Negativzinsen: Was soll das?

Oder: Warum Kantonalbanken mit Staatsgarantie nichts anderes übrig bleibt, als die negativen Zinsen der SNB weiterzugeben.

Kaum Handlungsspielraum: Ein Erlass der Negativzinsen würde zu einer Geldflut führen. Foto: Keystone

Ich bin sehr verärgert nach der Negativzinsmitteilung der ZKB, obwohl diese sich schon wieder fadenscheinig und unbestimmt herausredet. Wo soll das hinführen, die Sparer werden für jedes Kleinstdetail der Banken mit viel Gebühren belastet. Wir werden gezwungen, unser Geld anzulegen, wohlverstanden schön diversifiziert, aber auch das wirft kaum etwas ab, je nach Aktien verliert man sogar. Wie sehen Sie das? E.L.

Negativzinsen sind in der Tat ärgerlich. Ich habe an dieser Stelle schon mehrmals geschrieben, dass ich die Massnahme der Schweizerischen Nationalbank als problematisch einstufe.

Sie hilft zwar, den Franken gegenüber den ausländischen Währungen zu schwächen und den Export und den Tourismus zu stützen. Für die Sparer und Versicherten, für die AHV, Pensionskassen, Banken und Versicherungen sind sie aber eindeutig nachteilig.

Wenn das Geld spotbillig ist, werden zudem falsche Anreize gesetzt: Man wird faktisch dafür belohnt, dass man Schulden macht, was viele Staaten auf der ganzen Welt im grossen Stil tun und was dazu geführt hat, dass die Schuldenberge weltweit stark angestiegen sind. Zudem fliesst sehr viel Geld in die Aktien- und Immobilienmärkte, was für die Zukunft einige Gefahren bringt. Ironischerweise warnt ausgerechnet die Nationalbank regelmässig vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes, obwohl ihr spotbilliges Geld massgeblich dazu beiträgt.

Dass die ZKB bei einem kleinen Teil der Kunden, die bei ihr nur liquide Mittel parkieren, nun auch Negativzinsen belastet, hat mich nicht überrascht. Als Kantonalbank mit Staatsgarantie ist sie, und andere Kantonalbanken, mit staatlicher Garantie einem besonderen Risiko ausgesetzt: Würde sie kommunizieren, dass sie keine Negativzinsen weitergibt, wäre sie innert kurzer Zeit mit einer Flut von Geldern aus dem In- und Ausland konfrontiert.

Dann wüssten nämlich alle, dass man bei ihr – anders als bei den meisten anderen Banken – kostenlos Geld parkieren kann und darüber hinaus noch von der Staatsgarantie profitieren kann. Die Kantonalbanken müssten in diesem Fall der Nationalbank noch weit mehr Negativzinsen abliefern, als sie es heute schon tun, was ganz sicher nicht im Interesse der Eigner, nämlich der kantonalen Steuerzahler wäre. Um das zu vermeiden, sind gerade auch Kantonalbanken mit Staatsgarantie gezwungen, für einen Teil der Kunden Negativzinsen zu verrechnen.

Dazu kommt: Kleinanleger sind das in der Regel nicht, vielmehr sind es üblicherweise Leute, die Millionen besitzen und neben ihren Anlagen einfach noch liquide Mittel sicher deponieren möchten. Persönlich habe ich den Eindruck, dass man im Falle der ZKB mit der öffentlichen Kritik den Esel meint, aber den Sack schlägt, zumal die Negativzinsen von der Nationalbank verfügt werden und praktisch alle Banken bei hohen Mitteln auf dem Konto ohne weitere Zusatzgeschäfte Negativzinsen belasten.

Dennoch gebe ich Ihnen in dem Punkt recht, dass es ärgerlich ist, dass man als Kunde auf der einen Seite längst keinen Zins mehr auf seinem Sparbatzen bekommt, gleichzeitig aber tendenziell steigende Gebühren zahlt.

Aus meiner Sicht ist es sogar noch schlimmer: Wenn Sie nämlich Ihren Sparbatzen einfach auf dem Konto liegen lassen, verlieren Sie damit auch ohne Verrechnung von Negativzinsen Geld. Denn auch die Teuerung von rund 0,4 Prozent frisst an Ihrem Geld. Daher würde ich nur einen Teil des Geldes liquid behalten und den Rest anlegen.

Der Nachteil, das stimmt, liegt darin, dass Sie dann ein Anlagerisiko tragen. In diesem Jahr indes wären Sie zum Beispiel mit Aktien ausgezeichnet gefahren und würden jetzt auf hohen Buchgewinnen sitzen. Aber auch das kann sich schnell wieder ändern. Darum ist eine Diversifikation auf verschiedene Anlageklassen wichtig.

Falls Sie auf Dividendenperlen wie Nestlé, Novartis, Swisscom und Schweizer Versicherer setzen würden, hätten Sie aber attraktive Dividendeneinnahmen von 2 bis 5 Prozent. Auch diese sind nie hundertprozentig garantiert, aber immerhin würden Sie von einem jährlichen Ertrag profitieren.

Ganz ohne Risiko ist auch das tatsächlich nicht möglich. Aus meiner Sicht ist es aber noch immer besser, als das Geld einfach auf dem Konto brach liegen zu lassen und damit garantiert Geld zu verlieren.

56 Kommentare zu «Negativzinsen: Was soll das?»

  • Emil N. sagt:

    Was mir nicht in den Kopf geht, ist der rechtliche Aspekt des Negativzinses: Geld bei der Nationalbank parken, darf etas kosten, wie der Parkplatz. Aber die Geschäftsbank arbeitet ja mit dem parkierten Geld, fährt quasi mit meinem parkierten Geld herum und da muss ich ihr noch dafür zahlen. Das do ut des ist verletzt

  • Lucas Wyrsch sagt:

    • Die Vorsorgeeinrichtungen in unserem Sample verzeichneten im
    November 2019 eine durchschnittliche Performance von 1,14% und seit
    Jahresbeginn 10,57% nach Gebühren.
    • Die mittleren Pensionskassen mit verwalteten Vermögen von CHF 300 Mio. bis CHF 1 Mrd. schnitten mit 1,19% am besten ab, dicht gefolgt von den kleineren Vorsorgeeinrichtungen mit bis zu CHF 300 Mio. mit 1,18%. Die grossen Pensionskassen mit über CHF 1 Mrd. bildeten mit 1,03% das Schlusslicht.
    • Alle Anlageklassen trugen diesen Monat positiv zur Performance bei und keine der Vorsorgeeinrichtungen verbuchte ein negatives Gesamtergebnis.
    Quelle: UBS Pensionskassen Performance, Kapitalanlagen im November 2019, von Jackie Bauer, Ökonomin, Veronica Weisser, Ökonomin, Nicolas Zgraggen
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