So riskant ist die Osram-Übernahme für AMS

Oder: Welche Auswirkungen die Osram-Übernahme für derzeitige AMS-Aktionäre hat.

Schreibt derzeit rote Zahlen: Der Osram-Hauptsitz in München. Foto: Reuters

Als Kleinaktionär der Firma AMS habe ich eine Frage: Sollte der Zusammenschluss mit Osram gelingen, müsste AMS eine Kapitalerhöhung durchführen. Was bedeutet das für den künftigen Kurs der Aktie? K.L.

Mit den Aktien von AMS haben Sie viel Geld verdient. Allein in diesem Jahr ist der Kurs fast 100 Prozent in die Höhe geklettert. Wer indes Anfang 2018 eingestiegen war, sitzt trotz des beeindruckenden Anstiegs in diesem Jahr weiter auf hohen Buchverlusten.

Die massiven Kursausschläge sind typisch für Technologieaktien wie AMS. Um die künftige Kursentwicklung abschätzen zu können, müssen wir einerseits die strategische Ebene mit der geplanten Übernahme von Osram und anderseits die operative Ebene in Betracht ziehen.

Operativ läuft es bei AMS gut. Der österreichische Sensorspezialist weist volle Auftragsbücher aus. Vor allem seitens der grossen Smartphone-Hersteller profitiert das Unternehmen von Aufträgen. Immer mehr Produkte von AMS kommen in Geräten von Apple zum Einsatz. Nur schon der Hinweis, dass Apple wichtigster Kunde von AMS ist, verleiht den AMS-Papieren einiges an Fantasie.

Gleichzeitig trägt das Unternehmen aber ein Klumpenrisiko. Wenn Apple weniger iPhones verkauft oder auf einen anderen Lieferanten setzen würde, wäre das für das österreichische Unternehmen, das an der Schweizer Börse kotiert ist, fatal.

Dessen ungeachtet, nahmen die Verkäufe im dritten Quartal um über 40 Prozent auf 645 Millionen Dollar zu, womit die Erwartungen deutlich übertroffen wurden. Auch gegenüber dem zweiten Quartal kletterte der Umsatz über 50 Prozent in die Höhe, und auch der Gewinn liegt mit 158 Millionen Dollar weit höher als in der Vergangenheit. Für die Aktie spricht auch die hohe Ebit-Marge von 28 Prozent. Vorderhand bleiben die operativen Perspektiven dank der gefüllten Auftragsbücher vielversprechend.

Als Risiken sehe ich die Entwicklung in der Autobranche, wo AMS ebenfalls als Zulieferer tätig ist. Und den Handelsstreit zwischen den USA und China, der über kurz oder lang auch bei AMS negative Spuren hinterlassen dürfte.

Die eigentlichen Risiken sehe ich indes auf der strategischen Ebene. Mit der geplanten Akquisition des Lichtkonzerns Osram aus München würde AMS massiv wachsen. Durch den Zusammenschluss würde ein Konzern mit 5 Milliarden Dollar Umsatz entstehen, der laut Firmenangaben eine weltweit führende Rolle in den Sparten Sensoriklösungen und Photonik übernehmen würde.

Das klingt auf den ersten Blick beeindruckend. Der Preis dafür ist allerdings, dass sich AMS stark verschulden müsste und zur Finanzierung weiteres Kapital aufnehmen würde. Kapitalerhöhungen haben eine Schattenseite für die bisherigen Aktionäre wie Sie: Sie müssen eine Gewinnverwässerung in Kauf nehmen – in der Hoffnung, dass dank der Akquisition später der Gewinn stark zunimmt und für Sie die Rechnung wieder aufgeht.

Solche Grossübernahmen sind in der Praxis aber oft problematisch. Sie binden viel Managementkapazität, und meist werden die mit dem Kauf verbundenen hohen Erwartungen nicht erfüllt, und die erhofften Synergien können oft nicht voll ausgeschöpft werden, was nicht selten später zu schmerzvollen Abschreibern führt.

Der Zusammenschlussvertrag beinhaltet zum Beispiel die Auflage, dass die bestehenden Produktionsstandorte von Osram in Deutschland mindestens drei Jahre lang weiter betrieben werden müssen und Mitarbeiter in Deutschland bis Ende 2022 vor fusionsbedingten Kündigungen geschützt seien. Das engt den Handlungsspielraum des neuen Konzerns schon deutlich ein.

Verzögern könnte sich die Übernahme auch wegen des Widerstands des Osram-Betriebsrats, der sogar vor Gericht zog. Zudem sollte man sich als AMS-Aktionär vor Augen führen, dass Osram tief in der Krise ist und rote Zahlen schreibt.

Ob sich der geplante Osram-Kauf später als Fluch oder Segen erweist, kann ich nicht voraussagen. Sicher ist aber, dass er für die bestehenden Aktionäre die Risiken erhöht. Wenn Sie auf hohen Buchgewinnen sitzen, würde ich daher bei AMS eher mal die Gewinne mitnehmen.

2 Kommentare zu «So riskant ist die Osram-Übernahme für AMS»

  • Klaus Hammer sagt:

    Herr Spieler,
    Ich gebe Ihnen Recht mit den kurz- und mittelfristigen Risiken. Ich sehe AMS mit seiner starken Stellung in Sensorik aber mit einer langfristig starken Stellung. Im „Internet of Things“ oder in der „autonomen Mobilität“ könnten die Sensorik-Chips von AMS vielleicht eine Rolle einnehmen wie Cisco oder Intel seinerzeit oder aktuell Nvidia. Kurz- und mittelfristig sehe ich Markt- und strategische Risiken (Osram), Langfristig sehe ich eine Bewertung von 10-20 Mrd. CHf, also ein Vielfaches von heute und so werde ich auch bei AMS nvestieren. Mit Sicht auf 5-10 Jahre.

  • Stephan Fehlmann sagt:

    Nun, der Wahnsinn ist durch, Osram geht zu AMS. Trotzdem finde ich es schade und schon fast kriminell vom AMS-Management, dass man mit allen erdenklichen Mitteln die Uebernahme durchgestiert hat. Gehts schlussendlich schief, was man ja erst in einigen Jahren sehen dürfte, kann das grössenwahnsinnige Ams-Management wohl kaum belangt werden. Dann dürfen wieder die Aktionäre bluten….und das sehen wir ja zu Genüge, dass Uebernahmen selten das halten, was sie versprechen.

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