Aktien von Grossbanken lohnen trotz Kurssturz nicht

BCV halten sich stoisch +++ Wer Schindler will, kann jetzt zugreifen +++ Galenica trotzen der Krise +++ Emmi läuft auf Hochtouren

Die verwalteten Vermögen dürften sinken: UBS-Filiale in Zürich. Foto: Reuters

Die Aktien von UBS und Credit Suisse wurden während der Verwerfungen der letzten Tage mit am härtesten abgestraft. Bei diesen Schnäppchen könnte man jetzt zuschlagen, zumal das erste Quartal für beide noch ziemlich rundgelaufen sein dürfte. Die stark gestiegene Börsenaktivität hat beiden Häusern die Handelserträge in die Höhe getrieben. Doch Vorsicht ist geboten, denn immun sind die Banken gegen die Verwerfungen nicht. Der Markt für Wertpapieremissionen, Börsengänge, Fusionen und Übernahmen ist praktisch zum Erliegen gekommen. Noch wichtiger: Die verwalteten Vermögen – die eigentliche Ertragsbasis von UBS und Credit Suisse – dürften einen empfindlichen Schlag abbekommen haben.

Die anhaltende Tiefzinsphase und neu auch der Nullzins in den USA machen das Kreditgeschäft schwieriger; durch die Krise drohen nun Abschreiber auf dem Bestand. Die Eigenkapitalrendite von 10 Prozent, ab der eine Grossbank als wertschaffend gilt, wird auch 2020 nicht erreicht werden. Die Valoren von UBS und Credit Suisse waren schon in den letzten Boomjahren selten wirklich attraktiv. Warum sollten sie es dann in einer der schärfsten Rezessionen der Geschichte sein? Mein Motto ist klar: Ein Spottpreis allein macht eine Aktie noch lange nicht kaufenswert. Meiden

Attraktive Dividendenrendite

Ganz anders die Aktien der ­Banque Cantonale Vaudoise (BCV). Die Margen stehen aufgrund der Niedrigzinspolitik zwar weiter unter Druck. Dennoch hebt sich BCV positiv ab. Seit Jahresbeginn bewegt sich der Kurs der zweitgrössten Kantonalbank an den Finanzmärkten stoisch seitwärts. Als wichtige Kreditgeberin für die Firmen im Waadtland dürften aufgrund des wirtschaftlichen Stillstands in den kommenden Monaten jedoch auch bei BCV die Kreditausfälle steigen, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau aus.

Mit einer Kernkapitalquote von 17,1 Prozent und einem Kosten-Einnahmen-Verhältnis von 57,7 Prozent steht die Bank gut da. BCV profitiert zudem von ihrer im Vergleich zu anderen Kantonalbanken geringeren Abhängigkeit vom Zinsgeschäft. Ein solides Private Banking und Asset-Management sorgt für zusätzliche Einnahmen aus dem Kommissions- und Handelsgeschäft. Attraktiv finde ich natürlich die überdurchschnittlich hohe Dividendenrendite von 4,5 Prozent, bislang hält BCV auch in der Covid-19-Pandemie daran fest. Kaufen

Krisenresistener Liftbauer

Wer nach qualitativ hochwertigen Titeln mit langfristig intakten Wachstumsaussichten sucht, kann sich meiner Meinung nach aber auch einen Einstieg beim Liftbauer Schindler überlegen. Der Trend zur Urbanisierung und zu verdichtetem Bauen ist trotz Corona-Krise intakt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Schindler Ende März seine Prognose revidierte. Im besten Fall rechnet das Unternehmen mit einem stabilen Umsatz, im schlechtesten mit einem Rückgang um 10 Prozent in Lokalwährungen. Wegen der starken Schweizer Valuta könnte der Umsatzrückgang in Franken sogar mehr als 10 Prozent betragen. Aber das ist nun bekannt, sollte also im Aktienkurs enthalten sein.

