Wie Sie trotz Krise rational investieren

Desaster oder Kaufchance? Ein Aktienhändler der Frankfurter Börse reagiert auf die Corona-Turbulenzen. Foto: Keystone
Wir werden immer wieder gefragt, wie man flüssige Mittel optimiert anlegen kann. Wir kommen je länger, je mehr auf das Produkt Fondssparplan, welchen man später auch in einen Entnahmeplan umwandeln kann. Was halten Sie davon? R.R.
Als Anleger macht man meist den Fehler, dass man sein Geld dann investiert, wenn die Kurse hoch sind, und ausgerechnet verkauft, wenn die Kurse nach einem Crash immer tiefer tauchen, wie wir das aktuell mit der Corona-Krise gerade erleben.
Die meisten folgen einem Herdentrieb und handeln ganz im Sinne der Verhaltenspsychologie voll zyklisch so wie die Mehrheit der Marktteilnehmer, was einen Markttrend wie momentan der dramatische Kurseinbruch nach der langen Hausse noch verstärkt. Sich antizyklisch zu verhalten, ist gerade nach einem Crash sehr schwierig. Es braucht viel Mut, dann zu kaufen, wenn alle anderen verkaufen.
Im aktuellen Marktumfeld beobachten wir noch eine andere Schwierigkeit: Man weiss nie, wann die Kurse tatsächlich Boden gefunden haben. Entweder kauft man nach einem Crash zu früh und sitzt dann bei weiteren Einbrüchen auf Buchverlusten, oder man kauft zu spät, wenn die Erholung schon stark an Fahrt gewonnen hat.
In der momentanen Corona-Krise bieten sich meines Erachtens attraktive Kaufchancen für mutige Anleger, die über einen langen Anlagehorizont verfügen, aber es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Kurse noch mehr sinken und die Turbulenzen noch einige Zeit andauern.
Emotionen verleiten oft zu Fehlentscheiden – man folgt unter dem Einfluss des Herdentriebs irrationalen Trends.
Alle diese Schwierigkeiten kann man mit einem langfristig ausgerichteten Fondssparplan einfach umgehen. Indem man regelmässig – zum Beispiel jeden Monat – einen bestimmten Betrag in Anlagefonds anlegt, erreicht man über die Zeit attraktive Durchschnittswerte. Mal kauft man günstig, mal vielleicht teuer. Über die Zeit hinweg läuft man aber nicht Gefahr, dass man sein ganzes Geld ausgerechnet zu einem sehr schlechten Zeitpunkt investiert hat.
Bei einem Fondssparplan profitiert man dank der Staffelung von einem Cost-Average-Effekt – man erzielt also über die Zeit für das gesamte Vermögen einen guten Durchschnittspreis. Der Fondssparplan hat auch den Pluspunkt, dass man immer investiert bleibt. Gerade während eines Bärenmarktes ziehen sich viele private Investoren von Wertschriften zurück und bleiben oft sogar während Jahren passiv. Erst wenn sich eine längere Hausse bestätigt, wagen sich viele wieder an die Börse zurück – doch dann sind die Kurse bereits wieder hoch, und die Leute haben während der Jahre des Wartens Renditen verpasst.
Ein Fondssparplan ist eine sehr rationale Form des Investierens. Emotionen hingegen verleiten oft zu Fehlentscheiden – man folgt unter dem Einfluss des Herdentriebs oft irrationalen Trends.
Empfehlenswert finde ich Fondssparpläne besonders für die Altersvorsorge im Rahmen der steuerbegünstigten Säule 3a. Die Umsetzung wird dank Digitalisierung immer einfacher und günstiger, wie etwa die neue 3.-Säule-App Frankly der ZKB zeigt. Indem man per Dauerauftrag monatlich einen bestimmten Betrag in die digitale Anlagelösung überweist, wird der Betrag jeweils automatisch gemäss der festgelegten Strategie zu günstigen Gebühren in Fonds investiert.
Ein Problem bei Fondssparplänen praktisch aller Banken ist allerdings die Tatsache, dass die Institute in der Regel nur Fonds aus dem hauseigenen Anlageuniversum zulassen. Bei einigen Banken ist das Angebot denn auch mager, da man die Kunden in die hauseigenen Produkte leiten will.
