Der Crash wird über kurz oder lang kommen

Wie scharf fällt die nächste Korrektur an den Aktienmärkten aus? Börsenhändler an der Wallstreet im Oktober 2014. Foto: Getty Images
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Schweizer Börse? Es kommt mir bald vor wie im Jahre 1998, wo die Börse stieg und stieg bis zum Crash! Sind wir bald so weit? A.K.
Das Börsenjahr 2019 entwickelte sich traumhaft. Kaum jemand hatte einen solch starken Anstieg erwartet. Auch 2020 bleiben die Perspektiven intakt. Den Firmen geht es mehrheitlich nach wie vor gut. Die Unternehmensgewinne sprudeln, und die Konjunktur hält sich vorderhand noch einigermassen.
Der Hauptgrund für die aktuelle Hausse ist allerdings ein anderer: das spotbillige Geld der internationalen Notenbanken. Die Investoren sind in einem eigentlichen Anlagenotstand. Wer nicht ganz auf Rendite verzichten oder in Kauf nehmen will, dass er sogar Negativzinsen bezahlen muss, kommt nicht darum herum, sein Kapital zu investieren.
Anleihen, die sich dafür eignen würden, sind mehrheitlich unattraktiv. Wer auf sichere Frankenanleihen setzt, bekommt ebenso wie auf dem Sparkonto kaum mehr Zins oder verliert damit wie mit Schweizerischen Bundesanleihen sogar Geld. Wenn man mehr Rendite mit Anleihen will, muss man bei der Bonität der Schuldner Abstriche machen, geht damit aber höhere Risiken ein.
Das führt dazu, dass weiter viel Geld in den Immobiliensektor, vor allem aber in die Aktienmärkte fliesst. Aktien mit hoher Dividende sind für viele ein Anleihenersatz geworden. Kein Wunder: Qualitätsaktien wie Nestlé, Novartis, Roche, Swiss Life, Zurich oder Swiss Re werfen schöne Dividendenrenditen zwischen 2 und 5 Prozent ab.
Viele, die auf diese Dividendenperlen setzen, blenden aber die erhöhten Risiken aus. Zwar besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Dividenden in ähnlichem Umfang hoch bleiben, doch über kurz oder lang muss man auch auf diesen Papieren mit Buchverlusten rechnen.
Das spotbillige Geld setzt falsche Anreize und hat meines Erachtens zu einer Blasenbildung bei Aktien und Immobilien geführt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Blasen platzen.
Ihren Vergleich mit der Jahrtausendwende kann ich nachvollziehen. Auch damals wurde behauptet, die Wirtschaft habe sich grundlegend verändert, und Zyklen, wie man sie immer kannte, würden keine Rolle mehr spielen. Natürlich war das Blödsinn.
Anders als damals erleben wir derzeit allerdings nicht nur eine blinde Euphorie. Zwar sind viele Aktien heute hoch bewertet – wahrscheinlich auch überbewertet. Gleichzeitig sind viele Investoren genau wie Sie verunsichert. Nach bald zehn Jahren Hausse an den Börsen befürchten viele, dass die Party bald vorbei sein könnte.
In der Tat sind wir mit vielen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert: Offensichtlich ist das beim Handelsstreit zwischen den Supermächten USA und China, der die Börsen fest im Griff hat. Für Verunsicherung sorgen aber auch der erwartete Konjunkturabschwung, die Schuldenberge, der Brexit, die US-Präsidentschaftswahlen 2020 und viele geopolitische Risiken – wie die Krise im Nahen Osten mit dem Konflikt zwischen den USA und dem Iran.
Dennoch sind die Börsen auf weitere Rekordstände gestiegen. Der Grund ist banal: Was sonst sollten sich Anleger kaufen als Aktien?
Zu einem Crash kommt es, wenn die Wirtschaft in eine Rezession taucht oder die Geldpolitik brüsk ändert und die Zinsen stark anziehen. Die Wirtschaft schwächt sich zwar ab, eine Rezession ist derzeit aber noch nicht sichtbar – auch eine Zinswende nicht. Sowohl in den USA als auch in Europa bleiben die Zinsen wohl noch länger tief. Damit bleiben die Märkte mit billigem Geld überflutet, das irgendwo angelegt werden muss.