Interessierte Anleger sollten sich vor Augen halten, dass bei Schindler ein Teil des Geschäfts – der Service – sehr krisenresistent ist. Es macht etwa die Hälfte der Einnahmen aus und ist klar profitabler als das Neuanlagengeschäft. Die Aktien haben seit Anfang Jahr etwa gleich viel verloren wie der Markt. Aufgrund der mittelfristig intakten Chancen kann man als Anleger jetzt einen Positionsaufbau in Betracht ziehen. Kaufen

Apothekenkonzern im Höhenflug

Die paar Westschweizer Apotheker, die 1927 Galenica als Einkaufsgemeinschaft gründeten, hätten sich das nie träumen lassen. 93 Jahre später hat das Unternehmen hierzulande in der Verteilung und im Verkauf von Medikamenten überragende Bedeutung. Es verfügt nicht nur über die bedeutendste Logistik, sondern auch über das grösste Netz an Apotheken. Zu den über 500 Standorten kommen jedes Jahr neue hinzu.

Als Galenica vor drei Jahren als separates Unternehmen an die Börse ging, wurde es belächelt. Konzentration auf den wachstumsschwachen Schweizer Markt, das klang nicht nach einer attraktiven Börsenstory. Allenfalls wurden die Aktien als Dividendentitel empfohlen. Spätestens im Zuge der Corona-Krise hat die Wahrnehmung geändert. Das Geschäft läuft, die Prognose 2020 steht auf solidem Grund. Die Dividende ist gesichert. Währungsrisiko gibt es keines. Alles Dinge, die nicht mehr selbstverständlich sind. Es erstaunt mich daher nicht, dass die Aktien unweit des Dreijahreshochs notieren. Kaufen

Milchprodukte sind gefragt

Hunderttausende Schweizerinnen und Schweizer verbringen derzeit unfreiwillig ihre Tage zu Hause statt im Betrieb oder in der Schule. Abends setzen sie sich vor den Fernseher und löffeln dabei wohl Aprikosenjoghurt oder gönnen sich eine Scheibe selbst gebackenes Brot mit einer dicken Scheibe Luzerner Rahmkäse – so stelle ich mir das zumindest vor. Denn bei Emmi schieben sie gegenwärtig Extraschichten, wie ich höre. Von Nachfrageschwäche sei bei den Milchprodukten nichts zu spüren, im Gegenteil, der Absatz sei massiv gestiegen.

Klar, der Trend dürfte mit der Isolation wieder vorbei sein, und während Grundnahrungsmittel wohl stärker nachgefragt werden, ist nicht klar, ob das für alle – auch die teureren Produkte – gilt. Doch es zeigt sich: Der Milchverarbeiter bietet in der Krise genau das, was man sich wünscht: defensive Anlagequalität. Gleichzeitig hat es Emmi in den letzten Jahren dank Innovationen geschafft, mit Umsicht profitabel zu wachsen. Das macht die Aktien auch sonst attraktiv – wenngleich sie schon gut gelaufen sind. Dosiert kaufen

6 Kommentare zu «Aktien von Grossbanken lohnen trotz Kurssturz nicht»

  • Rothenbühler Tom sagt:

    Schnäppchen?
    Solidarität sollte dafür stehen, dass sich niemand in einer Krise an niemanden bereichert!

    • Theo Camenzind sagt:

      Das wird es immer geben, immer. Selbst in den schlimmesten Krisen. Man kann es auch so betrachten: zum Glück florieren (noch) einige Unternehmen. Es sollte einfach nicht zu Lasten vieler gehen. Ein Beispiel: wenn jetzt Wucherpreise für Schutzmasken und Medikamente verlangt werden, wäre das 1. illegal und 2. sollte da der Staat rasch eingreifen. Gegen gute Geschäfte ist nichts einzuwenden.

    • Michi Meyer sagt:

      Die Sache ist ganz einfach: Jemand will eine Aktie nicht mehr haben und verkauft sie. Ein anderer will sie haben und kauft sie. Daran ist doch nichts schlecht.

  • Oil of Olaf sagt:

    Im Moment ist tatsächlich besser gleich selbst eine Bank zu gründen, als Aktien von denen zu kaufen, die selbst schon hadern mit dem Kredite vergeben. Die digitalisierte Bank als Konzept Ansatz hat ordentlich umsetzbares Potential.

    • Oil of Olaf sagt:

      Eine neue Börse zu eröffnen wäre auch ganz hoch im Ideen Topf drin.
      Der SIX Group das Fürchten lernen…?

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