So sollte die 2. Säule reformiert werden

Hauptsache vorsorgen: Unabhängig von der Reformdiskussion sollten Erwerbstätige fürs Alter sparen. Foto: iStock
Mich beschäftigt die Reform der Pensionskasse. Ein Kern der Sanierungsmassnahmen ist die Anpassung der Lohnabzüge für Pensionskassen: Bei über 35-Jährigen sollen diese im Vergleich zu heute gesenkt und dafür in der Kategorie der 25- bis 34-Jährigen von 7 auf 9 Prozent erhöht werden. Wenn die Reform in Kraft tritt, werde ich etwa 36 Jahre alt sein und wohl weniger Pensionskassenkapital anhäufen können als Personen mit anderen Jahrgängen. Verschärft das die Situation in der Altersvorsorge für Junge nicht zusätzlich? Müsste es für diese Art von Übergangsjahrgängen nicht ebenfalls eine Entschädigung geben? Was halten Sie von der Abflachung der Progression bei Beitragssätzen der PK, so, wie sie in der Reform geplant ist? E.L.
Schon jetzt subventionieren die Jungen die Altersvorsorge. Denn ein Teil der Renditen, die auf den Pensionskassengeldern erwirtschaftet werden, müssen von den Vorsorgeinstitutionen seit Jahren genutzt werden, um die laufenden Renten der bereits Pensionierten zu finanzieren.
Obwohl es angesichts der rekordtiefen Zinsen in den letzten Jahren für die Kassen ohnehin schon schwierig war, eine ansprechende Rendite zu erwirtschaften, profitieren die heute Erwerbstätigen nicht von den vollen Renditen. Die Kassen sind aufgrund des faktisch zu hohen Umwandlungssatzes im obligatorischen Bereich gezwungen, gemessen am angesparten Geld und der hohen Lebenserwartung zu hohe Renten auszuzahlen.
Die Quersubventionierung der Jungen zugunsten der Alten zeigt, dass es dringend notwendig ist, dass die Schweizer Altersvorsorge und insbesondere die 2. Säule reformiert werden. Mit der Corona-Krise und der Rezession dürfte eine Reform politisch noch schwieriger umsetzbar sein. Die Wege zu einer Reform sind politisch hochumstritten – so auch der Kompromiss zwischen den Sozialpartnern Arbeitgeberverband und den zwei Gewerkschaftsverbänden, während der Gewerbeverband Ablehnung signalisiert hat.
Ältere Erwerbstätige sollen in den ersten fünfzehn Jahren nach Inkrafttreten der Reform in den Genuss eines solidarisch durch höhere Beiträge finanzierten Rentenzuschlags kommen, da sie die im Zuge einer Senkung des Umwandlungssatzes sinkenden Renten nicht mehr ausgleichen können, weil ihnen schlicht die dafür nötigen Jahre fehlen.
Schon heute haben wir jedes Jahr eine Umverteilung von rund 7 Milliarden Franken von den Jungen an die Alten.
Die Frage ist, wo die Grenze gezogen werden soll zwischen denjenigen, die vom Rentenzuschlag profitieren, und denen, die nichts zusätzlich bekommen. Sie würden aufgrund Ihres Alters leer ausgehen.
Aus meiner Sicht ist dieses Dilemma kaum lösbar. Politische Kompromisse sind nie wirklich gerecht. Würde man die Grenzen weiter nach hinten verschieben, wären einfach die noch Jüngeren benachteiligt, und die faktische Umverteilung des Geldes von den Erwerbstätigen an die Pensionierten würde noch ein grösseres Ausmass annehmen, was nicht sinnvoll ist. Schon heute haben wir jedes Jahr eine Umverteilung von rund 7 Milliarden Franken von den Jungen an die Alten. Die künftige Umverteilung würde zwar abnehmen, aber würde immer noch weit über eine Milliarde Franken ausmachen.
Wenn Sie für sich und die jüngeren Jahrgänge auch einen Rentenzuschlag fordern, was ich nachvollziehen kann, führt das wieder zu einer höheren Umverteilung. Doch genau eine solche ist in der 2. Säule, anders als in der AHV, nicht vorgesehen. In der Pensionskasse spart eigentlich jeder für sich. Wir ändern also das System und machen die Situation für die Zukunft wohl noch schlechter, als es heute ist.
Ähnlich verhält es sich mit der ebenfalls von Ihnen angesprochenen möglichen Abflachung der Progression bei den Beitragssätzen der Pensionskassen. Heute ist es so, dass ab 55 der Prozentsatz des Lohns, den man in die Pensionskasse zahlen muss, deutlich anzieht. Man liefert massiv mehr ab als in jungen Jahren.
Weil nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber für die Älteren deutlich mehr in die Kasse einzahlen müssen, trennen sich Firmen gerne von teuren älteren Mitarbeitenden, was in dieser direkten Form natürlich kein Unternehmen zugeben würde.
