Richemont-Aktionäre brauchen Geduld

Langfristig auf dem richtigen Weg: Luxusgüterhersteller Richemont. Foto: Keystone.
Es gibt Tage, an denen man sich stundenlang mit den Geschäftszahlen beschäftigen könnte – und doch zu keinem zielführenden Schluss kommt. So ging es mir am Freitag, als ich mir das Jahresergebnis von Richemont anschaute. Gute Entwicklungen – zum Beispiel beim Umsatz – wechselten sich ab mit Negativem wie der stark rückläufigen Margenentwicklung oder wie die Onlineplattformen mit ihren Millionenverlusten. Und doch bin ich davon überzeugt, dass der Genfer Luxusgüterkonzern langfristig einen richtigen Weg eingeschlagen hat. Er hat sich nicht nur im Onlinebereich gestärkt und führende Plattformen einverleibt. Zuletzt hat er auch die Lager bei den Uhren gründlich ausgemistet und für diese Bereinigung eine halbe Milliarde Euro in die Hand genommen. Doch diese Umwälzungen brauchen einen langen Atem. Langfristig traue ich dem Management von Richemont das zu. Kurz- und mittelfristig sehe ich aber noch einige Hindernisse, die das Potenzial des Aktienkurses deutlich limitieren. Für mich ist der richtige Zeitpunkt, die Aktien zu kaufen, noch nicht gekommen. Meiden
Dividendenzahlung dürfte Niveau halten
Beim Versicherer Zurich Insurance ist die Devise auf den ersten Blick klar: Das Management will den Aktionären Mut machen. Im ersten Quartal seien die Einnahmen für Schadendeckungen 7 Prozent gestiegen auf beinahe 10 Milliarden Dollar. Für die Folgen der Pandemie seien 280 Millionen bezahlt worden. Bis Jahresende würden voraussichtlich weitere rund 500 Millionen dazukommen. Das sei verkraftbar. Wie sehr das Ergebnis im ersten Quartal geschmolzen ist, gibt das Unternehmen nicht preis. Einzige Aussage dazu ist, dass per 31. März das Eigenkapital noch das 1,9-Fache des Mindesterfordernisses der Finanzmarktaufsicht betrug – nach dem 2-Fachen zu Jahresbeginn. Die Aktien hielten sich am Donnerstag nach Vorlage des Zwischenberichts besser als der Gesamtmarkt. Dennoch fürchte ich, der Jahresgewinn werde mindestens ein Zehntel erodieren. Das dicke Kapitalpolster stützt die Vermutung, dass dennoch die Dividendenzahlung für 2020 auf unverändertem Niveau bleibt. Das mag den Papieren eine Stütze sein. Vorderhand reicht das nicht als Kaufmotiv. Zu sehr hängt die Entwicklung von Einnahmen und Überschuss von der Erholung der Weltkonjunktur ab. Halten
Verlangsamung ist verkraftbar
Nach dem gescheiterten Milliardenversuch, den Kabelnetzbetreiber UPC zu übernehmen, war die Fantasie aus den Aktien der Sunrise raus. Doch jetzt, während der Corona-Krise, bewähren sich die Titel von Unternehmen mit stabilen Einkünften und solider Dividendenrendite. Wenn sie wie im Fall von Sunrise auch noch etwas Wachstum mit Fokus auf das Schweizer Geschäft vorweisen können, dann sind meine Ansprüche an eine qualitativ hochstehende Aktie erfüllt. Der neue CEO André Krause hat zwar angekündigt, dass die Auswirkungen von Corona im zweiten Quartal eine Verlangsamung zur Folge haben werden. Das führte zur leichten Senkung des Umsatzziels für das Gesamtjahr. Doch die Investitionen in den 5G-Ausbau und eine steuerfreie Dividende zwischen 4.55 und 4.65 Franken pro Aktie bleiben bestehen, aktuell rentieren die Papiere mit 5,3 Prozent – ein Zeichen der finanziellen Stärke. Und so schlecht sind die Aussichten nicht: Alle 95 Shops sind seit dieser Woche wieder offen, und mit der schrittweisen Aufhebung der Reisebeschränkungen werden sich auch die Roaming-Einnahmen langsam wieder erholen. Seit Anfang Jahr weisen die Sunrise-Papiere eine positive Performance von fast 9 Prozent vor. Damit gehören sie für mich zum erlesenen Club der krisenresistenten Schweizer Aktien und damit ins Portfolio. Kaufen
Die Strategie klingt vernünftig
Als Online-Reisebüro trifft der Lockdown die LM Group dagegen mit voller Wucht. Über Seiten wie Lastminute.com oder Weg.de bietet die Firma das Buchen von Reisen über Internet an. In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen, Reiseverboten und wirtschaftlichem Stillstand sind solche Dienstleistungen wenig gefragt. Um 95 Prozent ist das Geschäft im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. Unter der Krise allerdings leidet die Branche insgesamt – und LM steht aus meiner Sicht vergleichsweise gut da. Die kleine Firma hat derzeit Kosten für den laufenden Betrieb von 3 bis 4 Millionen Franken pro Monat. So viel Geld verbrennt Swiss-Mutter Lufthansa derzeit an einem durchschnittlichen Vormittag. Ende letzter Woche hat die LM Group eine Kapitalerhöhung von bis zu 100 Millionen Franken angekündigt. Viel Geld im Vergleich zum Eigenkapital. Die Mittel will der Reiseanbieter weniger für das eigene Geschäft aufwenden, sondern um später im Jahr schwächere Rivalen zu kaufen. So vernünftig die Strategie klingt, ein Einstieg in die Papiere scheint mir derzeit noch nicht ratsam. Die Turbulenzen in der Reisebranche sind noch lange nicht ausgestanden. Halten
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