Wie man schlechte Berater belangen kann
Wir haben 2014 einem Vermögensverwalter unser Vermögen von 1 Million Franken als Alterskapital anvertraut. Das Ziel war, eine angemessene Rendite zu erreichen. Nach fünf Jahren ist das Resultat ernüchternd: 70’000 Franken Honorar, das Vermögen ist weniger wert als 2014. Wir haben den Vertrag gekündigt. Wie soll man gegen solche Machenschaften vorgehen, muss man das einfach akzeptieren? H.S.
Ich verstehe Ihren Frust: Statt den gewünschten Ertrag zu erzielen, sitzen Sie auf hohen Verlusten und haben über all die Jahre noch viel Gebühren bezahlt. Ausser vielen Spesen ist in der Tat nichts gewesen.
Irritierend ist, dass die miserable Leistung in einer Börsenphase zustande kam, als es an den Finanzmärkten mehrheitlich aufwärtsging – also noch vor dem Corona-Crash. Die schwache Performance lässt sich somit definitiv nicht mit den Corona-Verwerfungen rechtfertigen.
Der Swiss-Market-Index hat in den fünf Jahren vor der Corona-Krise trotz temporären Rückschlägen wie in den Jahren 2015, 2016 und 2018 unter dem Strich immerhin rund ein Drittel zugelegt. Auch der Goldpreis hatte in den fünf Jahren über 25 Prozent zugelegt. Positiv entwickelt hat sich auch die Anlageklasse Immobilien.
Mit sicheren Obligationen war es wegen der tiefen Zinsen anspruchsvoll, Geld zu verdienen, die Renditen waren tief. Dennoch haben erfolgreiche Vermögensverwalter mit richtiger Gewichtung auch mit Anleihen erhebliche Kursgewinne verbuchen können, da die Zinsen zeitweise sogar wieder zurückgingen – so etwa in den USA.
Vor diesem Hintergrund ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum Ihr Vermögensverwalter offenbar eine derart schlechte Performance erreichte. An den Finanzmärkten allein kann es nicht gelegen haben. Obwohl ich Ihre Depotzusammensetzung nicht kenne, befürchte ich, dass Ihr Vermögensverwalter gleich in mehreren Jahren falsche Gewichtungen vorgenommen hat.
Einfach hinnehmen muss man Misserfolge seines Vermögensverwalters nicht.
Wie Sie mir schreiben, hatten Sie vor fünf Jahren mit dem Vermögensverwalter eine konservative Anlagestrategie festgelegt und das schriftlich vereinbart. Darum gehe ich davon aus, dass Sie wahrscheinlich nur einen kleinen Aktienanteil im Depot hatten. Das hatte zur Folge, dass Sie die Hausse an den Aktienmärkten, insbesondere im Traumbörsenjahr 2019 wohl verpassten.
Dennoch war es auch mit anderen, weniger schwankungsanfälligen Anlageklassen im Zeitraum von fünf Jahren möglich, eine ansprechende Rendite zu erreichen. Ihr Vermögensverwalter kann sich nicht einfach mit dem Argument herausreden, dass es momentan eben schwierig sei, Geld zu verdienen. Die Erfolge seiner Konkurrenten noch während der Hausse vor der Corona-Krise liefern das Gegenargument.
Einfach hinnehmen muss man Misserfolge seines Vermögensverwalters nicht. Erstens sollte man bei anhaltendem Misserfolg das Mandat kündigen – das haben Sie bereits gemacht. Zweitens sollte man auch prüfen, ob der Vermögensverwalter seine Sorgfaltspflichten Ihnen gegenüber genügend eingehalten hat.
Hier ist wichtig, was genau schriftlich festgehalten wurde. Die Frage stellt sich in Ihrem Fall, ob sich der Vermögensverwalter an die vertraglichen Details und die festgelegte Strategie gehalten hat oder nicht. Den Vermögensverwalter zur Rechenschaft ziehen können Sie nur, wenn er gegen die schriftlichen Abmachungen verstossen hat. Falls er aber die Vereinbarungen erfüllt hat, aber dennoch keinen Erfolg hatte, können Sie ihn nicht zur Verantwortung ziehen, denn als Anleger trägt man das eigentliche Anlagerisiko selbst.
Ich rate Ihnen, die Depotunterlagen von einer Bank prüfen zu lassen.
Anders ist es, wenn er die Sorgfaltspflichten bei der Verwaltung Ihres Vermögens nicht erfüllt und sich offensichtlich nicht an die Abmachungen gehalten hat – wenn er zum Beispiel Derivate eingesetzt und damit Verluste eingefahren hat, obwohl der Einsatz solcher Instrumente im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen war. Dann sehe ich eine Chance, dass Sie ihn für den Schaden wenigstens teilweise behaften könnten.
Zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche müssten Sie allerdings einen Anwalt beiziehen. Aus meiner Sicht lohnt sich das nur, wenn Sie sicher sind, dass die Verluste nicht nur auf das Anlagerisiko zurückzuführen sind, sondern es klare Anhaltspunkte gibt, dass der Vermögensverwalter Regeln verletzt hat.
Ich rate Ihnen, die Depotunterlagen von einer Bank prüfen zu lassen, die Ihnen dann rasch aufzeigen kann, ob die Vertragsbestimmungen erfüllt wurden oder nicht. Auf dieser Grundlage können Sie dann entscheiden, ob es sich lohnt, einen Anwalt beizuziehen oder nicht.
16 Kommentare zu «Wie man schlechte Berater belangen kann»
Einen Vermögensverwalter zu verklagen bringt nur etwas, wenn er die schriftlich festgehaltenen Vereinbarungen grob verletzt hat. Ansonsten ist er (zu recht) fein raus.
Oft wollen Anleger eine „angemessene“ Rendite erwirtschaften, ohne jedes Risiko einzugehen. Bei Obligationen (A-AAA) ist heute die angemessene Rendite ca. 0% bis 1%, bei Bargeld bekanntlich -1% bis 0%. Der Vermögensverwalter hat vermutlich ein Honorar von 1.5% verlangt … da ist ein Verlust vorprogrammiert.
Billiger und besser geht es, wenn man sich selbst um sein Vermögen kümmert. Für Anfänger: Mischfonds mit 40%, 60% oder 80% Aktienanteil kaufen, am besten natürlich passiv verwaltet mit einem TER von max. 0.6%. Hier im Blog schon oft von verschiedenen Schreiberlingen erwähnt: Avadis.ch bietet solche Produkte an.
Ich habe ausgerechnet, was die Avadis-Fonds an Performance gebracht hätten (Anfang 2015 bis Ende 2019, nach Verwaltungskosten):
— 0% Aktien: 0.75% p.a.
— 20% Aktien: 1.96% p.a.
— 40% Aktien: 3.11% p.a.
— 60% Aktien: 4.22% p.a.
— 80% Aktien: 5.29% p.a.
— 100% Aktien: 6.38% p.a.
Bei einem Start Anfang 2014 sieht es noch besser aus. Per Ende März 2020 sieht’s natürlich schlechter aus. Aber inzwischen haben sich die Kurse wieder etwas erholt.
Bei sowenig Kapital bleibt man auch bei der Hausbank… Ihre beiden Vorschläge sind reine Werbebotschaften.
Es gibt keinen einzigen Grund zusätzlich zur Bank
eine spezialisierte Firma
einzuschalten (deren Reputation man nicht objektiv validieren kann) um sein Geld zu verwalten, wenn man nicht mal Ahnung vom Anlegen hat
@Patrik Peter
1 Mio. CHF ist sicherlich nicht „wenig Kapital“, das ist für viele Leute eine unerreichbare Menge Geld. Nur eine Minderheit spart im ganzen Leben 1 Mio. zusammen (inkl. PK- Vermögen).
Neben den Fonds von „avadis.ch“ gibt es in der Schweiz kaum Angebote von ähnlicher Qualität (ich kenne keine). TER von ca. 0.55%, keine Kontoführungsgebühren, keine Ausgabe- und Rücknahmekosten. Günstiger geht es nur noch, wenn man selbst ETFs bei Swissquote kauft, aber das überforderte bereits viele Anfänger.
Avadis ist aus der Vorsorgeeinrichtung der ABB hervorgegangen. Es geht hier nicht um Gewinnmaximierung, sondern um faire Finanzlösungen für gross und klein. Alles sehr transparent und auf der Webpage nachzulesen.
Sie können hier gern Ihre Tipps loswerden. Ist gratis auch für Sie.
Flöte, das ist jetzt die 3. Werbebotschaft, die im etwas sehr seltsamen PR Gewand daherkommt. Als ob ein Durchschnittlicher Kommentator der TX-Group was von Kontoführungsgebühren oder Finanzlösungen (was auch immer das ist) schwafeln würde.
Jeder Nutzer kann sich somit ein ein eigenes Bild machen, warum es dermassen viele professionelle PR-Kommentare für eine ach so tolle Firma braucht.
Glaube gern, dass Sie nicht begeistert sind zu hören, dass es gute und günstige Anbieter in der Finanzbranche gibt. Offerten arbeiten Sie bei einem teuren und schlechten ?
Seit ich weiss, dass dieser Flötentroll bei avadis arbeitet, kommt dieses avadis für nichts mehr in Frage.
