Ems-Chemie bewährt sich in stürmischen Zeiten

Geberit trotzt der Krise +++ Poenina kauft weiter zu +++ Helvetia will alle zufriedenstellen +++ Alcon wird hart getroffen

Die Klasse von Ems zeigt sich unter anderem in einer schuldenfreien ­Bilanz und in einer Eigenkapitalquote von 75 Prozent. Foto: Arno Balzarini (Keystone)

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, die Aktien Ems-Chemie sind sehr sportlich bewertet. Trotzdem werden sie gekauft, auch zu Kursen, die dem 29-Fachen des für dieses Jahr geschätzten Gewinns je Aktie entsprechen. Seit Anfang Jahr haben sie nur rund 5 Prozent eingebüsst, merklich weniger als der Swiss-Market-Index. Für Titel einer Gesellschaft, die im ersten Quartal organisch 13 Prozent weniger umgesetzt hat und zu rund 60 Prozent vom Automobilsektor abhängt, ist das erstaunlich. Doch Ems ist eben eine Perle der Schweizer Industrie, und Perlen sind kostbar. Die Klasse zeigt sich unter anderem im beständigen Schaffen von Wert, in hohen und krisenfesten Margen, die einen anhaltend schönen freien Cashflow gewährleisten, in einer schuldenfreien ­Bilanz, die Ende 2019 zu 11 Prozent aus liquiden Mitteln bestand, und in einer Eigenkapitalquote von 75 Prozent. Anders gesagt, An­leger sehen in Ems auch einen sicheren Hafen für stürmische Zeiten. Das dürfte den Kurs weiter stützen. ­Darum, trotz hoher Bewertung: Halten

Zu so einem Hort der Stabilität zähle ich auch den Sanitärtechniker Geberit. Er hat im ersten Quartal recht gut gearbeitet. Dennoch geht die Krise auch an ihm nicht spurlos vorbei, die Auftragseingänge waren im März schwach. Dennoch sind, abgesehen von drei kleineren Werken, derzeit alle in Betrieb, wenn auch zum Teil mit Kurzarbeit – allerdings nicht flächendeckend. Konzernchef Christian Buhl hat an einer Telefonkonferenz klar festgehalten, dass es für Geberit trotz der Krise keinen ­Restrukturierungsbedarf gibt. Entsprechend hält das Unternehmen an seiner Strategie fest. Auch wenn das laufende Jahr sehr unsicher ist und wohl schlechtere Ergebnisse bringen wird als ursprünglich ­geplant, gehe ich davon aus, dass Geberit die Krise weitgehend unbeschadet überstehen wird. Dabei hilft dem Unternehmen die sehr stabile finanzielle Position. Nach den jüngsten Kursrückschlägen sind Geberit mit einem Kurs-­Gewinn-Verhältnis von 22 niedrig bewertet. Kaufen

Der Haustechniker Poenina ist seit seinem Börsengang im November 2017 nicht zu stoppen, wenn es um strategische Entscheidungen geht. Die neuen Mittel sollten unter anderem für Akquisitionen genutzt werden. Gesagt, getan, nur 10 Monate später kauft das Unternehmen die fast gleich grosse ­Inretis. Finanziert wurde mit einem Aktientausch und einer ­Kapitalerhöhung. 2020 folgt der nächste Streich. Verwaltungsratspräsident Marco Syfrig kündigt die Fusion mit der halb so grossen ­Caleira-Gruppe an, wiederum finanziert mit – Sie ahnen es – einer Kapitalerhöhung. Mich erinnert die Akquisitionsstrategie an den Elektrotechniker Burkhalter, der auch eins ums andere Mal Firmen hinzukauft. Zufall ist das nicht, denn dort ist Syfrig CEO und Delegierter. Trotz Wachstum bewahrt sich Poenina eine hohe Liquidität und ist damit gut aufgestellt. Es hiess, das Unternehmen sei in der Corona-Krise bisher mit einem blauen Auge davongekommen und die Auftragslage sei stabil. Die Valoren haben sich seit dem Lockdown gut erholt, sind aber von ihrem bisherigen Allzeithoch noch weit entfernt. Halten

