Warum auch Arbeitslose AHV-pflichtig sind

Oder: Warum es Sinn macht, dass jegliche Beitragspflicht erst beim Erreichen des ordentlichen Rentenalters aufgehoben wird.

Ohne die lückenlose Beitragspflicht würden Arbeitslose später weniger Rente bekommen. Foto: Keystone

Meine Frau arbeitet 50 Prozent, ich wurde im Dezember 2018 frühpensioniert, habe mich aber noch beim RAV gemeldet und beziehe nebst einem Rentenanteil meiner vorherigen Firma auch Arbeitslosengeld. Ich war der Meinung, beim RAV würden sie mir keine AHV abziehen, was jetzt aber trotzdem der Fall ist. Ist das korrekt? P.H.

Ja, das Vorgehen Ihres Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV) ist korrekt. Wenn Sie sich vollständig pensioniert hätten – also kein Arbeitslosengeld mehr bezogen hätten –, wäre für Sie die AHV-Beitragspflicht entfallen, da Sie selbst kein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen mehr hätten, aber Ihre Ehefrau Beiträge an die AHV leistet.

Grundsätzlich ist es so, dass die Beitragspflicht auch für Nichterwerbstätige erst aufgehoben ist, wenn man das ordentliche Rentenalter erreicht. Frühpensionierte müssen also weiter AHV-Beiträge bis zum ordentlichen Rentenalter leisten.

Wenn aber der Ehepartner in dieser Konstellation weiter erwerbstätig ist und AHV-Beiträge von mindestens 964 Franken pro Jahr zahlt, muss man als nichterwerbstätige Person keine AHV-Beiträge mehr bezahlen. Das wäre bei Ihnen alles erfüllt gewesen.

Aber Sie beziehen Arbeitslosengeld. Das Arbeitslosengeld wird wie der Lohn eines Arbeitgebers eingestuft und gilt als AHV-pflichtig. Darum ist es richtig, dass Ihnen Ihr Regionales Arbeitsvermittlungszentrum von Ihrem Taggeld automatisch AHV-Beiträge abzieht.

Der Beitragssatz ist gleich hoch wie bei einem normalen Angestelltenverhältnis. Bezahlt wird der Beitrag aber von Ihnen und der Arbeitslosenkasse zusammen. Die Arbeitslosenkasse tritt in diesem Fall an die Stelle des Arbeitgebers. Darum zieht das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) die Hälfte des Beitrages von Ihrem Taggeld ab und überweist diesen zusammen mit dem von der Arbeitslosenkasse beigesteuerten hälftigen Beitrag an die AHV-Ausgleichskasse.

Die Regelung macht Sinn: Sie verhindert, dass Arbeitslose während ihrer Zeit als Stellenlose auch noch Lücken bei der AHV erleiden, die dazu führen würden, dass sie später im Alter weniger Rente bekommen.

In Ihrem Fall bringt die Regelung allerdings nichts, da Ihre Frau AHV-Beiträge leistet und Sie trotz Erwerbslosigkeit keine Beitragslücken hätten. Die Regelung ist aber klar: Trotz Erwerbslosigkeit ist man obligatorisch in der AHV versichert und muss Beiträge bezahlen.

Wenn Sie keine Arbeitslosenentschädigung oder Taggelder mehr erhalten würden, würde die AHV-Pflicht zwar theoretisch weiterbestehen. Weil Ihre Frau aber genügend AHV-Beiträge leistet, wären Sie dann von der Beitragspflicht befreit.

26 Kommentare zu «Warum auch Arbeitslose AHV-pflichtig sind»

  • Olivier Schmid sagt:

    Die entrichteten AHV-Beiträge bringen in diesem Fall nicht nichts! Ausser der Beitragszeit, entscheidet auch das durchschnittliche Jahreseinkommens über die spätere Rentenhöhe.

  • Konrad Staudacher sagt:

    Die Darstellung der Rechtslage in Ehren. Aber: Macht das wirklich Sinn, einer Arbeit-losen Person mit der rechten Hand Geld zu geben + mit der linken Hand das Geld gleich wieder (in Höhe der Steuern) wegzunehmen?

