Die Risiken von ETFs liegen in deren Prinzip

Exchange Traded Funds verstärken das Herdenverhalten, was sich beim nächsten Börsencrash verheerend auswirken könnte.

Wann geht es an den Börsen wieder nach unten? Anzeige mit Aktienkursen während der Finanzkrise 2008 in Tokio. Foto: Keystone

Ich bin 27 und plane, langfristig zu sparen und das Geld bei Anbietern wie Truewealth und Viac anzulegen. Diese verwenden ETFs für die Geldanlage. Mich würde nun interessieren, welche Risiken ausser dem Risiko von Kursschwankungen bei dieser Anlageform bestehen. L.F.

Exchange Traded Funds haben viele Vorteile: Man kann mit diesen Vehikeln auch mit wenig Geld einfach und günstig ganze Märkte abdecken und so breit diversifizieren. Weil ETFs an einen Index gekoppelt sind, investiert man passiv. Die Auswahl der Wertschriften, in die man anlegt, übernimmt also nicht wie bei einem aktiven Fonds der Fondsmanager. Allerdings trifft man mit der Festlegung eines bestimmten Index, auf den sich der ETF ausrichtet, ebenfalls eine Wahl.

Neben dem eigentlichen Anlagerisiko haben ETFs je nach Ausgestaltung in einem beschränkten Ausmass ein Gegenparteienrisiko – insbesondere, wenn Wertschriften ausgeliehen oder Tauschgeschäfte vorgenommen werden.

Grössere Risiken sehe ich indes in strukturellen Aspekten – nämlich in der Tatsache, dass diese Instrumente nicht darauf achten, ob eine bestimmte Aktie qualitativ gut oder schlecht ist. Es wird stattdessen automatisch in eine Aktie investiert, allein aufgrund des Umstands, dass der Titel in dem Index enthalten ist, an den der ETF gekoppelt ist. Das kann dazu führen, dass man mit einem ETF auch in Unternehmen anlegt, die in einer Krise sind und in die man selbst nicht aktiv investieren würde.

Auswirkungen hat das auch für die von den ETFs abgedeckten Märkte und Aktien. Es kann passieren, dass Aktien von Krisenfirmen in erster Linie zulegen, weil sie in einem Index sind und daher von ETFs gekauft werden. Dasselbe passiert mit überbewerteten Aktien: Obwohl diese eigentlich zu teuer sind, müssen die ETFs die Aktie weiter erwerben, ganz einfach, weil diese im Index sind.

Diese Entwicklungen führen aus meiner Sicht zu starken Verzerrungen der Märkte. Zudem werden Markttrends nach oben oder unten durch das Gewicht der ETFs künstlich verstärkt. In einer starken Korrekturphase an den Aktienmärkten könnten ETFs dazu beitragen, dass die Finanzmärkte destabilisiert werden.

Und da das Volumen dieser Vehikel in den letzten zehn Jahren nochmals deutlich zugenommen hat, bringt es wenig, auf die Erfahrungen mit diesen Instrumenten während der Finanzkrise 2008 zu schauen. Heute haben ETFs ein deutlich höheres Gewicht und könnten einen erheblich stärkeren Einfluss auf die Märkte haben, falls diese in Turbulenzen geraten.

Die Bewährungsprobe der ETFs steht wohl erst noch bevor, wenn wir den nächsten grossen Crash erleben. Da muss sich auch zeigen, ob in Krisenzeiten ETFs weiter ihre Stärken zeigen können oder ob dann aktiv geführte Fonds aufgrund der Selektion von erfahrenen Fondsmanager nicht doch überlegen sind.

Vor Risiken bei ETFs hat auch die Deutsche Bundesbank gewarnt. Sie kommt zum Schluss, dass ETFs den Kurszerfall an den Märkten zusätzlich beschleunigen könnten. Durch ihr Gewicht könnten ETFs in negativen Marktphasen den Verkaufsdruck erhöhen, was zu Liquiditätsproblemen führen könnte. ETFs verstärken das Herdenverhalten, was die Märkte im Zuge eines Crashs zusätzlich unter Druck bringt.

29 Kommentare zu «Die Risiken von ETFs liegen in deren Prinzip»

  • Peter Rohner sagt:

    Eines ist klar: Die Banken mögen keine ETFs, weil diese die aktiven Fonds verdrängen. Mit aktiven Fonds können die Banken viel Geld verdienen, mit ETFs nicht (bzw. hier verdienen die grossen ETF-Häuser). Die aktiven Fonds sind aber ihre Kosten nicht wert, weil sie meist schlechter performen als die ETFs.