@Peter Schneider
Kann ja jeder sein Geld anlegen wie er will: günstig oder ungünstig. Günstige Fonds (inkl. Depotgebühr etc.) sind in der Schweiz leider rar.
In Deutschland bieten viele Banken günstige ETF-Sparpläne an, bei denen man bereits mit wenig Geld (ab ca. 25-50 Euro monatlich) automatisiert sparen kann (via Dauerauftrag). Es können auch Bruchteile von ETFs erworben werden (nicht nur ganze Stückzahlen).
Warum ein solches Angebot in der Schweiz fehlt, ist mir schleierhaft. Bei aktiven Fonds gibt es solche Angebote, nicht aber bei ETFs. Vermutlich sind die Einnahmemöglichkeiten einfach zu gering. Wäre etwas für VIAC.
Finanzberatung: förmlich eine Murphy-Umgebung. Erwartungen oft irreal hoch, aber der Einfluss klein. Ein Berater kann auch nichts anderes tun als Wetterprogose: Evaluieren, studieren, vergleichen, messen, beobachten. Aber das „Wetter“ – noch – nicht selber „machen“, das ist auch gut so!!! Hochfrequenz-, völlig verschachtelte Finanzprodukte, Leerverkäufe, Mentalität kein Risiko mehr eingehen, trotzdem viel Gewinn erwarten. Die Finanzwirtschaft hat sich zu weit von der Realwirtschaft abgekoppelt.
Was soll da ein Finanzberater noch ausrichten? Umgekehrt: was hält erstaunliche viele vermögende Leute ab, an der Börse diversifiziert Aktien zu erwerben? Es gibt sinnvollerweise kein Ausweg Gewinn ohne Risiko zu wollen. Geht`s gut ist gut. Gehts schlecht, ist man schlicht selber schuld.
Ja, da kann man jede Bank einklagen, denn ihre Produkte kosten nur und bringen keine Performance. Es fehlt der erste Gerichtsfall und hoffentlich gibt es den bald!
Eine mögliche Erklärung für die stark unterdurchschnittliche Performance sind grössere ungesicherte Fremdwährungspositionen. Falls der Kunde hier nicht angemessen über die Risiken informiert wurde, kann der Berater belangt werden. Wichtig ist auch, genau zu wissen, was man moniert: wurden beim Abschluss eines Verwaltungsmandats die Parameter falsch gestellt, liegt das Versagen in der Beratung (suitability). Hat sich der Vermögensverwalter verzockt – allenfalls sogar entgegen der Vorgaben – hat er möglicherweise seine Sorgfalts- & Treuepflicht vernachlässigt. Dieser zweite Fall hat aber im Rechtsweg wenig Erfolgchancen.
Sehr geehrter Herr Spieler
Danke für diesen lesenswerten Artikel. Ich empfehle Ihnen in Zukunft auch die Möglichkeit des Beizugs einer Ombudsstelle zu erwähnen, da seit dem 1. Januar 2020 FIDLEG/FINIG in Kraft sind und in diesem neuen Gesetz auch der Anschluss an eine Ombudsstelle für Finanzberater, unabhängige Vermögensverwalter etc. neu vorgeschrieben ist. Ombudsstellen sind in Gründung und warten nur noch auch die Anerkennung des Eidg. Finanzdepartementes. Ab Zulassung der ersten Ombudsstelle haben die unter FIDLEG/FINIG stehenden Finanzdienstleister den Anschluss innerhalb von 6 Monaten zu vollziehen. Dies wird für die Kunden sicher günstiger, wie der Beizug eines Anwaltes. Es schliesst zudem den späteren Beizug eines Anwaltes auch nicht aus.
Berater, die nicht wirklich Wort halten und/oder zu wenig Gewinn erwirtschaften, lassen „wir“ über unsere zuverlässigen tschetschenischen Freunde günstig, skrupellos und sauber definitiv abwickeln. ?
Jede Anlageberatung ist freiwillig, d.h. der Kunde beansprucht nur die Fachkenntnisse und Ratschläge seines (Bank-)Beraters. Den abschliessende Entscheid in Anlageangelegenheiten fällt jeder für sich. Dennoch treffen den Berater laut Bundesgericht Aufklärungs-, Warn- und Informationspflichten.. Somit trägt jeder Anleger alleine die Verantwortung für sein Handeln. Je nach Berater ist diese Beratungsleistung kostenpflichtig oder nicht.
Bundesgerichtsentscheid zur Verantwortung bei Anlageberatung und Vermögensverwaltung:
http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2
und
https://www.anwalt-schweiz.attorney
http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2F27-06-2011-4A_140-2011&lang=de&typ
https://www.anwalt-gesellschaftsrecht.attorney
Guter Artikel, Sehr hilfreich.