    Wer den Artikel liest erkennt, dass es da gleich mehrere Widersinnigkeiten gibt …

    • DerRealist sagt:

      Grundsätzlich haben sie recht, ist ja auch so wenn man ausgesteuert ist und dann eine Türe weiter zum Sozialamt geht (zumindest denkt man das).

      Das eine ist eben eine „Versicherung“ ALV und das andere nicht AHV. So wie auf Ihrem Lohnausweis stehen sollte PK Sparen und PK Risiko (für Todesfall und IV).

    • Anh Toàn sagt:

      Man könnte das Arbeitslosengeld etwas reduzieren und dafür einfach direkt bei der Ausgleichskasse die Beiträge gutschreiben. Aber das könnte man ja auch bei Lohnempfängern machen. Es geht darum, dem (AHV-)Versicherten einen Nachweis auszustellen, dass vom Arbeitgeber bzw. der ALV Beiträge bezahlt wurden, denn die abziehen und nicht abliefern ist strafbar. Bei den Steuern ist es nochmal etwas anderes: Selbstverständlich sind Arbeitslosenentschädigungen genauso steuerbares Einkommen, wie Löhne. Ob daraus (relativ) hohe Steuern resultieren, hängt von anderem Einkommen und allenfalls vom Kanton ab. Es gibt Kantone, die besteuern bereits sehr tiefe Einkommen recht heftig.

      • Anh Toàn sagt:

        Aber letztlich ist, was Sie Herr Staudacher sagen, die Idee, die hinter einem bedingungslosen Grundeinkommen steht: Wir zahlen die, welche zu wenig haben aus unzähligen Kassen, welche von denen die können, gefüttert werden. Und damit die die können, die Kassen auch füttern, gibt man denen auch etwas daraus zurück von dem was sie einbezahlt haben, und rodet ganze Wälder um das ganze Papier zu bedrucken oder verstromt Kohle um die Server zu betreiben, die das alles abrechnen: da würde man besser eine grosse Tonne nehmen, und die die können schmeissen rein und die die brauchen nehmen raus, aber das funktioniert mit Menschen halt bisher nur in ganz kleinen Gruppen.

  • Bernhard Piller sagt:

    DIe AHV ist eben keine Versicherung, sondern ein von den Sozialisten erfundenes Umverteilungsinstrument. Und perfekt für den Angestellten mit 40 Dienstjahren abgestimmt. Wenn einer einen Lebenslauf mit Brüchen hat, jahrelang nichts verdient und dann mal Hundert Tausende einzahlt – er kriegt trotzdem nur die Minimalrente. Das ist mit nichts zu rechtfertigen.

    • Thomas sagt:

      Die Schweiz kann froh sein um dieses Umverteilungsinstrument, das u. a. für die politische Stabilität sorgt, von der besonders die Kapitalisten profitieren.
      Anpassungen der AHV an spezielle Lebensläufe können in unserer Demokratie jederzeit initiiert werden – Herr Piller.

    • Patrik Peter sagt:

      Piller: nichts begriffen. Bitte 1x die Bundesverfassung lesen. Zudem: selbstverständlich macht es Sinn, wenn alle im mind. eine Rente erhalten die zum Leben knapp reicht. Oder möchten Sie den den Pensionären ab 65 100% Sozialhilfe bezahlen? Das würde Ihre Steuerlast um ein x faches vergrössern.

      • Jäggi sagt:

        Würden wir keine Kohäsions_Miliarden sinnlos ins Ausland verschleudern, sähen AHV/ALV gesünder aus.!! Dann muss niemand die BV lesen P. Peter

      • Josef Marti sagt:

        Wahrscheinlich meint Herr Piller, man könnte die Pensionäre ab 65 anstatt in die Sozialhilfe nach Südostasien schicken, dort sind die Essensportionen deutlich tiefer; oder dann müsste man sie hier zur Strafe weil sie zu Lebzeiten zu wenig verdient haben ständig mit glühenden Zangen zwicken.

      • Louis sagt:

        @Jäggi: Die Kohäsions-„Milliarden“ machen pro Jahr 130 Millionen aus. Die AHV braucht aber jährlich rund 45’000 Millionen.

