Von hohen Zinsen geblendet

Wer auf «Barrier Reverse Convertible»-Instrumente gesetzt hat, sitzt nun auf hohen Buchverlusten – und erhält gefallene Aktien statt Cash.

Crash-Risiko: In der Corona-Krise brachen selbst Qualitätsaktien wie Novartis ein. Foto: Keystone

Meine Bank hat mir vor einem halben Jahr für 400’000 Franken ein Strucki aufgeschwatzt, 5,3% Barrier Reverse Conv Vontobel on NESN/NOVN/ROG, das läuft am 17. Juli ab und bis dann bekomme ich wohl nur noch ein paar schlappe Novartis-Aktien statt des Cashs zurück. Ich hatte null Ahnung, was ein Strucki überhaupt ist, und blind meinem langjährigen Bankberater vertraut. S.F.

So wie Ihnen geht es derzeit manchen Kleinanlegern: Mit intensiven Werbekampagnen hatten die Banken – so etwa auch Postfinance – viele Sparer in strukturierte Produkte gelockt, die hohe Zinsen versprachen.

«Barrier Reverse Convertible»-Instrumente, wie Sie eines im Depot haben, zeichnen sich im aktuellen Tiefzinsumfeld durch sehr attraktive Zinsen aus, die auch tatsächlich ausbezahlt werden. Der Haken daran ist, dass die Produkte an die Entwicklung von anderen Wertschriften oder Märkten gekoppelt sind. Solange es wie in den vergangenen über zehn Jahren während der Hausse an den Börsen mehrheitlich nach oben ging, war das wunderbar. Man bekam scheinbar ohne grosse Risiken viel Zins – so viel Zins wie sonst fast nirgendwo.

Bei den Novartis-Aktien sehe ich auf lange Sicht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie sich wieder erholen.

Immerhin wurde in den Produktbeschreibungen darauf hingewiesen, dass wenn eine der Aktien oder der Indices, die an das Instrument gekoppelt sind, 30 oder 40 Prozent taucht, man statt des investierten Gelds Aktien ausgeliefert bekommt – und zwar ausgerechnet jene Aktie, die am schlechtesten gelaufen ist. In Ihrem Fall ist das Novartis.

Während der Hausse konnten sich die wenigstens vorstellen, dass selbst eine Qualitätsaktie wie Novartis mehr als 20 oder 30 Prozent einbrechen könnte. Das ist ein Irrtum, wie jeder Crash zeigt. Viele hatten in den guten Zeiten nur noch den hohen Zins vor Augen, zumal dieser garantiert war. Die beträchtlichen Anlagerisiken wurden indes ausgeblendet.

Natürlich war es ein Fehler, dass Sie nur auf die Bankempfehlung vertrauten und sich nicht selbst über die Vor- und Nachteile des Produktes informierten. Aus meiner Sicht sollte man in Finanzinstrumente, die man selbst nicht versteht, generell nicht investieren. Man muss nicht alle mathematischen Details kennen, aber man muss den Mechanismus verstehen und wissen, was im negativen Fall passiert, und einschätzen können, wie realistisch das Negativszenario eintreffen kann.

Einen eigentlichen Skandal finde ich in Ihrem Fall, dass Ihnen die Bank ein einzelnes strukturiertes Produkt für 400’000 Franken verkauft hat. Damit sind Sie ein gewaltiges Klumpenrisiko eingegangen. Da Sie bei solchen Instrumenten neben dem eigentlichen Anlagerisiko auch ein Emittentenrisiko eingehen, hätten Sie im schlimmsten Fall auch Ihr ganzes Geld verlieren können. Während der Finanzkrise hatten bei der Pleite der Grossbank Lehman Brothers deswegen etliche Anleger auch in der Schweiz viel Geld verloren.

Bei Ihnen ist es weit harmloser, da Sie im Juli einfach die Novartis-Aktien ausgeliefert erhalten. Bei diesen sehe ich auf lange Sicht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie sich wieder erholen. Dennoch tragen Sie auch damit ein Klumpenrisiko, das Sie möglichst vermeiden sollten.

