Anlegen oder Hypothek amortisieren?

Banken haben ein Interesse daran, dass Kunden ihre Hypothek behalten und liquide Mittel investieren. So verdienen sie doppelt.

Vorsicht ist geboten: Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren dürften die Aktienmärkte künftig belasten. Foto: iStock

Ich, 77, habe aus einem Landverkauf rund 500’000 Franken sowie weitere Gelder liquid und in Wertschriften. Mein Haus, das ich teilweise vermietet habe, wurde teilweise renoviert. Meine Bank möchte, dass ich das Geld anlege. Doch ich frage mich, ob ich nicht die Festzins-Hypothek von 140’000 Franken und eine andere Hypothek von 35’000 Franken amortisieren soll. Anlegen oder amortisieren: Was meinen Sie? V.K.

Wenn Sie das Geld anlegen, haben Sie die Chance, dass Sie darauf eine ansprechende Rendite erzielen. Gleichzeitig tragen Sie je nach Anlagestrategie aber ein mehr oder weniger hohes Anlagerisiko.

Die Bank hat natürlich ein Interesse, dass Sie das Geld nicht für die Amortisation der Hypothek nutzen, sondern es investieren. Dann verdient sie doppelt: einerseits bei den Anlagen, anderseits mit den Hypotheken.

Ich rate Ihnen zur Vorsicht. Ich würde wenigstens einen Teil der Hypothek amortisieren. Dann sparen Sie sich die Zinsen. Zwar sind die Hypozinsen momentan sehr tief und dürften es auch noch länger bleiben. Dennoch fliesst jetzt mit den Hypozinsen Geld von Ihnen weg an die Bank.

Sie haben keine Garantie, dass Sie mit dem Kapital mehr Zins erwirtschaften, als Sie der Bank Hypozinsen berappen. Nach der langen Hausse an den Aktienmärkten rechne ich damit, dass wir wohl die eine oder andere heftige Korrektur an den Börsen erleben werden.

Viele Unsicherheitsfaktoren schweben wie ein Damoklesschwert über den Märkten: Angefangen beim Handelsstreit zwischen den Supermächten USA und China, über den Konjunkturabschwung in Europa, den Brexit bis zum Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump. Das sind nur ein paar Beispiele. Diese Unsicherheitsfaktoren dürften die Märkte künftig noch stärker belasten.

Sie müssen sich auch angesichts Ihres Alters genau überlegen, wie viele Risiken Sie eingehen wollen und können. Wenn Ihnen starke Kursschwankungen Bauchweh machen, würde ich auf zusätzliche Investments eher verzichten und dafür die Hypotheken abzahlen.

Ganz amortisieren würde ich die Hypotheken auch nicht, da ich sicherstellen würde, dass Sie jederzeit genügend liquide Mittel haben. Bei einem älteren Haus müssen Sie jederzeit damit rechnen, dass Sie erneut etwas renovieren müssen. Dann müssen Sie die nötigen liquiden Mittel bereithaben. Eine neue Hypothek bekommen Sie in einem solchen Fall indes kaum mehr.

Auch das spricht meines Erachtens für eine vorsichtige Vorgehensweise. Wenn Sie jetzt zusätzliche Wertschriften kaufen und das Geld anlegen, wie es Ihnen Ihre Bank vorschlägt, laufen Sie Gefahr, dass Sie einen Teil dieser Wertschriften ausgerechnet zu einem schlechten Zeitpunkt wieder verkaufen müssen, weil eine weitere Reparatur am Haus nötig wird.

17 Kommentare zu «Anlegen oder Hypothek amortisieren?»

  • Stefan W. sagt:

    Dre Fragesteller hat ein Luxuxproblem. Selbst wenn er die Hypotheken völlig abzahlt, hat er immer noch genug Geld für praktisch alle erwartbaren Renovierungen übrig. Die Frage der meisten Wohneigentümer ist eine andere: Soll ich meinen Gürtel enger schnallen, um die Hypothek wenigstens teilweise zu amortisieren, oder soll ich mir ein luxuriöseres Leben leisten und die Hypothek, die ja auf absehbare Zeit kaum was kostet, einfach stehen lassen.