    • Ruth sagt:

      Piller: beinahe alles ist falsch in Ihrer Aussage: 40 Jahre einbezahlt ergibt eine Kürzung der AHV, da zu wenig Jahre einbezahlt! Den utopischen Bürger, der jahrelang nichts verdient hat und dann 100.000 Fr. in die AHV (!) einbezahlt habt, müssen Sie uns schon zeigen! Arbeitslose bezahlen ebenfalls ein, auch Studenten usw. Die Minimalrente erhält, wer mind. 44 Jahre einbezahlt hat, aber sehr wenig.
      Wenn wir über die Grenzen schauen sind wir für die AHV zu beneiden, denn sie gibt denjenigen, die ihr Leben lang wenig verdient haben, mehr als sie verdient hätten und beschneidet alle diejenigen, die viel verdient haben, indem sie „nur“ die Maximalrenteverhalten.

      • M. Vetterli sagt:

        “Wenn wir über die Grenzen schauen sind wir für die AHV zu beneiden…”

        Ja Frau Ruth… was die Leistungen anbetrifft muss man Ihnen wohl beipflichten.
        Nur hat man diese Leistungen nie nachhaltig finanziert. Heute müssen 3,0 Erwerbstätige einen Rentner finanzieren. Dies führt bereits heute zu einem Umlageverlust von 1Mrd. jährlich. Eigentlich müssten 2,3 Aktive (bei Ref.Alter 65) einen Rentner finanzieren können ohne dass ein negatives Ergebnis resultiert. Die AHV war nie nachhaltig finanziert. Toll haben wir Leistungen um die uns andere beneiden. Schlecht nur, dass diese Kosten zu einem grossen Teil seit jeher in die Zukunft transportiert werden. Heute stehen wir vor der Frage, inwiefern wir die Leistungen reduzieren müssen. Ohne sehr rasche Anhebung Ref.Alter droht uns dieses Szenario.

      • Ruth sagt:

        Herr Vetterli, alles korrekt, trotzdem teile ich Ihre Meinung nicht. Die Finanzierung muss anders gesichert sein, aber es ist in meinen Augen unglaublich, dass ein Land wie die Schweiz, das ihr Geld weit verteilt, kein Geld für die Alten übrig sein soll!? Aber natürlich sind Banken, neue Armee-Flugzeuge, Entwicklungshilfe usw so viel wichtiger, als alte Leute in Würde altern zu lassen? Das Menschenbild ist kaum zum aushalten!

      • Josef Marti sagt:

        Bei diesem Umlageverlust kann sowieso etwas hinten und vorne nicht stimmen, da ja die Bevölkerung in der CH in den letzten 30 Jahren um 30% zugenommen hat. Scheinbar hat die CH in dieser Zeit hauptsächlich im grossen Stil IV Fälle, Grossmütter und Sozialfälle dank Familiennachzug und Asylchaos importiert und nicht wie dauernd vorgelogen die angeblichen so unerlässlichen AHV einzahlenden jungen Fachkräfte.

      • M. Vetterli sagt:

        Frau Ruth, egal wie man die Finanzierung hätte bewerkstelligen können/wollen. Tatsache ist, dass sie nicht nachhaltig umgesetzt wurde.
        Man kann nicht die Leistungen loben ohne die unvernünftige Finanzierung zu geisseln. Letztlich muss jede Ausgabe oder Investition finanziert werden. AHV-Renten welche teilweise mittels Kredit zu Lasten der Jungen oder künftiger Steuerzahler finanziert werden ist nicht nachhaltig.
        Auf die Leistungen zu zeigen ohne die mangelnde Finanzierung zu erwähnen ist einfach nicht die ganze Wahrheit.
        Wenn Sie die mangelnde Finanzierung bis heute ab heutigen u.künftigen Einkommen fordern ist dies nicht fair.
        Ein Teil der Schweizer Bevölkerung ist arm. Dies spiegelt sich auch bei den Alten.Die mangelnde finanz. Sicherung derer Leistungen ist tatsächlich ein Skandal

      • Josef Marti sagt:

        Abgesehen davon könnte die Maximalrente sowieso problemlos um einige hundert CHF gesenkt werden da deren Bezüger ohnehin zu den besser Betuchten gehören und genügend selbst vorgesorgt haben. In einem politischen System der reinen Interessenvertretung darf aber auf keinen Fall aufgrund von sachlichen Kriterien argumentiert werden, ansonsten wird man im Verteilkampf nach hinten durchgereicht und die Gegenseite sagt Danke vielmal. Bei stotterndem Wachstumsmotor verschärfen sich die Verteilungskämpfe sofort massiv, dafür gibt es dann unzählige endlose spannende und unterhaltsame Referenden.

