Vorsicht bei Anleihen mit schlechtem Rating

Wegen der Corona-Krise drohen bei Unternehmen mit tiefer Bonität Ausfälle. Das erklärt unser Geldexperte am Beispiel der Firma Kudelski.

Rund ein Drittel des Umsatzes macht die Firma in den USA: Der Hauptsitz von Kudelski in Cheseaux-sur-Lausanne. Foto: Keystone

Ich interessiere mich für die Anleihe von Kudelski (Valor 28069593). Können Sie mir Angaben zum Rating und zu den Risiken der Obligation machen? A.S.

Sie beziehen sich auf die Kudelski-Obligation 1,875 Prozent Coupon mit Laufzeit bis 12.08.2022. Der Coupon ist angesichts der extrem tiefen Zinsen im Schweizer Franken auf den ersten Blick verlockend. Auf dem aktuell tiefen Niveau ergäbe sich theoretisch bis zum Ende der Laufzeit eine jährliche Rendite von deutlich über 5 Prozent.

Leider hat die Sache einen grossen Haken: die Bonität. Wenn Sie in die Anleihe von Kudelski investieren, gehen Sie aus meiner Sicht ein hohes Risiko ein. Denn mit der Corona-Krise dürfte sich die Bonität des Westschweizer Unternehmens wohl nochmals deutlich verschlechtern. Der Kurs der Anleihe hat in den letzten Wochen nachgegeben.

Zum Kerngeschäft von Kudelski gehören unter anderem Sicherheitssysteme, Zugangskontrollen etwa zu Skiliften oder Parkhäusern sowie digitale Zutrittssysteme für die Fernsehindustrie. Rund ein Drittel des Umsatzes macht die Firma in den USA. Davon lässt sich ableiten, dass die Ausbreitung der Lungenkrankheit im laufenden Geschäftsjahr tiefe negative Spuren bei Kudelski hinterlassen dürfte.

Bereits vor der Corona-Krise war Kudelski seit Jahren in einer Umstrukturierungsphase.

Für das Unternehmen sprechen die Digitalisierung und die technologische Marktführerschaft im Kerngeschäft. Als weltweit führende Anbieterin digitaler Sicherheitssysteme und konvergenter Medienlösungen für die Übermittlung von digitalen Inhalten profitiert Kudelski zwar von der Digitalisierung, die auch wegen der Corona-Krise einen weiteren Schub verzeichnet. Zukunftspotenzial hat auch der Bereich, der Lösungen zum Schutz vor Internetattacken und des Internets der Dinge beinhaltet. Trotz dieser Wachstumsbereiche rechne ich im laufenden Geschäftsjahr mit Umsatzrückgängen.

Bereits vor der Corona-Krise war Kudelski seit Jahren in einer Umstrukturierungsphase. Hohe Restrukturierungskosten führten phasenweise zu roten Zahlen. Von den grossen Kreditratingfirmen Moody’s und S&P gibt es zu Kudelski kein Rating. Abgedeckt wird die Firma aber von der Zürcher Kantonalbank. Diese bewertet in ihrem Swiss Rating Guide Kudelski mit einem schwachen BB-/negativ-Rating.

So begründet die ZKB ihre Einstufung: «In Anbetracht der gesamthaft deutlich verschlechterten bonitätsrelevanten Kennzahlen, der anhaltenden Transformationsphase sowie der damit verbundenen Risiken stufen wir das Rating von BB+ auf BB- bei unverändert negativem Outlook zurück.»

Die Rahmenbedingungen haben sich für Kudelski verschlechtert.

Das Problem dabei: Dieses Rating erfolgte im letzten Jahr. Schon damals wies die zuständige Analystin darauf hin, dass die künftige Ratingentwicklung davon abhängen wird, inwieweit eine Verbesserung der operativen Ergebnisse und der Cashflowgenerierung gelingt und die weiterhin wegbrechenden Erträge im klassischen Geschäft durch die Investitionsstrategie vor allem in die IT-Sicherheit kompensiert werden können.

Mit der aktuellen Entwicklung der Corona-Krise und den negativen Aussichten für viele Unternehmen sind diese positiven Voraussetzungen sicher nicht mehr gegeben. Die Rahmenbedingungen haben sich für Kudelski verschlechtert. Zwar erklärt Patrick Hasenböhler, Fixed Income Analyst bei der ZKB, auf meine Nachfrage hin, dass die Bank Kudelski derzeit noch unverändert mit einem Rating von BB– bei einem negativen Outlook einstuft. Mich würde es allerdings nicht erstaunen, wenn sich das Rating im weiteren Jahresverlauf nochmals verschlechtern würde. Dann, wenn das Ausmass der negativen Folgen der Corona-Krise auf den Geschäftsgang von Kudelski bekannt ist.

Gerade in den aktuell unsicheren Zeiten würde ich generell Anleihen mit einem schlechten Rating trotz attraktiven Renditeaussichten nicht einmal in Erwägung ziehen. Falls sich die Krise weiter verschlimmert, muss angesichts der erwarteten globalen Rezession bei Obligationen von Schuldnern mit einer schlechten Bonität generell vermehrt mit Zahlungsausfällen gerechnet werden.

Die Hoffnung auf eine hohe Rendite kann sich dann schnell in Luft auflösen, und stattdessen kann es passieren, dass man viel Geld verliert.

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