    • Matthias Bosshard sagt:

      Toller Bericht der endlich mal aufzeigt das es keinen Sinn macht Geld anzulegen wen man parallel Geld bezahlt. Die Zins Ersparnisse sind garantiert das ist perfekt. Ich amortisieren auch alles den nur keine Hypo ist eine gute Hypo die Tragbarkeit kann mich dann mal. Da ich Handwerklich begabt bin und das Haus mein Hobby ist brauche ich keine Bank für Renovierungen habe eines der schwersten Dächer Krüppelwalmdach von Grund neu aufgebaut auch das gibt es bezahlt aus der Portokasse wie viel anderes ohne Bank. Gerade im Alter wen nur noch wenig Geld hereinkommt ist es wichtig so wenig Zahlungsverpflichtungen wie möglich zu haben um nicht in Bedrängnis zu kommen da sind auch nötige Renovierungen zweitrangig man könnte zu Not auch mal ohne Heizung leben immer noch besser wie ausziehen.

  • Mark Müller sagt:

    In der kommenden Kriese und die wird massiv kommen ist die Devise so wenig Schulden wie möglich zu haben sagen Friederich und Weick, Dr. Markus Krall und Prof. Otte um nur einige zu nennen. Der ehem Chef des IFO Institutes Prof Sinn selbst die BIZ die Notenbank der Notenbanken weltweit warnt von nicht mehr zu kalkulierenden Szenarien. Ray Dalio einer grössten und erfolgreichsten Hedgfonds Manager der Welt warnt, was brauchen wir noch um unser Geld in Sachwerte so gut es geht vor dem massiven Verlust zu schützen. Die kommende Kriese wird alles dagewesene in den Schatten stellen…

    • Gerhard Engler sagt:

      Wer „Kriese“ schreibt, hat offensichtlich keine grosse Ahnung von der Sache. Warum sollte es bei einer Krise von Nachteil sein, wenn man Schulden hat? Nicht die Schulden sind von Bedeutung, sondern was man mit seinem Geld gemacht hat.

      • Josef Marti sagt:

        Das ist insbesondere dann ein erheblicher Nachteil wenn die Krise zu einer nachfrageseitigen Deflation auf breiter Front führen sollte. Im Fall der CH würde ich als Schuldner weniger auf ein Hyperinflation wetten.

  • Fritzlee sagt:

    Unbedingt amortisieren. Falls der Wohnungsmarkt einbricht, wird man so oder so nachzahlen müssen, da die Liegenschaften dann aus Sicht der Bank zu hoch mit Hypotheken belegt sind wegen dem Wertverlust.

  • Markus Hertig sagt:

    Wichtig ist die persönliche Anlagestrategie: Ausreichend kurzfristige Liquidität ist zentral. Geld, das man voraussichtlich sehr lange (evtl. nie) zum Leben benötigt, kann man getrost in Aktien investieren. Amortisationen sind m.E. mit Obligationen zu vergleichen.

  • Martin Leu sagt:

    „Warum sollte es bei einer Krise von Nachteil sein, wenn man Schulden hat?“
    Schulden sind nur dann ein Vorteil, wenn nicht gleichzeitig auch Guthaben vorhanden sind und im Konkursfall nicht viel bei Ihnen zu holen ist.
    Wenn die Banken aufgrund fauler Kredite reihenweise zusammenbrechen (2008 wurde dieses Szenario noch knapp verhindert), werden auch die Börsen masssiv verlieren und im obgigen Beispiel erhalten Sie für Ihre Sichtguthaben im besten Fall einen schönen Schuldschein (vergessen Sie Herrn Spielers so oft propagierte Einlagensicherung!), Ihre (Hypothekar)schulden bleiben dagegen weiterhin bestehen.