Problematisch ist das, wenn die Produkte dann auch noch eine hohe Kostenkennziffer (Total Expense Ratio) von einem oder mehr Prozent aufweisen und noch weitere Transaktions- und Depotgebühren dazukommen.
Bevor man einen Fondssparplan startet, sollte man sich genau Gedanken über seine Strategie und Risikofähigkeit machen und auf dieser Basis die entsprechenden Fonds auswählen sowie die Gesamtgebühren für die Fondsverwaltung, Transaktionen und Depotführung gut vergleichen und Lösungen mit günstigen All-in-Fees nutzen. Wenn man da Fehler macht, kann das dazu führen, dass die effektiv erzielte Nettorendite deutlich tiefer ausfällt. Wegen des Zinseszinseffekts kann dies schwer ins Geld gehen.
12 Kommentare zu «Wie Sie trotz Krise rational investieren»
Leider sind mir in der Schweiz keine wirklich günstigen Fondssparpläne bekannt, da sie alle auf teure bankeigene (aktive) Fonds setzen und ETFs (wegen fehlender Verdienstmöglichkeiten) bewusst ignorieren. In Deutschland ist das ganz anders. Da können ETFs massenweise günstig (und teilweise sogar kostenlos) in einem Sparplan bespart werden.
Relativ günstige Möglichkeiten in der Schweiz:
— Säule 3a: VIAV, Frankly, Vermögenszentrum (alle mit ca. 0.5% TER)
— Säule 3b: Avadis, Vermögenszentrum, TrueWealth (jeweils ca. 0.5% TER)
Kennt jemand noch weitere günstige Anbieter in der Schweiz?
Sorry: VIAC (nicht VIAV).
Nachtrag: Die oben erwähnten Angebote sind mehrheitlich aus ETFs oder passiven Fonds gebaut und deshalb (für Schweizer Verhältnisse) günstig.
Es ist immer wieder ein Irrglaube, dass man als Schweizer sein Geld auch bei einer Schweizer Bank anlegen muss. Es steht jedem Frei ein Depot bei einer Bank im nahen europäischen (oder auch weiter entfernten Ausland) zu eröffnen und dort mit Wertpapieren zu handeln.
Neben einem breiteren Angebot sind häufig noch wesentlich bessere Gebührenstrukturen vorhanden.
@Horst Schlemmer
Guter Gedanke! Aber welche empfehlenswerte ausländischen Broker gibt es? Was sind Ihre Erfahrungen?
@Peter Rohner: Achtung, bei den 0.5% handelt es sich nicht um TER, sondern schlichtweg um jährliche Gebühren. Die TER kommen dann noch obendrauf. Das VZ hat auch einen ETF-Sparplan mit 0.55% Gebühren. Man kann zwischen 5 Strategien auswählen. Am günstigsten fährt man, wenn man z.B. bei Degiro ein Konto hat und jeden Monat ETF kauft (viele ohne Gebühren).
@Kurt Meyer
Danke für die Informationen! Sie haben natürlich recht. Ich werde mir mal Degiro genauer ansehen.
Kann nicht wirklich raten zur Investition in Fonds.
Jetzt kurz bevor die schärfste Rezession „ever“ präsent wird im Bewusstsein, Auftragsbücher, Kassen und Geldbeutel, rät kein seriöser Berater nun das Depot bis über das oberste Limit zu füllen.
Verkaufen, wer noch nicht verkauft hat und Cash warm halten bis wirklich Licht am Ende des Rezession (Stagflation) Tunnels an den Börsen und Wirtschaft sichtbar wird.
Was ist das kleinste Übel in der schärfsten Rezession ever: Cash, Bonds, Immobilien, Aktien oder doch Gold?
@Anh Toàn
Wenn sich (Hyper) Inflation nicht mehr aufhalten lässt, dann sind „Stricke und/oder Morphium“, gute Ersatz Währungen, befürchte ich.
Falls es ganz dicke kommt, werden Kinder wieder zur besten Investition. Die können in ferner Zukunft, wenn es wieder Chancen gibt, diese nutzen, wenn man selber zu alt ist dafür. Und einen unterstützen.
Auf alle Fälle hat man noch eine Weile etwas Hoffnung.
NB: Sagt mal Eurer IT Düse, sie soll ein TA Geldblog Favicon generieren und implementieren.
Das WordPress Favicon hebt das Niveau des aktuellen TA Geldblogs auch nicht wirklich erkennbar. 🙂