anreise empfiehlt sich. Ersteres, weil selbst mit einem Vorverkaufsticket keine Garantie auf Einlass mehr bestehe, heisst es vonseiten der Veranstalter. Ausverkauft heisst, keiner geht mehr rein – auch wenn Sie über eine Eintrittskarte verfügen. Und Letzteres, weil sich ein gelungener Abend vorzugsweise mit einem angepassten Blutalkoholspiegel beginnen lässt. Glühen Sie also vor! Vorzugsweise mit selbst gemischten Whisky-Colas aus PET-Flaschen. Relation: 1:1.
5. Identifizieren Sie sich
Vergessen Sie den gültigen Ausweis nicht. Denn ungeachtet dessen, wie ergraut Ihr Haupt bereits ist – hinter jedem könnte sich ein dreister Teenager verstecken, zumindest wenn es nach der Weitsichtigkeit der Türsteher geht.
6. Seien Sie ganz Ohr
Kaufen Sie sich die letzte CD von Alex dem Skihüttenkönig. Wer die Kassenschlager von Anton aus Tirol und Konsorten nicht in petto hat, sieht beim Barstreet ganz schön alt aus.
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