Doch Vorsicht: In solchen Situationen macht man oft Fehler und unterschätzt die Anlagerisiken. Eigentlich würde aus meiner Sicht vieles für eine heftige Korrektur sprechen, doch wird diese vorderhand durch das billige Geld verhindert.
Ja, der Crash wird über kurz oder lang kommen. Die rekordtiefen Zinsen der Notenbanken zögern diesen aber noch länger hinaus. Solange die Notenbanken die Zinsen tief halten und die Märkte mit billigem Geld fluten, werden die Märkte gestützt.
Doch es braucht wenig und das System kommt ins Wanken. Dass es dazu kommt, genügt als Auslöser ein dramatisches geopolitisches Ereignis, wie wir es nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erlebten.
Der Crash kommt immer dann, wenn man ihn nicht erwartet. Die tiefen Zinsen stützen auch die Schweizer Aktien weiter – die Korrekturrisiken haben aus meiner Sicht nach dem starken Anstieg 2020 indes stark zugenommen.
30 Kommentare zu «Der Crash wird über kurz oder lang kommen»
Klar kommt der Crash. Aber die Aktienmärkte erholen sich auch wieder, denn die Gesamtwirtschaft wächst kontinuierlich. Die Crashs von 1929, 1987, 1998, 2000, 2008 sind überstanden
Pech nur, wenn man bei einem Crash verkauft oder verkaufen muss (z.B. wegen Lombardkredits). In solchen Situationen wird viel Vermögen vernichtet.
Es wird immer so getan, als ob es in der letzten Dekade nur nach oben gegangen wäre, dabei waren die Jahre 2011, 2015 und 2018 gar nicht gut und das Jammern entsprechend gross.
Ob ein Aktienmarkt überbewertet ist (im historischen Vergleich), lässt sich ja mit Kennzahlen belegen. Hierzu sind das KGV oder KBV oder CAPE (Shiller-KGV) geeignet. Wäre also schön, wenn Herr Spieler seine Behauptungen auch mal mit Zahlen belegen würde.
„Zu einem Crash kommt es, wenn die Wirtschaft in eine Rezession taucht oder die Geldpolitik brüsk ändert und die Zinsen stark anziehen.“ aber: “ …., eine Rezession ist derzeit aber noch nicht sichtbar – auch eine Zinswende nicht.“ und dennoch „der Crash wird über kurz oder lang kommen.“ aber nicht, “ Solange die Notenbanken die Zinsen tief halten und die Märkte mit billigem Geld fluten,.. “ sondern nur, es „genügt als Auslöser ein dramatisches geopolitisches Ereignis,“
Also in kurz und unverschwurbelt: Passiert etwas ganz dramatisches auf der Welt, gibt es einen Crash, sonst nicht. Aber früher oder später wird etwas ganz dramatisches passieren auf der Welt.
Fasse ich das alles zusammen, sagt es, es gab noch nie bessere Zeiten, um in Aktien oder Immobilien zu investieren.
„es gab noch nie bessere Zeiten, um in Aktien oder Immobilien zu investieren.“
Exakt.
Es gilt nur die null auf dem Sparkonto zu schlagen.
Das ist eine sehr kurzfristige und naive Sichtweise. Es gilt den Totalverlust abzusichern, nicht mehr und nicht weniger.
Falls Sie auf vielen Aktien, bspw vielen des SMI, gleichzeitig einen Totalverlust erleiden, dann haben Sie ganz andere und viel fundamentalere Probleme zu managen als den Verlust Ihres Geldes. Nämlich, genug zu Essen, ein trockenes Bett und sauberes (Trink)Wasser zu beschaffen.
Ich habe mir als Absicherung Bitcoin, Bitcoin Cash und Litecoins gekauft. Ein Risiko, wie alles im Leben 🙂
Das frische ZB Geld landet ja immer wieder auf dem Notenbankkonto da das Geld nur für Wertpapiertransaktionen gebraucht wird aber kein neues Publikumsgeld geschaffen wird. Dazu müssten die Banken ihre Bilanzen deutlich verlängern und die ZB ihre Bestände wieder abbauen, was wiederum zu Zinserhöhung führen würde und den CHF weiter aufwerten und die Zombie Staaten und -firmen kippen würde. Der gegenseitige Abwertungswettlauf ist deshalb alternativlos.