    • Josef Marti sagt:

      Falsch. Das hat damals die staatstragende Goldküstenpartei FDP erfunden, wahrscheinlich befanden die sich damals in einem Anfall von kollektivem Delirium da es keine ernsthafte Oppositionsparteien gab und man sich deshalb den ganzen Tag zu Tode gelangweilt hat.

    • Claude Fontana sagt:

      @Piller: Tia das V in“ Alters-und Hinterbliebenen Versicherung haben sie offenbar überlesen. Und ohne Die, hätten Sie wohl kaum je was geerbt. Das wäre schon draufgegangen bevor Sie dazu kämen.

  • Thomas sagt:

    Ergänzung:
    Damit die AHV-Beitragspflicht für einen verheirateten, vorzeitig pensionierten und damit nichterwerbstätigen Mann entfällt muss die Ehefrau drei Bedingungen erfüllen:
    – doppelter Mindestbeitrag erarbeiten (wie von Hr. Spieler erwähnt: CHF 964.—)
    – Mindestens 9 von 12 Monaten erwerbstätig
    – Erwerbstätigkeit im Umfang von mindestens 50%
    Also mal schnell mit einem Auftrag oder einer kurzen Anstellung den Mindestbeitrag abliefern funktioniert nicht.

  • Benjamin sagt:

    Gerade für Soziales, in vielen Ländern nicht ohne Grund einer der grössten Budgetposten, wurde und wird immer mehr gespart. Mal direkt in dem Leistungen kaum oder nicht erhöht werden, oder indem man die Beiträge systematisch dezimiert in dem diese nicht oder kaum erhöht werden. Zudem bleiben viele Vermögen und Profite völlig unberührt davon so das am Ende eben doch ein Transfer von unten nach oben vorhanden ist. Diese werden kaum jemals debatiert noch einbezogen, dafür sorgt man mit viel Hysterie dafür das die Menschen einfach noch mehr Lebensarbeitszeit, mehr Verzicht, mehr Sparen über sich ergehen lassen müssen. Eigentlich völlig unnötig den Geld ist mehr als genug vorhanden.

  • Eugen Freimächler sagt:

    Selten so was Falsches gelesen. Natürlich macht es Sinn. Aber man bekommt 70% vom letzten Nettolohn. Ein Beispiel wie ich es täglich habe: bei 10’000/Monat Brutto (tönt gut, oder) und 7500 Netto (Kaderplan Verwaltung) davon nochmals 70% Abzug macht 5’250 Franken Arbeitslosengeld (die Alimente von 2200 Franken muss dabei weiterhin zahlen laut BGE. Erst wenn man ca. drei Jahre keine Arbeit finden, kann man die Alimente herabsetzen). Macht dann 5250 (oder eben nach Alimente oft etwas um 3000). Und wenn man hier nun gross der Meinung ist, dass man davon 3000 in die PK (damit man keine Altersarmut hat) und 3a zahlt und noch AHV !! dann hat man was nicht verstanden von der Realität vieler Männer (und auch Frauen). Zudem hat man dann alle AHV-Beitragsjahre, aber dennoch massive Lücken.

  • Massimo Diethelm sagt:

    Ich habe 5 Jahre lang in der Dominikanische Republik gewohnt und an die Freiwillige AHV bis zu jährlich fast SFR.1000.- bezahlt und musste alle meine und meiner Dominikanische Frau , die Einkommen seitens mir und meiner Frau (Heirat in der CH eingeschrieben) belegen.
    FRAGE : bekommt meine Frau keine AHVmit 63 ?? Was geschieht bei einer Scheidung ? Und zuletzt, wenn ich sterbe ,bekommt Sie AHV??

  • Walter Scharnagl sagt:

    Ich finde dies vollkommen richtig. Auch IV Bezüger sowie Frühpensionierte müssen AHV Beiträge bezahlen.: 45 / 44 volle Beitragsjahre!

  • sepp z. sagt:

    Sogar selbständig Arbeitende sind ALV pflichtig, auch wenn sie nie in den Genuss von Zahlungen kommen können.

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