    Weil die ETFs eine grosse Gefahr für die Fondsbranche sind, werden ihnen alle möglichen Gefahren aufgedichtet. Einen sehr guten Blogbeitrag gibt es hier von Gerd Kommer, dem renommierten Finanzwissenschaftler: https://www.gerd-kommer-invest.de/daemonisierung-von-etfs/

    • Rolf Rothacher sagt:

      Sie irren sich. Mit ETFs wird genauso gut Geld verdient. Denn ETFs handeln stupide wie Schafe. Wenn in einem Index ein Titel ausgetauscht wird, ist den Banken diese Tage im Voraus bekannt und sie können disponieren, während die ETFs erst am Tag des Wechsels verkaufen/kaufen können.
      Wer ETFs kauft, der lässt sich noch einfach scheren als mit aktiven Fonds.
      Und der Herdentrieb sorgt dafür, dass über ETFs ALLE Aktien gleich hart abgestraft werden, wenn’s zum nächsten Taucher kommt. Und weil viele Laien ETFs halten, wird es sie viel schwerer als früher treffen, weil sie die Börsenkurse auch nicht verfolgen und viel zu spät reagieren werden.

      • Peter Rohner sagt:

        Witzig ist ja, das ETF-Käufer (aber auch Aktiv-Fonds-Käufer) oft Buy-and-Hold betreiben. Die verkaufen gar nichts, wenn der Markt nach unten geht. Die kaufen aber auch nicht nach, wenn es billig ist. Das heisst also, dass die Fonds-Käufer generell eher gar keinen Einfluss auf die Börse haben.

      • Peter Rohner sagt:

        Die Verwalter aktiver Fonds handeln auch oft stupide wie Schafe, denn sie wollen nicht als einzige irren und ihren Job aufs Spiel setzen. Also rennen sie lieber mit der Herde mit. Gemeinsam irren kostet keine Job. — Natürlich gibt es Ausnahmen unter den Verwaltern …

      • Meieriesli sagt:

        ETF sind typischerweise auch mit tieferen Haltekosten befrachtet. Während die Management Fee für SP500-ETF in den USA noch nicht mal ein Promille beträgt, bezahlen Sie bei einem aktiven Fonds allemal 1-2%. Und das zusätzlich zu einer allfälligen Ausgabe- und Rücknahmegebühr für den Fonds von je bis zu 5%. Bei einer Haltedauer von meinetwegen 20 Jahren ist der kumulierte Unterschied massiv.

  • Peter Rohner sagt:

    Wer bereits mit 27 Jahren mit ETF-Sparen beginnt, wird über die Jahre ein schönes Vermögen aufbauen (der Zinseszins ist dein Freund). Bitte nicht ins Bockshorn jagen lassen, einfach regelmässig investieren und Buy-and-Hold betreiben.

    TrueWealth und VIAC bieten ausgezeichnete Möglichkeiten, um passiv zu investieren. Aus meiner Sicht eine sehr gute Wahl.

    • Peter Rohner sagt:

      Ebenfalls gut ist das Vermögenszentrum (Produkt „Sparen mit ETFs“, „Anlegen mit ETFs“). Mühsam ist hier nur, dass man einen Geldbezug nicht selbst übers Internet machen kann, sondern einen Berater darum bitten muss. Sehr unpraktisch und für mich ein Killerkriterium.

      Auch gute Lösungen bietet Avadis. Besonders geeignet für Leute, die sich gar nicht um ihre Finanzen kümmern wollen.

      • Rolf Rothacher sagt:

        Nach 10 Jahren Börsenanstieg, getrieben durch Gratis-Geld, ist es leicht, ETFs in den Himmel zu loben. Tatsache ist, dass ETFs auch die miesesten Unternehmen unterstützen und „am Leben“ erhalten.
        Und sich nicht um seine Finanzen zu kümmern, ist stets die teuerste Art der Verwaltung.

      • Peter Rohner sagt:

        Ja, ein ETF enthält auch schwarze Schafe, solange sich diese in einem Index tummeln.

        Welches sind denn die schwarzen Schafe im SMI? Oder im SPI? Oder im MSCI World? Ja, gar nicht einfach, diese Frage.

        Blöd nur, wenn jemand Einzelaktien kauft, und dann nur schwarze Schafe erwischt …

      • Peter Rohner sagt:

        Wenn jemand den „dummen“ ETFs nicht traut, kann ja sog. Smart-ETFs kaufen (Factor Investing). Nach klaren Regeln werden hier mit Hilfe von Faktoren wie z.B. „Size“, „Value“ oder „Momentum“ die heissen (erfolgsversprechenden) Aktien zusammengestellt. Ist wesentlich billiger als Aktiv-Fonds und wesentlich erfolgreicher.

