Plötzlich sitzen Sparer auf Verliereraktien

Luxusgüter haben es schwer: Uhrenmessestand der Firma Cartier, die im Besitz des Richemont-Konzerns ist. Foto: Keystone
Ich habe mein Depot bei einer Privatbank und je 150’000 Franken in die beiden Produkte 10.30% ZKB Barrier Reverse Convertible on worst of ABB / Schindler PS / Richemont und Barrier Reverse Convertible auf Nestlé / Novartis / Roche GS von Bank Julius Bär investiert. Was passiert damit im Falle eines Konkurses? V.W.
Das Konkursrisiko ist bei Ihrem Investment nicht das Problem. Zwar tragen Sie bei strukturierten Produkten, zu denen auch die Barrier Reverse Convertibles zählen, die Ihnen Ihre Privatbank verkauft hat, ein Emittentenrisiko. Das bedeutet, dass Sie Ihr Geld bei einem Konkurs des Herausgebers verlieren würden, wie das während der letzten Finanzkrise bei Lehman Brothers passierte.
Beim ersten Produkt ist die ZKB die Herausgeberin. Diese gehört weltweit zu den sichersten Banken und verfügt über eine uneingeschränkte Staatsgarantie des Kantons Zürich. Beim zweiten Produkt ist Julius Bär Emittentin. Sie ist zwar nicht so sicher wie die ZKB, verfügt aber dennoch über ein recht gutes A2-Langfrist-Rating von Moody’s.
Das Problem bei Ihren Finanzprodukten liegt anderswo: Sie bekommen auf beiden Barrier Reverse Convertibles mit 10,3 Prozent und 8,35 Prozent einen ausgezeichneten Zins pro Jahr. Wegen der Corona-Krise und den Börseneinbrüchen haben Aktien, die in Ihren Instrumenten enthalten sind, aber die Barriere von 75 Prozent und 80 Prozent unterschritten.
Wahrscheinlich hatte man Ihnen damals beim Kauf erklärt, dass die Chance, dass die in diesen strukturierten Produkten enthaltenen Aktien ein Viertel oder ein Fünftel einbrechen, gering ist. Doch genau das ist passiert.
Plötzlich sitzen Sie auf hohen Aktienpositionen und tragen ein erhebliches Klumpenrisiko.
Beim ersten Instrument hat der Luxusgüterkonzern Richemont die Barriere massiv und beim zweiten Instrument die Aktie von Novartis die Barriere leicht unterschritten. Das hat zur Konsequenz, dass Sie am 17. Juni 2020, wenn das erste Produkt ausläuft, statt die investierten 150’000 Franken Aktien im gleichen Gegenwert von Richemont ausgeliefert bekommen. Und am 28. September 2020, wenn das zweite Instrument ausläuft, erhalten Sie statt des Cash-Betrags Aktien von Novartis im Gegenwert.
Damit sitzen Sie plötzlich auf hohen Aktienpositionen und tragen ein erhebliches Klumpenrisiko. Natürlich können Sie die Aktien dann gleich verkaufen, doch dann realisieren Sie den Verlust.
Aus meiner Sicht ist es problematisch, dass man Ihnen für den hohen Betrag von 300’000 Franken diese Barrier-Reverse-Convertibles-Instrumente verkauft hat. Leider geht es derzeit vielen anderen Privatanlegern gleich, die sich von den Traumzinsen auf den Barrier Reverse Convertibles-Produkten blenden liessen und nun eine böse Überraschung erleben, weil sie die mit diesen Instrumenten vorhandenen erhöhten Risiken deutlich unterschätzt hatten.

Dürfte sich nach dem Crash weiter erholen: Der Aktienkurs von Novartis. Foto: Keystone
Das Positive ist, dass Ihr Geld nicht einfach verloren ist. Ich schätze die Erholungschancen bei den Aktien von Novartis und Richemont, die Sie ausgeliefert bekommen, als intakt ein. Novartis hat sich bereits seit dem Crash im März gut erholt und dürfte sich weiter erholen. Bei Richemont müssen Sie allerdings deutlich länger Geduld haben. Wegen der weltweiten Rezession haben sich die Geschäftsperspektiven des Luxusgüterherstellers deutlich verschlechtert. Eine Kurserholung wird erst realistisch, wenn wir die globale Rezession, in die wir aktuell gleiten, später überwunden haben und die Nachfrage nach Luxusgütern wieder anzieht.
