So tief steckt die Gategroup im Corona-Sumpf

Die Umsätze des Branchenführers im Airline-Catering sind eingebrochen. Kann sich die Firma erholen? Das sagt unser Geldberater.

Die Gategroup beliefert Airlines weltweit mit Bordverpflegung: Hier gibts Nachschub für eine Swiss-Maschine, fotografiert im November 2017. Foto: Keystone

Ich habe vor drei Jahren für 25’000 Franken 3% Obligationen Gategroup Finance Luxembourg SA (Valor 35394539) gekauft, die im März bis 50 Prozent fielen und momentan bei circa 75 Prozent stehen. Wie schätzen Sie das Risiko ein, dass die chinesischen Eigentümer Pleite machen in Anbetracht der schwierigen Situation in der Luftfahrtindustrie? Soll ich bis zum Ende der Laufzeit am 28. Februar 2022 durchhalten? R.K.

Die Gategroup ist eigentlich ein erfolgreiches Unternehmen, das wir alle unter dem Brand Gate Gourmet als international tätigen Airline-Caterer kennen und als Flugpassagiere schätzen. Der Konzern ist im Bereich Airline-Catering Weltmarktführer und beliefert unzählige Airlines in über 30 Ländern weltweit.

Damit ist auch schon gesagt, warum der Kurs Ihrer Obligation richtiggehend abgestürzt ist: Weil viele Airlines einen Grossteil ihrer Flugzeuge im Zuge der Corona-Krise grounden mussten, sind auch die Umsätze von Gategroup dramatisch eingebrochen. Wenn deutlich weniger Leute fliegen, braucht es auch massiv weniger Bordverpflegung.

Immerhin macht die Tatsache Hoffnung, dass bald schon deutlich mehr Flugzeuge fliegen werden. Dennoch braucht es sehr lange, bis der Flugverkehr weltweit wieder das Volumen erreicht, das wir noch vor der Corona-Krise erlebten.

Das Unternehmen kann die Marktstellung allenfalls gar noch ausbauen, da nicht alle Konkurrenten die Krise überleben werden.

Dazu kommt, dass es künftig noch mehr Auflagen beim Fliegen gibt. Gesundheitsschutz wegen der Covid-19-Krankheit wird die Bordverpflegung erschweren. Somit ist klar, dass das Geschäft von Gategroup noch länger unter der Krise leiden wird. Da das Unternehmen aber eine starke Marktstellung hat, ist Gategroup in der Lage, überdurchschnittlich von einer späteren Erholung im Flugverkehr zu profitieren und kann allenfalls sogar die Marktstellung noch ausbauen, da nicht alle Konkurrenten die Krise überleben werden.

Über das operative Geschäft hinaus, das heftig unter der Corona-Krise leidet, rückt die Solidität der Grossaktionäre von Gategroup in den Vordergrund. Leider wechselte die Firma in den letzten zwanzig Jahren nach dem Niedergang der Swissair, zu der Gategroup gehörte, immer wieder mal den Besitzer, sodass es gar nicht so einfach ist, den Überblick über die Aktionäre zu behalten.

In Ihrer Frage sprechen Sie chinesische Eigentümer an, die Pleite machen könnten. Damit zielen Sie auf das chinesische Konglomerat HNA Group, welche einige Zeit Grossaktionärin von Gategroup war und aufgrund einer riskanten und wilden Akquisitionsstrategie finanziell in Turbulenzen geriet.

Nachdem eine geplante Rückkehr von Gategroup an die Börse gescheitert war, verkaufte HNA seine Schweizer Tochter an die asiatische Investmentgesellschaft RRJ Capital. Diese verwaltet von Hongkong und Singapur aus Vermögen von rund 11 Milliarden Dollar. Wie solide diese nach den Corona-Turbulenzen dasteht, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen.

In den aktuell unsicheren Corona-Zeiten kann man allerdings nichts ausschliessen.

Sicherheit verspricht aber der zweite Grossaktionär: Der Staatsfonds Temasek von Singapur, der neben der RRJ Capital 50 Prozent an Gategroup hält. Temasek ist weltweit einer der erfolgreichsten und kapitalstärksten Staatsfonds. Vor diesem Hintergrund rechne ich nicht damit, dass Gategroup die liquiden Mittel ausgehen und dass das Unternehmen – wie Sie befürchten – Pleite machen könnte. In den aktuell unsicheren Corona-Zeiten kann man allerdings nichts ausschliessen, vor allem dann, wenn es zu einer zweiten oder dritten Corona-Ansteckungswelle weltweit käme und der Flugverkehr wieder darniederliegen würde.

Dennoch stufe ich die Chance, dass sich Gategroup und damit auch Ihre Obligationen zumindest teilweise weiter erholen können, als intakt ein. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass die Gategroup-Anleihe weiter sehr riskant bleibt. Erst kürzlich hatte die internationale Ratingagentur Moody’s Gategroup von B1 auf nur noch B3 mit einem negativen Ausblick zurückgestuft. Dies bedeutet, dass es sich um eine hochspekulative Anlage handelt und bei einer weiteren Verschlechterung der Lage Ausfälle wahrscheinlich sind.

Sie müssen sich somit überlegen, ob Sie dieses klar erhöhte Risiko tragen können und wollen. Wenn das der Fall ist, haben Sie aus meiner Sicht durchaus eine Chance – aber leider definitiv keine Garantie – dass sich Ihre Anleihe noch mehr erholen wird und Sie wenigstens einen Grossteil Ihres Investments am Ende der Laufzeit wiedersehen.

Ein Kommentar zu «So tief steckt die Gategroup im Corona-Sumpf»

  • Moser Peter sagt:

    Herr Martin Spieler schreibt: «Vor diesem Hintergrund rechne ich nicht damit, dass Gategroup die liquiden Mittel ausgehen und dass das Unternehmen – wie Sie befürchten – Pleite machen könnte.»
    Gemäss Prognosen soll die Anzahl der First-Class- beziehungsweise Business-Reisenden mit der Möglichkeit von sog. Videokonferenzen sinken.
    Ob der sog. Massentourismus Gewinn erzielt, bezweifle ich.

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