      • Meieriesli sagt:

        Faktor-ETF widersprechen der Hypothese der effizienten (liquiden) Finanzmärkte diametral. Wer meint, den Markt schlagen zu können, steht allerdings auch mit Faktor-ETF vor dem Problem, dass die überperformenden ausgewählt werden müssen.

        Die Tatsache, dass auch bei den ETF-Emittenten die meisten zuallererst für die eigene Tasche wirtschaften, sollte auch hier nicht ignoriert werden.

    • Chris Stoffer sagt:

      ETFs auf index fonds haben in der Regel keinen Zinseszins da die Dividende ausbezahlt wird.

      • Pan Flöte sagt:

        Es gibt unzählige thesaurierende ETFs (= Dividenden werden reinvestiert). Wenn die Dividenden ausbezahlt werden, können sie wieder selber reinvestiert werden (leider wird hier evtl. zuvor die Verrechnungssteuer von 35% abgezogen).

  • Peter Berger sagt:

    Ihr Kommentar, Herr Rohrer, trifft den Nagel auf den Kopf.
    Ich investiere ebenfalls mit TrueWealth und direkt in ETFs. Wäre ich noch jünger, würde ich die 3te Säule bei VIAC machen und zwar 100% global.
    Ein Dozent von Fintool http://www.fintool.ch hat mir bei einer Veranstaltung ebenfalls gesagt dass er die 3te Säule bei VIAC macht. Ausserdem investiert er nur noch in ETFs und nicht mehr in Einzelaktien!

  • Kurt Seiler sagt:

    Alles im grünen Bereich jetzt.
    Aber wie steht es in 20, 30 oder 40 Jahren damit?
    Es wird allen Zwanzigjährigen empfohlen nur nie ein eine Einzelaktie sich anzuschauen und alles in ETFs zu stecken.
    Auweia…
    Aktienkultur ist das definitiv nicht.

    • Pan Flöte sagt:

      Beim Kauf von ETFs (oder aktiven Fonds) geht es hauptsächlich um Diversifikation. — Wer will, kann natürlich Einzelaktien kaufen, so viel er will. Wenn er sich damit auskennt, kann er sehr erfolgreich sein. Er kann auch ETFs und Einzelaktien mischen, ist eine gängige Methode (Core-Satellite-Ansatz). Er kann auch aktive Fonds kaufen, Zertifikate, strukturierte Produkte … ist ja sein Geld.

  • Peter Meiter sagt:

    ETFs funktionieren aber nur solange, wie es jemanden gibt, der auch in Einzelaktien investiert. Sonst steht der Handel still.
    Angenommen es sind alle in ETFs investiert, ausser ein einziger Investor in Einzelaktien, dann müssen sich alle ETFs in die Richtung des Investors bewegen.
    Im Umkehrschluss bewegen sich die ETF’s in die Richtung der Fonds-Manager.

    Natürlich gibt es noch diese Beta-ETF, Value, etc, aber auf die reinen Indizies bezogen, würde meine Aussage wohl stimmen.

    • Rolf Rothacher sagt:

      Exakt. Man überlässt den Hyänen die Preisbildung. Derart idiotisch, wie hier die Jünger der ETFs agieren. Kein Wunder, nach 10 Jahren Börsenkurs-Hausse, getrieben EINZIG durch Gratisgeld der Zentralbanken. Gerade weil so viele Unbedarfte ihr Geld in ETFs gesteckt haben und noch stecken, wird der nächste Abschwung die Börsen weitaus härter treffen, weil die Nerven der meisten Akteure blank liegen und sie kopflos verkaufen werden.

    • Peter Rohner sagt:

      Wenn alle nur ETFs besitzen würden, dann wäre plötzlich das Stockpicking wieder interessant, denn dann gäbe es zum Beispiel Aktien mit 15% Dividendenrendite, die man leicht einsammeln könnte. Die Aktien sind ja Anteile realer Firmen, und diese haben innere Werte und möchten Gewinne maximieren. — Sobald diese Stockpicking-Phase eintritt, werden die zuvor schlafenden Aktien im Kurs steigen.

    • Meieriesli sagt:

      „Im Umkehrschluss bewegen sich die ETF’s in die Richtung der Fonds-Manager. “
      Nicht wirklich.

