Von der Liebhaberaktie zur Last

Eine Anlage fürs Leben: Liebhaberaktien können kaum mehr zu einem fairen Preis verkauft werden. Foto: Keystone
Seit vielen Jahren besitze ich Aktien der Tessiner Bergbahn Monte Tamaro. Diese möchte ich gern verkaufen. Von der Firma, die ich deswegen angeschrieben hatte, erhielt ich nie eine Antwort. Was raten Sie mir? H.B.
Aktien von Schweizer Bergbahnen sind klassische Liebhaberwerte. Als Dividende kriegt man als Aktionär meist als Naturalausschüttung kostenlos Fahrten oder zumindest Verbilligungen. Doch wenn man diese Aktien verkaufen will, wird es oft schwierig. Denn die Aktien der Monte Tamaro werden nicht an einer Börse gehandelt.
Wenn eine Aktie nicht an einer Börse kotiert ist, kann man sie entweder über die Firma selbst oder aber über den OTC-Handel veräussern. Die Abkürzung OTC steht für «over the counter» und den ausserbörslichen Handel von Wertpapieren.
Immerhin gibt es in der Schweiz mehrere Plattformen für den Handel von ausserbörslichen Wertpapieren, die dadurch den Wertpapierhandel auch für KMU ermöglichen. Die grösste Plattform ist mit der OTC-X jene der Berner Kantonalbank. Weitere Plattformen für den OTC-Handel betreiben hierzulande die Zürcher Kantonalbank, die Privatbank Lienhardt & Partner sowie das Wertpapierhandelshaus Bondpartners.
Das Problem von solchen Nebenwerten, die an keiner Börse kotiert sind, liegt einerseits darin, dass man oft nur wenig Transparenz hat. Wenn man zu wenige Informationen über eine Firma hat, kann man deren Wert auch nur schwer einschätzen.
Anderseits ist die Handelbarkeit von Aktien von nicht kotierten Gesellschaften oft nicht oder nur mangelhaft gegeben. Liebhaberaktien wie jene von Bergbahnen, wie Ihre Papiere der Monte-Tamaro-Bahn, erwirbt man oft aus emotionalen Gründen, weil man zur Region einen Bezug hat und damit positive Erinnerungen verbunden sind. Nicht selten wird man solche Liebhaberaktien später aber kaum mehr los – eben weil die Handelbarkeit anders als bei Aktien, die an einer Börse kotiert sind, nicht garantiert ist. Man sitzt auf den Aktien und weiss nicht, wer sie kaufen könnte.
Oft vermitteln Firmen auch den Handel mit ihren Aktien. Dennoch erweist es sich in der Praxis oft als mühsam, Liebhaberaktien wieder zu einem Preis zu veräussern, der dem effektiven Wert entspricht, zumal nur schon die Preisfindung schwierig ist. Aus diesem Grund rate ich von Liebhaberaktien ab.
Nun ist es aber so, dass Sie die Aktien bereits besitzen. Da Sie über die Firma selbst keinen Erfolg hatten, würde ich versuchen, die Aktien über eine der OTC-Handelsplattformen zu verkaufen und Ihre Hausbank beauftragen, dass sie über die vier OTC-Handelsplattformen einen Käufer für Ihre Bergbahnaktien sucht.
Eine Garantie, dass Sie für Ihre Papiere zu einem fairen Preis auch einen Käufer finden, haben Sie indes nicht.
7 Kommentare zu «Von der Liebhaberaktie zur Last»
Richtig, das bezieht sich nicht auf „Bergbahnen“, sondern auf alle Aktien, die nicht an einer Börse oder OTC gehandelt werden, also etwa 98% aller Aktien. In der Schweiz gibt es eine halbe Million AGs, kotiert sind einige hundert, OTC vielleicht 1’000 oder so.
Wunderlich, warum keiner ein „Aktien-Ricardo“ macht, eine Plattform für nichtkotierte Papiere.