Aus meiner Sicht setzt die Progression bei den Beitragssätzen der Pensionskassen völlig falsche Anreize. Darum erachte ich es für richtig, wenn diese Beitragsprogression im Zuge einer Reform abgeflacht würde. Die verschiedenen Altersgruppen sollten wenigstens bei den PK-Beiträgen nicht ungleich behandelt werden.
Unabhängig von dieser politischen Debatte empfehle ich allen Erwerbstätigen, möglichst zusätzlich auf freiwilliger Basis fürs eigene Alter zu sparen. Mit oder ohne Reform: Die Renten werden sinken. Wegen der Corona-Krise sind auch die Deckungsgrade der Kassen zurückgekommen, und für die Vorsorgeinstitutionen ist es im turbulenten Marktumfeld besonders schwierig, ansprechende Renditen zu erwirtschaften.
Wenigstens teilweise kompensieren kann man das, indem man möglichst früh damit beginnt, selbst über die steuerbegünstigte Säule 3a zu sparen und dieses Geld mittels kostengünstigen Fonds oder App-Lösungen, die tiefe Pauschalgebühren garantieren, investiert, wie sie zum Beispiel die ZKB mit ihrem Produkt Frankly lanciert hat.
14 Kommentare zu «So sollte die 2. Säule reformiert werden»
Neben Frankly muss man natürlich auch VIAC fürs 3a-Sparen erwähnen. VIAC ist in der Schweiz Vorreiter für günstiges Fonds-Sparen, Frankly ist die Kopie.
Ansonsten sehr guter Beitrag von Martin Spieler.
Werde auch nie begreifen, dass die Lohndifferenz zwischen Jungen und Alten so gross sein muss.
Zumal in Wirklichkeit halt viele Junge produktiver sind wie die Alten.
Die Jungen könnten dann schon in frühen Jahren mit einem eigenen Sparplan für ihre Altersvorsorge anfangen.
Die meisten Beiträge hier im Geldblog handeln von Alten die nicht mehr wissen wohin mit ihrem vielen Cash.
Ein völliger Humbug.
Anlegen soll man so früh wie möglich und nicht erst dann wenn man am Stock geht.
Das die Jungen generell produktiver sind ist schon länger widerlegt. Lesen Sie mal die neueste Literatur zu diesem Thema.
1. Auch hier wird leider von jungen und alten Erwerbstätigen geredet. Das stimmt so nicht, viel mehr geht es um Personen mit wenig oder viel überobligatorischem Kapital. Die 7 Mia. werden heute vor allem von den ü45 mit hohem Alterskapital bezahlt, die um ihre Renditen betrogen werden. Von den wirklich jungen kann man wegen des meist noch geringen Alterskapitals kaum etwas holen.
2. Die PK sollten endlich zu effektiven Risikoprämien gezwungen werden. Bsp. 25j Lohn 70’000 -> Risiko bis 65j 40×70’000=2.8 Mio. Für einen 50j mit Lohn 120’000 ist das Risiko nur 15×120’000=1.8 Mio. Dies würde die älteren bevorzugen.
3. Die Sparbeiträge sollten nicht von Alter abhängig sein, so dass in jungen Jahren mehr gespart wird und so die Älteren auf dem Arbeitsmarkt nicht benachteilig werden.
Hinsichtlich der geänderten PK-Beiträge ist zu beachten, dass die Reform neben einer Veränderung der Altersgutschriftssätzen auch der Koordinationsabzug halbiert wird. Mit dieser zweiten Massnahme steigt der koordinierte Lohn, d.h. die Basis auf welche der Altersgutschriftssatz angewendet wird.
Es ist richtig, dass der Altersgutschriftsatz für 35-44-Jährige und 55-64-Jährige Arbeitnehmenden durch die Reform sinken werden. Durch die Halbierung des Koordinationsabzugs wird aber nur eine geringer Teil dieser Personen tatsächlich weniger in ihre PK einzahlen. Die grosse Mehrheit wird mehr Sparbeiträge zahlen (müssen). Die Befürchtung in der zu Beginn des Artikels zitierten Zuschrift ist in diesem Fall also unbegründet.
Halbierung Koord.Abzug führt zu einer Verteuerung der Arbeitskosten welche sich bei den Tiefverdienern besonders stark auswirkt. Inwiefern diese AN-Gruppe in der Nach-Corona-Zeit unter die Räder kommen wird wissen wir nicht. Im Moment sieht es so aus, dass diesmal auch die Binnenwirtschaft stark leiden wird. Nicht nur der Konsum sondern auch der Immob-Bereich und somit die Bauwirtschaft und dessen Zulieferer werden Kosten red. müssen.
In diesen Bereichen sind Tiefverdiener sehr häufig anzutreffen.
Zudem bedeutet mehr sparen natürlich auch weniger Konsum.