      Sie lassen ausser acht, dass als Käufer für die Verkäufe von ETF A nicht nur der Investor in Frage kommt, sondern auch alle anderen ETF. Und wenn „alle“ zum Ausgang rennen, spielt es keinerlei Rolle, ob sie ETF verkaufen oder Einzelaktione, denn auch hinter den ETF stehen die entsprechenden Einzelpositionen.

  • Kurt Seiler sagt:

    Ein Index-ETF ist am besten solange ihn keiner will.
    Ein Paradox.
    Der Erfolg der ETFs wird auch ihr Untergang sein.

  • Thomas Hartl sagt:

    Ein interessanter Artikel. Wenn die grosse Nachfrage nach ETFs zu einer Überbewertung der Index-Aktien führt, ist hier tatsächlich eine Blase zu erwarten. Attraktiv wären dann passive Fonds, welche den Index zwar strukturell abbilden, aber jeweils auf alternative Unternehmen setzen, statt jenen im Index. Macht das Sinn, und gibt es solche Produkte?

  • Tim Weser sagt:

    „Da muss sich auch zeigen, ob in Krisenzeiten (….) aktiv geführte Fonds (…) nicht doch überlegen sind.“
    Das muss sich nicht zeigen, das Ergebnis ist bekannt. Langfristig schlägt praktisch kaum ein aktiv geführter Fonds (vor allem nach Kosten) den „Markt“. Und der „Markt“ sind nunmal die entprechenden Indices.
    Zumal die meisten aktiv geführten Fonds vermutlich in die gleichen Aktien investieren wie ETFs, also Aktien die Teil des Index‘ sind.
    Denn der Umkehrschluss bedeutet: Die Firmen sind viel zu klein, um sinnvoll zu investieren, ein Fonds würde die Kurse viel zu stark beeinflussen.
    Zudem berücksichtigt der Artikel zu wenig, dass ETFs nicht zwingend Aktien kaufen/verkaufen müssen. Bei synth. Replikation werden keine Aktien gekauft. Und auch bei phys. nicht alle Aktien.

  • Meieriesli sagt:

    Hier wird lediglich die eine Seite der Medaille berücksichtigt. Korrekterweise müsste auch betrachtet werden, was passiert wenn Hunderttausende Investoren statt ETFs massenhaft Einzelaktien verkaufen. Erst der Vergleich der Ergebnisse dieser beiden Szenarien erlaubt einen hoffentlich korrekten Schluss.

    Dabei fällt auf, dass es nicht den geringsten Grund gibt für die implizite Behauptung Rohners, dass sich der Verkaufsdruck im zweiten Szenario wesentlich von demjenigen der ETF verkaufenden Investoren unterscheidet.

    Andersrum formuliert: Der Schluss aus Rohners Milchmädchen-Rechnung Rohners ist nicht nur unzulässig, sondern mit grosser Wahrscheinlichkeit falsch.

    • Meieriesli sagt:

      Namensverwechslung meinerseits, sorry.
      Nicht Rohners sondern Spielers Behauptung und Milchmädchenrechnung.

  • Lucas Wyrsch sagt:

    Das sicherste ETF der Welt wird von BlackRock betrieben und hatte im Jahr 2019 eine Gesamtperformance von 19.46%!
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    iShares Global REIT ETF (REET) von BlackRock enthält alle REITs der Welt!
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    REET schloss am 1. Januar 2019 bei US$23.74 und ging am Freitag, den 3. Januar 2020 bei US27.52 aus dem Handel. REET gewann somit in einem Jahr US$3.78 oder 15.92% mit einer Dividendenrendite von 3.54% kam man mit allen REITs der Welt über ein BlackRock ETN auf eine Performance von 19.46%
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    Wer auf die Website von iShares Global REIT ETF (REET) geht kann den Erfolg unter dem Tab „Growth of Hypothetical $10,000“ seit dem 10.7.2014 verfolgen!
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    Die iShares Global REIT ETF (REET) wäre am 31.12.2019 genau US$14’203.41 Wert gewesen!
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    Alles durch Immobilien abgesichert!

  • Larry Fink sagt:

    Die Preise bilden hauptsächlich die Trades er aktiven Privat- und institutionellen Investoren, denn die machen den Grossteil des gehandelten Volumens aus. ETFs investieren dann so wie die Preise auf dem Markt sind, und für diese sind wie gesagt hauptsächlich die aktiven Investoren verantwortlich.
    ETF Investoren lassen die Arbeit (Preisfindung) von den aktiven Investoren machen und sparen bzw. gewinnen dabei noch Geld, da sie viel geringere Transaktionskosten und Verwaltungsgebühren haben (ETF: 0.05% – ca. 0.7% vs aktiv: ca. 1.5% – 2.5%).

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