    • Gerhard Engler sagt:

      @Leu: Sie haben es erkannt: Bei einem Crash sind nicht die Schulden das Problem, sondern die Frage ist vielmehr, in welcher Form ich noch über ein valables Guthaben verfüge.

  • Hoppler Karl sagt:

    Da gibt ihnen die Bank Geld zu 0.7% auf 12 Jahre und sie nehmen es nicht? Schwere Dividendentitel und sie verdienen jedes Jahr 2 – 3%.

    • Jacques Zimmer sagt:

      @Hoppler: Vielleicht verlieren Sie auch 2 – 3 % – aber jeden Tag. Z.B. bei der längst erwarteten Börsenkorrektur.

    • Martin Leu sagt:

      @Hoppler Karl
      Das ist genau die verantwortungslose, geldgierige Denkweise, die zur heutigen Schuldenmisere geführt hat.

  • Köbi Löwe sagt:

    Das Amortisieren der Hypothek zum Zeitpunkt des Rentenbeginns war etwas vom besten, was ich in meinem Leben je machte. Steuerlich ist das Ganze eh als Nullsummen Spiel zu bezeichnen. Auslöser waren zwei Details im neuen Hypovertrag. Zum einen: Es gibt keine Verrechnung (Sauerei). Zum anderen: Verbriefungen werden gestattet. Nicht ist dagegen einzuwenden. Aber jetzt kommt’s: Entstehen der Bank daraus Rechtsstreitigkeiten, beteiligen sich alle Hyponehmner im Verhältnis an den Fremdkosten. Ja sag mal, wo gibt es denn das in der freien Wirtschaft! NB: Die UBS, anno 2008 kurz vor der Pleite stehend, musste damals ihren Angestellten die Verrechnung zugestehen.
    Warum das damals so war, ist leicht zu verstehen.

    • Martin Leu sagt:

      @Köbi Löwe
      Genau auch meine Überlegungen, weshalb ich die Hypothek inzwischen vollständig amortisiert habe. Inbesondere die UBS ist eine rechtsgültig verurteilte korrupte Organisation mit einem betrügerischen Geschäftsmodell (wobei dies nicht heissen soll, andere Banken seien grundsätzlich besser).

  • Christian Suter sagt:

    Unbedingt amortisieren – Sie haben ja noch ein Einkommen aus Vermietung – so sind Sie unabhängig von den Banken. Ich habe auch alles amortisiert und nur wenige Schulden bei Freunden. Denen bezahle ich 1% – so sind alle zufrieden – nur die Bank schaut ins Leere!
    Schauen Sie mal unter http://www.educaswiss.ch – da können Sie auch investieren – in junge Menschen die eine Ausbildung machen wollen, aber kein Geld haben – eine sinnvolle Sache! Eine Win-Win-Situation. Unter dem Strich bleiben ca 2% – und wenn Sie wollen, können Sie sich sogar noch an den Erfolgen der jungen Leute freuen!

  • Hans J. Rohrer sagt:

    Nur Geld, das man ausgiebt, hat einen Wert. Geniessen Sie das Leben und bereisen Sie die Welt, solange Sie noch die Kraft dazu haben. Die Erinnerungen kann Ihnen niemand wegnehmen. .Bei den heutigen und auch längerfristig zu erwartenden Zinssätzen fallen Ihre Hypozinsen ja kaum ins Gewicht. Je weniger Sie hinterlassen, desto grösser ist Ihr Beitrag an den Rechtsfrieden

  • Jordan sagt:

    Ausgezeichneter Artikel Martin. Wichtig ist, die Chance zu nutzen, einen besseren Deal mit dem Zinssatz zu bekommen. Eine Veränderung von 0,5% über die Laufzeit ist groß. Ich habe hier darüber geschrieben: https://investinghero.ch/how-to-optimize-your-budget/

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