Ihre Sicht der Börse ist leicht, aber erheblich geblendet. Es wird nicht mit Luft gehandelt an den Börsen, sondern Cash Money für limitiert verfügbare Aktien.
Notenbanken sind Helden im Geld schöpfen und verteilen.
Das Gegenteil also das geschöpfte Geld vom Markt wieder abzuziehen und zu vernichten, gehört zu keiner Notenbank als rühmliche Kompetenz.
Irgendwann kommt die Inflation, befürchte ich. Im USD oder EUR.
Das hätte unermesslich unschöne Folgen auf die gesamte Weltwirtschaft samt CHF.
Was macht denn die ZB wenn Ihre seit 12 Jahren beschworene Inflation kommt?
Sie versuchen das, was noch keine Notenbank je ausreichend konnte, Fiat Geld dem Markt zu entziehen.
Auf unabsehbare Zeit, wird die Inflation genauso tief bleiben wie die Leitzinsen.
Es gibt kein wirkliches entrinnen.
Banken vergeben Kredite immer noch eher spärlich an beste Schuldner für Investitionen an Börse, Geschäft und Immobilien. Die kleinen und mittel betuchten Leute sparen ihr sauer verdientes Münz wie wenn es bald keine Renten mehr gäbe in der Hoffnung selbst mal noch das grosse Los zu ziehen.
Fakt ist wohl eher, dass die angesparten „Vermögen“ auf direktem Weg vom Gesundheitssystem bis zum letzten reglementierten Rappen genüsslich verzerrt werden.
Nur eher Wenige begreifen wie unser System wirklich funzt und allenfalls zum nützlichen Vorteil zu brauchen ist.
Der DJ30 steht kurz vor der 30’000 Marke. Ein Anstieg wie ihn vor 20 Jahren, damals stand er bei 10’000, kaum einer für möglich hielt. Der USD hat seither runde 40% an Wert eingebüsst. Dazu kommen die ultra tiefen Leitzinsen, welche die Aktien Börsen weiter anfeuern. Die Welt Wirtschaft ist seither auch ein ordentliches Stück gewachsen. Nicht zuletzt Dank dem Instrument Internet. Aktien sind stolz bewertet, jedoch noch nicht so sehr, als dass Panik Verkäufe sich aufzwingen könnten. Solange und da ist eben auch kein Spielraum, die Leitzinsen tief bleiben werden die Bullen im grossen Ganzen das Zepter weiterhin präsentieren. Vernünftige Gewinnmitnahmen wie gestern im US2000 Index sind clever von den Anlegern und ein gefundenes Fressen für gelegentliche Shorties wie mich. ??
Zinsen 0%.
Vermögenssteuer 0.5%.
Und sogar die in der Tat stolz bewertete Nestle hat ne Divi von 2.3%!
Man zeige mir die Alternative.
In meiner Steuererklärung sind das Promille, nicht Prozent, Sie müssten eigentlich auf diesen Blog verzichten können ?
hmmm…
Die – exakt – 4.5 Promille sind schon ab 80000 Vermögen.
Da wohnen Roger Federer und ich also steuergünstiger. Wusste nicht, dass die Differenzen so massiv sind.
@Knapp: Haben Sie gewusst, dass 0,5 Prozent gleich viel ist wie 5 Promille?
Eines ist sicher: Solange alle vom Crash reden, wird er nicht kommen. Erst wenn die Putzfrauen und Küselmänner ihren kargen Lohn an der Börse investieren wird der Crash kommen.
@Wigger: Wer oder was ist ein Küselmann? Sind Sie einer?
Wahrscheinlich meint Daniel Wigger „Kübelmänner“ (diejenigen welche den Abfall abholen).
Bei uns in Kanada, sind die zwar recht gut bezahlt, dank deren Gewerkschaften, also sicher nicht zu vergleichen mit Putzfrauen Einkommen.
