Wann sich amortisieren lohnt

Spielraum versus Sicherheit: Wer nicht verkaufen will, sollte die rekordtiefen Hypothekarsätze anbinden. Foto: Keystone
Unsere Hypothek über 200’000 Franken wird in zwei Jahren fällig. Nun werden Neuhypotheken für Pensionierte offenbar mit höheren Ansätzen gerechnet. Ich bin pensioniert, und meine Frau lässt sich in zwei Jahren pensionieren. Wie sieht das steuertechnisch aus? Macht es eher mehr Sinn, so viel wie möglich oder alles abzulösen oder nur einen Teil zu amortisieren? Was für eine Laufdauer macht Sinn? N.F.
Ob die Bank die bisherige Hypothek verlängert, hängt von der Tragbarkeit ab. Bei der Berechnung der Tragbarkeit gehen die Institute allerdings nicht von den aktuell geltenden rekordtiefen Hypothekarsätzen aus, sondern von deutlich höheren Zinsen.
Sie müssen einen theoretischen Zins von rund fünf Prozent einsetzen sowie ein zusätzliches Prozent für Nebenkosten. Für Ihre Hypothek von 200’000 Franken müssen Sie somit von theoretischen Kosten von 12’000 Franken pro Jahr ausgehen. Wenn Sie aktuell einen Hypozins von einem Prozent haben, wäre das somit sechsmal mehr.
Anhand dieser Zahl können Sie auf der Basis Ihrer Renteneinkommen von Pensionskasse und AHV rasch sehen, wie stark eine künftige Hypothek Ihr Budget belastet und wie viel finanziellen Spielraum Sie noch hätten, falls die Hypozinsen später einmal tatsächlich wieder deutlich ansteigen würden.
Ein rascher Zinsanstieg wurde wegen der Corona-Krise und der weltweiten Rezession für einige Zeit unwahrscheinlich.
Die Banken setzen bei der Berechnung der Tragbarkeit deutlich höhere Sätze ein, damit es später nicht zu Zahlungsausfällen kommt, wenn die Zinsen wieder in die Höhe klettern. Allerdings werden die Zinsen wohl noch lange weiter auf dem historisch tiefen Niveau verharren. Ein rascher Zinsanstieg wurde wegen der Corona-Krise und der weltweiten Rezession für einige Zeit unwahrscheinlich.
Ob für Sie eine Teilamortisation der Hypothek Sinn macht, hängt nicht nur von der Tragbarkeit ab, sondern auch von Ihrem persönlichen finanziellen Spielraum. Wenn Sie die Hypothek ganz oder teilweise amortisieren, sparen Sie sich die Zinsen für die Bank. Sie haben also etwas mehr Freiraum im Budget.
Wahrscheinlich haben Sie bereits ein Budget mit den wichtigen Ausgaben erstellt. Damit können Sie abschätzen, wie stark Sie eine neue Hypothek belastet, und können das auch im Gespräch mit der Bank nutzen. Falls Sie noch andere Geschäfte bei der gleichen Bank tätigen, ist die Chance gross, dass Sie – eine gute Tragbarkeit vorausgesetzt – attraktivere Konditionen bekommen.
Den Steuereffekt würde ich nicht zu stark gewichten, da er bei den aktuell tiefen Zinsen, die Sie abziehen könnten, ohnehin nicht sehr viel ausmacht. Allerdings müssten Sie sich bewusst sein, dass, wenn Sie die Hypothek ganz amortisieren, es wohl schwierig würde, später doch wieder eine neue Hypothek aufzunehmen. Sie müssen sich also überlegen, ob Sie auch nach einer allfälligen Amortisation noch genügend finanzielle Reserven für unerwartete und nicht budgetierte Kosten für sich oder im Falle einer notwendigen Renovation oder für andere grössere Anschaffungen oder für Reisen auf der Seite haben.
Falls Sie nicht sehr hohe liquide Mittel haben, würde ich die Hypothek im bisherigen Umfang behalten oder aber nur eine Teilamortisation vornehmen, damit Sie auch im Alter jederzeit über die eigentliche Rente hinaus genügend finanziellen Spielraum haben. Eine Teilamortisation kann ein Kompromiss sein.
Wenn Sie sicher sind, dass Sie Ihr Haus auf keinen Fall verkaufen, sondern langfristig behalten möchten, würde ich die extrem tiefen Zinsen langfristig anbinden. Sie können derzeit zu sehr günstigen Konditionen eine zehnjährige Festhypothek abschliessen.
In dieser Zeit ist dann allerdings eine Amortisation nicht möglich. Dafür haben Sie finanzielle Sicherheit und können auf die nächsten zehn Jahre hinaus die absehbaren Hauskosten verlässlich budgetieren, was gerade im Alter wichtig ist.
5 Kommentare zu «Wann sich amortisieren lohnt»
Warum sich die Banken nicht gegen diese beamtenhaften FINMA-Vorschriften wehren ist mir ein Rätsel. Dieses Ehepaar hat 200′ Hypothek, das gibt eine monatliche Belastung von ca 200 Franken. Zins fest für zehn Jahre. Warum braucht er ein Einkommen das einen fiktiven Zins decken soll? Er hat eine sehr tiefe Belastung.
Zudem wird das Aktivum nicht berücksichtigt, die Hütte ist eine Million und mit 20% belehnt, das ist mehr als gedeckt.
Es geht wohl nicht so sehr darum, ob dieses Paar im Beispiel das bezahlen kann. Sondern, vor allem in weniger günstigen Fällen, darum, Leute zu irgendwelchen Aktivitäten zu verleiten, an die Banken ordentlich verdienen. Bis hin zum Verkauf der Liegenschaft, weil sie angeblich nicht mehr tragbar, unnötig gross oder aus anderen Gründen ungeeignet sei. So kommt die eine oder andere Transaktion zustande, an der sich viel mehr verdienen lässt als an einer Festhypothek.
Die Vorgaben kommen nicht von der FINMA, sondern der SBV.
Wenn man die 200k braucht, um etwas flüssig zu sein, dann Hypothek behalten, andernfalls zurückzahlen.
Wer die 200k-Hypothek nicht zurückzahlt, kann sich mit dem Geld auch einen SPI- oder World-ETF kaufen und mit den Dividenden die Hypothekarzinsen zahlen. Die 200k nur auf dem Bankkonto zu parkieren, macht jedoch keinen Sinn.
Wir haben unsere Hypothek in drei Tranchen bei der Bank belehnt. Ein Drittel fix auf 20 Jahre zu ca. 1.6%. Die anderen beiden sind Libor bzw. Saron zu aktuell 0.675%. Wir sind bei der Bank gebunden, das sind wir uns bewusst – bei allen Vor- und Nachteilen.
Was aber interessant ist – unsere Bank berechnet bei der Tragbarkeit den Drittel Fixhypothek nicht mit der 5+1%-Regel (also 6%), sondern nur die eingangs erwähnten 1.6%.
Defacto (bei einer Gesamthypothek von kCHF 480) müssten wir also hochgerechnet max. statt CHF 28’800.- „nur“ CHF 21’760.- tragen. Das sind doch CHF 7’040.- weniger p.a.
Falls also die Variante Hypotheken-Split ggf. in Frage kommt, lohnt es sich, das Kreditinstitut anzusprechen – sie lassen im Moment noch so gerne die Hosen runter … 😉