Barrier-Reverse-Convertibles-Instrumente sind wegen der ansprechenden Zinsen im aktuellen Tiefzinsumfeld bei vielen Privatinvestoren sehr beliebt und in vielen Depots vertreten. Leider habe ich aufgrund vieler Leserreaktionen den Eindruck, dass die Sparer und Anleger von den involvierten Banken, die ihnen diese strukturierten Produkte in guten Zeiten verkauft hatten, nicht genügend über die tatsächlichen Gefahren aufgeklärt wurden.
Auch künftig rate ich, dass man bei einem Kauf von Barrier-Reverse-Convertibles-Produkten nicht nur auf den Zins schauen, sondern sich bewusst sein sollte, dass man die mit dem Instrument verbundenen Aktien im schlimmsten Fall ausgeliefert bekommt. Darum eignen sich die strukturierten Produkte nur für Anleger, die auch über die Risikofähigkeit verfügen, wie man sie für das Halten von Aktien voraussetzt.
12 Kommentare zu «Plötzlich sitzen Sparer auf Verliereraktien»
Wenn die Gier in den Köpfen der Anleger spuckt, gibt es kein Halten mehr.
Denn eines MUSS jedem Idioten klar sein. Die Banken beschweren sich über die Null- und Minus-Zinsen der Zentralbanken. Gleichzeitig versprechen sie 5%, 8%, 10% auf BRCs? Wie können Sie solche Traumrenditen erzielen? Niemand bezahlt ihnen mehr als 2 oder 3 % Zins auf normalen Krediten.
Die Banken rechnen ganz einfach damit, dass sie in 50% aller Fälle im Preis stark gefallene Aktien in die Depots ihrer Kunden legen können. So erzielen sie ihren Gewinn. Und wenn der Emittent im Ausland sitzt, spekuliert der vielleicht noch mit dem Geld. Denn wenn er es verliert, ist ja bloss der kleine Ableger in Luxemburg Konkurs.
Nur gierige Idioten kaufen BRCs.
Es sind keine Kredite, sondern Absicherungsgeschäfte, die eine Bank – optimalerweise – zwischen zwei Parteien vermittelt, indem zwei Papiere an (Termin)Börsen emittiert werden. Der %-Betrag richtet sich partiell am aktuellen Zinsgefüge aus, hängt aber auch von der aktuellen Börsenvolatilität ab.
Die Bank rechnet nicht mit Ihrem Szenario. Die Bank macht ihr Geschäft – optimalerweise – völlig risikolos mit dem Vermittlungsgeschäft, indem sie Provision nimmt. Das Buch des SVPS erklärt das… „Die Welt der strukturierten Produkte“ https://amzn.to/2B835Kz . Ich will ja nicht Werbung für strukturierte Produkte machen. Punkt 1: diese Produkte werden Leute untergeschoben, die das Kleingedruckte nicht verstehen, Punkt 2: Einige Depotbanken, gieren noch immer nach Retrozessionen.
Die Finanzindustrie hat mit den BRCs ein Produkt gefunden, mit denen man den naiven, gutgläubigen Kleinanlegern das Geld aus der Tasche ziehen kann. Und die Bankberater haben schön brav mitgemacht und das Vertrauen der Kleinanleger missbraucht.
Es läuft immer nach diesem Muster ab, auch das nächste Mal. Wer nicht selber nachdenkt, für den wird gedacht. Aber nicht zu seinem Vorteil.