Der Versicherer Helvetia ist auf der Erfolgsspur. Der Betrieb wirft eine erkleckliche Marge ab, weshalb die Aktionäre eine von 4.80 auf 5 Franken erhöhte Dividende erhalten sollen – gesamthaft macht das knapp 250 Millionen Franken. Und weil das Unternehmen dieses Jahr eine Grossübernahme in Spanien bezahlen muss, steht an der Generalversammlung vom 24. März eine Kapitalerhöhung von bis zu 15 Prozent bzw. rund 300 Millionen Franken zur Bewilligung. Finanzchef Paul Norton begründete, der Verwaltungsrat halte an der Ausschüttung aus Rücksicht auf dividendenerpichte Investoren fest. An der später im Jahr vorgesehenen Erhöhung des Kapitals darf jeder Aktionär entscheiden, mitzumachen oder es bleiben zu lassen. Wegen des aktuellen Wirtschaftsstillstands wird Helvetia 2020 wohl weniger neue Versicherungsverträge abschliessen. In der Lebensversicherung sind vermutlich etwas höhere Auszahlungen zu leisten, aber andererseits fallen wegen des rückläufigen Autoverkehrs auch weniger Unfallzahlungen an. Der Versicherer ist kräftig kapitalisiert, weshalb auch bei einem rückläufigen Jahresergebnis die finanzielle Kraft für weitere Dividendenzahlungen erhalten bleiben sollte. Kaufen

Wie viele Aktien haben sich ­Alcon vom Tiefstand im März gelöst und etwa die Hälfte der Einbusse wettgemacht. Die Meldung diese Woche, die frühere Novartis-Tochter habe die Liquidität im Griff, trug zur Beruhigung der Gemüter bei. Mit dem Verzicht auf eine erstmalige Dividende nach dem Börsengang vor einem Jahr spart der Konzern 93 Millionen Franken. Ebenso wenig überrascht hat mich, dass die Jahresprognose über Bord geworfen wurde. Ich denke, die auf Augenbehandlung spezialisierte Alcon zählt zu den Medizinaltechnikunternehmen, die von der ­Corona-Pandemie relativ heftig ­getroffen werden. Besonders die Division Chirurgie, die unter anderem Geräte für Operationen gegen grauen Star verkauft, wird gebremst. Solche Eingriffe werden derzeit aufgeschoben. Hinzu kommt, dass Alcon zwei von fünf Dollar in den USA einnimmt – gerade dort wütet das Virus derzeit am meisten. Die Annahme der Sektoranalystin der ZKB, die Chirurgie-Division von Alcon werde im zweiten Quartal 46 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr verbuchen, ist nicht weit hergeholt. Darum würde ich tiefere Börsenkurse abwarten. Halten

8 Kommentare zu «Ems-Chemie bewährt sich in stürmischen Zeiten»

  • Oil of Olaf sagt:

    EMS Q1 2020 Minus 18% im Umsatz und Minus 9% beim Gewinn.

    Tipp:

    Blocherianer halten die momentanen Toilettenpapiere.

    Profit orientierte Anleger verkaufen die Toulettenpapiere und kaufen wieder wenn sich die Wirtschaft und Börsen beruhigt haben.

    Bei Risiken und Nebenwirkungen schlagen Sie ihren Arzt oder Apotheker.

  • Peter Schneider sagt:

    Alcons Kursentwicklung ist seltsam und zeitweise masslos überbewertet, weil irgendwelche US-Amerikanische (Profi)Anleger da sinnlos reinkauften. Meine Alcons sind zugunsten von Novartis verkauft: da ist deutlich mehr Potential vorhanden. Übrigens: Sowohl Roche als auch Novartis zählen zu den innovativsten Pharmaunternehmen weltweit…
    https://www.prnewswire.com/news-releases/roche-tops-the-pharmaceutical-innovation-index-for-the-first-time-astrazeneca-ranks-1st-for-its-pipeline-301035857.html

    • Oil of Olaf sagt:

      Eine lukrativere und auch wesentlich innovativere Alternative zu den Retro Pharma Konzernen finden sie bei Amgen als sehr erfolgreiches Biotech Leader Unternehmen.

  • Jean Gilette sagt:

    Buy-and-Hold..? In 3 Wochen haben wir 3 Jahre Rendite zu nichte gemacht.

    • Panja Flöte sagt:

      Buy-and-Hold funktioniert nicht bei Einzelaktien, sondern nur bei Index-Fonds. Und das auch nur ab einer längeren Haltedauer.

  • Ueli Keller sagt:

    Auch wenn es kaum jemand wissen will: Die EMS-Chemie macht ihre Mega-Milliarden-Geschäfte in der Plastikbranche. Noch Fragen?

    • Oil of Olaf sagt:

      Bei der Ems AG, ursprünglich Holzverzuckerungs AG sind auch heute noch vereinzelt ausgeprägt versüsste Holzköpfe zu finden. ?

  • groeg sagt:

    MeinTip: Gold kaufen.Plus 32% in einem Jahr, in „diesem“ Jahr.Auch der „starke“ Franken verlor seit 2000 ca.70%, seit 1971 95%.Gegen Gold verlieren ALLE Papierwährungen.

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