Anzahlmässig die grosse Mehrheit der in der Schweiz eingetragenen AG’s hat genau einen Aktionär, Novartis dürfte in CH 25-50 als AG organisierte Tochtergesellschaften haben: Und dann gibt es all diese Maler AG’s, weil das alte Schweizer GmbH Recht schlecht war und die AG Regelungen geeignet auch für Kleinbetriebe: heute würde man kaum mehr eine Müller Maler AG gründen, sondern eine Müller Maler GmbH, es gibt aber keinen Grund (mehr) eine früher gegründete Müller Maler AG in eine Müller Maler GmbH zu wandeln. Und so ist die Schweiz noch immer das Land, wo nicht unbedingt die GmbH die AG der Kleinen ist, sondern die AG durchaus auch für kleine passt.
In der Schweiz gibt es 100 mal mehr AG’s als im rund 10 mal so grossen Deutschland (ca. -3000)
Bergbahnen sind die typischen Schweizer kleineren Aktiengesellschaften mit einem „einigermassen breiten“ Aktionariat, 50-500 Aktionäre, meistens lokal verwurzelt: Lokale, vom Tourismus abhängige Unternehmen (Hotels, Sportgeschäfte), teilweise beteiligt sich die Gemeinde, etc. etc.
Wer im Wintertourismus investieren will, kauft meines Erachtens besser die kotierte Compagnie des alpes (CAC small): Nicht dass ich so begeistert bin von denen, aber die kleineren CH Bergbahnen sind regelmässige Sanierungsfälle: Aktien kaufen ist da „à fonds perdu“.
Genau. Die Aktie ist beim Kauf eine Spende an die Firma (wenn von dieser herausgegeben), oder an den Vorbesitzer. Der „echte“ Gegenwert ist EINZIG das Recht auf die Give-Away-Dividenden in Form von Freifahrten und Bratwürsten. Solange die Firma/Bahn in der Lage ist, diese zu stellen.
Wenn man es nicht verkraftet, das Geld zum Zeitpunkt des Kaufs faktisch in den Kübel zu werfen, so ist eine solche Aktie „rational“ immer das Falsche. Ein Liebhaberei eben. Und Liebhabereien sind für die meisten anderen wertlos = keine Käufer.
„…immer das Falsche…“
Na ja, wer vor 30 Jahren „Bähnli-Aktien“ in und um Wengen kaufte, hat bald einen Anteil und Dividende an der V-Bahn. Die Rendite auf dem Nominalwert ist so ungefähr zehn hoch drei.
Was ich gefunden habe: Die V-Bahn wird von der Jungfraubahn Holding gebaut, eine an der SIX kotierte Gesellschaft. Auch die Téléverbier ist kotiert. Grosse, Oberschicht orientierte Bergbahnen / Skigebiete wie Jungfrau Region, Verbier, Zermatt, kann man durchaus als interessantes Investment betrachten (da investiert CdA vor allem, Sawiri will Andermatt in die Liga bekommen). Hier geht es um kleine, nicht kotierte Bergbahnen. (Die Jungfrau Holding Aktie war seit 1998 echt gut, auch Televerbier, aber sogar Montana und Gstaad (halt kein Top“Ski“ Resort) mussten saniert werden und hatten grosse Mühe. Der weltweite Markt für Skifahren (inkl Snowboarden) schrumpft, andererseits wird es immer mehr zum Luxusvergnügen, teurer als Golf: Wer wirklich Top (of Europe) ist, hat Chancen.
@Martin (und mit Dank an Anh Toàn fürs Recherchieren):
Nein. Wenn Sie eine Aktie der Holding halten, die kotiert und gehandelt ist, dann ist der Ertrag kleiner. Weil Sie sie noch nicht so lange haben.
Wenn Sie die Aktie der Kleinbahn hielten, dann hat Ihnen die Holding bei der Übernahme der Kleinbahn DAMALS zu DEM Kurs die Aktie abgekauft. Auch keine so hohe Rendite. Auf jeden Fall ist viel mehr Geld in der Holding – selbst wenn Sie also tatsächlich, zusammen mit der Holding, noch Aktionär der Kleinbahn wären, das Vermögen / der Wert ist verwässert. Und nicht realisierbar, da nur die Holding gehandelt wird.
Oder woher nehmen Sie den 1000-fachen Wertsprung an?