Daher rate ich Ihnen, nach einer (Teil-)Erholung der Novartis-Aktien unbedingt eine breite Diversifikation nach Anlageklassen und Titeln vorzunehmen.

6 Kommentare zu «Von hohen Zinsen geblendet»

  • Rolf Rothacher sagt:

    Zuerst einmal weiss Martin Spieler nicht, wie viel Geld der „Fragende“ besitzt. Vielleicht sind es 100 Millionen und deshalb 400’000 kein echtes Klumpenrisiko, sondern Peanuts. Und es war die Gier des Anlegers, der ihn diese 5,3% – Wette annehmen liess.
    Genauso wie Barrier-Reverse-Convertibles sind auch ETFs einzig dazu da, damit Banken bequemabkassieren können. Denn bei jeder Anlage/bei jedem Abzug von Geld weiss die Bank, wie viele Titel sie wann kaufen/verkaufen muss, kann im Voraus zu ihren Gunsten handeln. Und wenn ein Index angepasst wird, können alle Banken bequem von den ETF-lern zweifach abkassieren.
    Es gibt kein Recht auf Blödheit und kein Recht auf Naivität. Früher wurde man vom Bären gefressen. Heute wird die Brieftasche belastet.

    • Panja Flöte sagt:

      Der Angriff auf ETFs musste ja von Ihnen mal wieder kommen. Seltsam, dass Sie die aktiven Fonds mit ihren hohen TERs gar nicht erwähnen. Ihre Behauptungen zu den ETFs sind übrigens falsch, aber das muss ich Ihnen ja nicht erklähren.

  • Martin sagt:

    Inakzeptabler Blog-Beitrag. Mit 400 kCHF ist das kein „Kleinanleger“. Er hat den hohen Zins abgeräumt solange es gut lief und nun jammert der Herr und will Unterstützung oder gegen die Bank klagen.

    Somit können nun alle ein hanebüchenes Risiko eingehen, wenns schief geht klagt man einfach oder wird noch alimentiert.

    Exakt von solchen Leuten wird man ausgelacht, wenn man auf höhere Risiken bei „interessanten“ Anlagen hinweist. Wie hiess noch diese Phantasten-Bank in Island?

  • Hans-Günter sagt:

    wenn der Anleger angeblich keine Ahnung von Strukis hat, warum hat er sie denn dann gekauft? Ist ja betragsmässig keine kleine Hausnummer. In den heutigen Zeiten dürfte es nicht so einfach sein, das sein Berater ihn einfach soooo überzeugt hat ohne ihn ausführlich aufzuklären. Das stinkt gewaltig und das sie sich einfach so des Themas mit einer Verbalattacke „der eigentliche Skandal“ dann entledigen, finde ich persönlich sehr stossend. Es ist keinem Anleger damit geholfen, das Schwarze Schafe aus der Bank mit Schwarzen Schafen der Kundschaft sich darüber streiten, wer denn das grösste Schwarze Schaf ist.

  • Panja Flöte sagt:

    Wer 400k in Strukis steckt, die er null versteht, ist entweder naiv oder leichtsinnig. Gibt es überhaupt langjährige persönliche Berater, die ihren Kunden solchen Unsinn aufschwatzen? Junior-Berater begehen vielleicht diesen Fehler, nicht aber Senior-Berater, denn diese haben längst begriffen, dass zufriedene Kunden mehr Geld bringen als betrogene.

  • Anh Toàn sagt:

    „Daher rate ich Ihnen, nach einer (Teil-)Erholung der Novartis-Aktien unbedingt eine breite Diversifikation nach Anlageklassen und Titeln vorzunehmen.“

    Nein, nein, nein: Er darf nicht auf dem Klumpen Risiko sitzen bleiben, bis sich Novartis erholt hat: Er muss sofort diversifizieren: Er sitzt auch schon auf diesen Novartis, solange er die noch gar nicht hat, nur weiss, dass er die bekommen wird, er muss eigentlich Novartis jetzt schon shorten um auszugleichen, dass er so viele davon bekommen wird, die er nicht will.

    Ihr Satz, Herr Spieler, heisst eigentlich: Macht jetzt alles in Novartis, die werden sich erholen und dann könnt ihr diversifizieren.

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