Im Moment sollte die Anh.Ref.Alter im Zentrum stehen. Zum Teil höhere Kosten, z.B ALV, werden die PK’s und die AHV nicht belasten und somit die Umvert. Jung zu Alt mindern.
Im Gegensatz zur 1.Säule kennt die ALV eine Schuldenbremse.
Die Revision BVG gem. BR/AG-Verb./Gewerk. ist eine sehr teure Angelegenheit. Ob diese in der Nach-Corona-Zeit tragbar ist, ist kaum denkbar. Die 0,5% Lohnabzüge welche via SIFO an die PK’s fliessen soll um im Giesskannenprinzip verteilt zu werden ist ein Vorgehen, welches bei AV2020 (Zuschlag 70.-) bereits nicht goutiert wurde und die damals sonst gute Reform zum scheitern brachte.
Bei jeder Reform der Altersvorsorge muss die Anhebung Ref.Alter (z.B. 65/66 F/M) im Vordergrund stehen. Wirkt sie sich doch auf beide Säulen positiv aus. Beim BVG würden die Rückst. für Pensionierungsverluste reduziert werden, welche bei Leistungsverlust älterer Versicherter (Saldo aus Red.AGS plus längere Sparzeit) zu einem (Teil)Ausgleich eingesetzt werden kann.
Eine generationengerechtere Vorgehensweise.
Ein schöner Teil der Nein-Stimmen bei AV2020 kam aber nicht von jenen, die die 70 Franken bekommen hätten, sondern von jenen, die die 70 Franken nicht bekommen hätten. Ausgerechnet von jenen, die auch keine Umwandlungssatz-Kürzung erlitten hätten.
Das Wichtigste wäre, das man Frühpensionierungen privatisiert. Sehr viele machen sich ab 58 dünn und zupfen Pensionskassengeld raus und lassen sich den Abgang von der Firma etwas versüssen.
Es müsste eine Regel geben: Vor dem Pensionierungsalter 0 Franken ausbezahlt ausser private Vorsorge natürlich.
Die Leute, die das Kapital aus der PK nehmen, sind nicht das Problem, sondern diejenigen, die sich eine Rente auszahlen lassen. Da die Lebenserwartung und der Umwandlungssatz offenbar zu hoch sind, müssen zu lange zu hohe Renten ausbezahlt werden.
Die PKs verlangen heute viel zu hohe Verwaltungsgebühren. In Zukunft sollten die PKs genossenschaftlich organisiert sein und wegkommen von der Selbstbedienungsmentalität.
„die Progression bei den Beitragssätzen der Pensionskassen …“
Diese Progression gibt es nicht bei den Beiträgen, die setzen sich nämlich zusammen aus einem Beitrag für die Altersgutschrift und den Kosten für die Risikoversicherung (Erwerbsunfähigkeit, Tod): Die Kosten der Risikoversicherung sind deutlich höher, wenn man jung ist (Rente müsste länger bezahlt werden).
Das schlimmste am zu Hohen Umwandlungssatz ist nicht die Umverteilung, sondern dass damit das Wahlrecht Rente oder Kapitalbezug, massivst komprimiert wird: Wer das Kapital bezieht aus einer BVG Obligatoriumsversicherung mit privilegiertem Umwandlungssatz, verschenkt 1/3 seines Geldes: Es war nicht die Idee, den Kapitalbezug zu bestrafen.
Hr. Anh Toan
Man bestraft nicht den Kapitalbezug. Man bevorzugt den Rentenbezug durch einen überhöhten UWS im Obligatorium und überträgt die zu hohen Rentenausschüttungen den Aktiven in der PK.
Allerdings machen die Versicherten, welche ganz oder zu einem hohen Anteil im Obligatorium vers. sind nicht mehr als 20% aus. Zus. muss erwähnt werden, dass die Versicherten in diesem Bereich eine tiefere Lebenserwartung aufweisen als die Durchschnittsbevölkerung. Der gesetzl.UWS von 6,8% ist deutlich zu hoch. Aber nicht in diesem Ausmass, wie häufig kommuniziert wird.
Bezgl. Reform kann gegenw. nicht mit der grossen Kelle angerührt werden. Die Anhebung der Ref.Alter (z.B. 65/66 F/M) muss nun im Zentrum stehen. Arbeitskosten dürfen nicht erhöht und das (Zwangs)Sparen nicht noch verstärkt werden
Ich verstehe immer noch nicht, warum die SNB den Erlös der Negativzinsen nicht an die AHV und an die Pensionskassen weiterreichen muss. Es sind ja genau diese Negativzinsen, die einen Teil des Problems der Sozialwerke verursachen.
Umverteilung von Jung zu Alt ist bei den meisten umhüllenden Pensionskassen ein Märchen, das die Versicherer in die Welt setzen.
Das Leistungsziel unserer Pensionskasse basiert auf einer Verzinsung der Altersguthaben von 2%. Bis dato wurde diese Verzinsung immer erreicht. Ergo: Keine Umverteilung.