Crash ist dann, wenn „schlagartig“ (z.B. Fat Finger) grösste Mengen an Aktien (Angebot) zum Verkauf bestens angeboten werden und die raren Käufer (Nachfrage) erst zu viel tieferen Preisen bereit sind, die schönsten Perlen aufzufangen und einzukaufen. In aller Regel hyperventiliert die durchschnittliche Anleger Gemeinde mit samt den überforderten Bürgern er Welt.
Da jedoch beinahe unbegrenzt billiges Geld für die besten Schuldner da ist, und auch regelmässig frisches Geld über institutionellen Anleger wie Blackrock, Pensionskassen (auch AHV), Versicherungen, Banken etc. in die Märkte fliesst, ist die Investition der Coiffeuse und der „Güsel“ Verwerter unwesentlich. Börse samt Crash hängt an anderen gewichtigen Faktoren.
Das Zauberwort heisst: „Gewinnmitnahme“.
Wer seine Aktien ein paar Jahre gehalten hat, ist locker 50% im Plus. Also: realisieren. Wer 100’000 CHF Aktien hat, soll 20’000 verkaufen. 10’000 in Gold ins Schliessfach und 10’000 verprassen mit Ferien. Wer 500’000 Aktien hat soll 200’000 verkaufen, 150’000 Hypothek reduzieren und ein neues Auto kaufen.
@Martin: Statt Ferien oder Auto (möglichst 3 Tonnen SUV mit 4×4 für den Stadtverkehr) könnte man mit der Gewinnmitnahme auch eine Solaranlage aufs Dach montieren.
@ Jacques Zimmer: …oder mit der Gewinnmitnahme herum tüfteln, bis ein Dachanlage erfunden ist um aus Nebel Strom zu generieren….und die dann gleich patentieren lassen.
Konsequent schreibt Herr Spieler von „spotbilligem“ Geld. Das spotet jeder Beschreibung.
Die nächste Krise wird eine Schuldenkrise sein. Im Gegensatz zu 2008 werden dann die Notenbanken nicht mehr reagieren können. Die Abschreibungen werden jeden von uns treffen: Pensionskassen, Banken, Anlagefonds, überschuldetet Firmen und Staaten etc. kommen ins Trudeln. Das letzte Mal hat der Dominoeffekt bei den amerikanischen Hypotheken angefangen, ich bin gespannt was nächstes Mal der Auslöser sein wird. Die Hochkonjunktur hätte zur Schuldenreduktion genutzt werden sollen.
Peter Lynch zum Thema market timing:
„Far more money has been lost by investors preparing for corrections, or trying to anticipate corrections, than has been lost in corrections themselves.“
Und da Gewinn und Verlust in Geldwert gemessen wird, der faktisch zum Nonvaleur wird, spielt das eigentlich alles keine Rolle mehr, ob Plus oder Minus. Tönt doch auch cool ?
Für unsere Nationalbank ist ja vor allem die Geld- und Zinspolitik der EZB massgeblich, da ein zu schwacher Euro unsere lebenswichtige Exportindustrie ins Mark treffen würde. Das bedeutet, dass die SNB solange die Zinsen nicht normalisieren kann, bis sich die EZB zu einer Normalisierung ihrer Gel- und Zinspolitik durchringt. Wenn die EZB dies aber tun würde, wird sofort Italien ins Fadenkreuz der Kapitalmärkte geraten, da man dann an der Fähigkeit Italiens zweifelt, seine sehr hohen Staatsschulden auf die Dauer bedienen zu können. Somit kommt die Zinswende nur, wenn die EZB die Kontrolle über die Zinsen vollends verlieren würde. Aber dann wird es ungemütlich. Die Eurokrise käme mit Wucht retour. Die schwelende Repokrise in den USA könnte ein Warnzeichen für so einen Kontrollverlust sein.
Weil Nestlé sich sehr rücksichtslos verhält in Bezug Resourcenverbrauch, wird sich diese Aktie nicht lange halten können. Firmen die die Umwelt ignorieren werden baldigst auf der Verliererseite stehen. Gute Investitionen sehe ich dann auch viel eher in Firmen die sich auf das „Aufräumen“ unser Müll ( auch in den Ozeanen) spezialisieren. Und dann natürlich umweltgerechte Recycling.