Den wenigstens Kunden dürfte bewusst sein, das sie im Grunde genommen Versicherung spielen. Sie sichern die betreffenden Aktien gegen zu stärken Kursverfall an. Der vermeintliche Zins ist die Versicherungsprämie. Und je höher diese ist, desto riskanter das Investment. Obwohl ich in der Finanzbranche arbeite und mich sehr gut auskenne lasse ich die Finger von solchen Produkten. Die Auswahl von Aktien, Barrieren und Zinssatz sind intransparent. Man darf davon ausgehen, dass die Konstrukteure dieser Instrumente eher den eigenen Vorteil im Sinn haben als den der Kunden. Und ich kenne niemanden, der als Kunde mit solchen Produkten reich geworden wäre. Finger weg!
Prinzipiell sollte der Markt spielen, weil wir ja nicht nur einen Emittenten haben… Aber effektiv: Warum denn kein Produkt mit Barrieren bei 100% oder 110%? Und Prämien von 15%? In Deutschland wird sowas für z.B. SAP emittiert. Teilweise von Tochtergesellschaften unserer Banken. Das ist fair: ich erhalte Aktien fast auf sicher und eine richtig gute Prämie. Aber nein. Was wir hier in der Schweiz haben, ist einfach nur Wischi-Waschi. Ein mieser Mittelweg mit Roulette-Charakter. Dann lieber die Aktien direkt kaufen.
Das ist eine put Prämie, gegen Zahlung der Put Options Prämie erhält der Schuldner resp Emittent das Recht bei Eintritt der Barriere seine Schuld unter pari durch Lieferung der Titel zu tilgen.
Folglich reines Wettgeschäft, muss jeder selber wissen ob er mit seinem Sparstrumpf gerne wettet.
Der Emittent hat meistens noch ein Kündigungsrecht um rechtzeitig aus diesem teuren Schuldtitel wieder auszusteigen sodass für den Investor die Freude über den hohen Zins nur kurz währt.
Wer bei ’strukturierten Produkten‘ Beratung benötigt, weil er sie nicht versteht, sollte einfach mal die Finger davon lassen. Das Gleiche gilt für einfachere Papiere wie Aktien und ETFs. Wer sich nicht in die Materie einarbeiten will, kann doch einfach weiter ‚dummsparen‘ und 0.05% Zins cashen, wenn überhaupt….
@Herr Spieler, ich frage mich ehrlich, wie bekloppt sind diese Anleger, das sie ein Risiko eingehen, was sie nicht verstehen wollen oder können? Ich gehe doch auch nicht bei Rot über einen Fussgängerüberweg auf einer dichtbefahrenden Kreuzung. Und wenn sie den Eindruck haben, das die Kunden nicht richtig aufgeklärt worden sind, dann, verdammt nochmal, geht klagen. Es ist die Aufgabe des Beraters den Kunden umfänglich aufzuklären. Dafür gibts heute, anderst als noch in der Finanzkrise, rechtliche Grundlagen. Aber wenn ich michals Anleger mehr damit beschäftige, den Metzger zu fragen, ob Kuh x oder y nicht nur artgerecht sondern auch noch liebevoll, täglich gestreichelt und mit wem über die Weide gehoppelt ist, dann habe ich dafür wenig Verständnis. Selber schuld, aus Schaden wird man klug.
Auf die eigentliche Fragestellung ist weder Herr Spielmann noch noch jemand in den 7 Blogbeiträgen eingegangen.
Die wäre gewesen: Was passiert damit im Falle eines Konkurses?
Somit erübrigen sich auch all die Antworten, welche dem Fragesteller Unwissenheit unterstellen.
Herr P. Kellenberger ich empfehle ihnen zuerst lesen, dann verstehen und danach schreiben. Im ersten Absatz steht folgender Satz: Das bedeutet, dass Sie Ihr Geld bei einem Konkurs des Herausgebers verlieren würden, wie das während der letzten Finanzkrise bei Lehman Brothers passierte.
??
Nicht „bekloppt“, das ist Erfahrungswissen. Möglich, dass es sich vorab googeln liesse. Könnte eine Steuerberatung vorab schuetzen? Typischer Fall für Vorteile von Barem. Letztendlich sind derartige Empfehlungen bei einer derart renommierten Bank extrem „,schwach“. Besonders über So Höhe Beträge.