Warum eine neue Finanzkrise droht

Wegen dem billigen Geld werden Aktien und Immobilien immer teurer – die Gefahr wächst stark, dass es zu einer Blase kommt.

Die erneute Zinssenkung des Fed verleiht den Börsen Auftrieb: Händler an der Wall Street. Foto: Drew Angerer (Getty Images)

Schon wieder hat die US-Notenbank die Zinsen gesenkt. Auch in Europa wurden die Zinsen reduziert. Bringt das für unsere Wirtschaft und unsere Firmen überhaupt etwas? E.M.

Tiefe Zinsen ermöglichen es den Unternehmen, billig Kredite aufzunehmen und ihre Geschäfte zu finanzieren. Doch Ihre kritische Frage ist aus meiner Sicht berechtigt: Die Zinsen sind seit Jahren tief, und die meisten Unternehmen leiden nicht daran, dass sie kein oder nur teures Geld bekommen.

Es ist im Gegenteil sehr viel billiges Geld vorhanden, und die Firmen und Staaten können sich zu günstigen Konditionen verschulden. Die Frage ist lediglich: Kommt das billige Geld an den richtigen Stellen in der Wirtschaft an?

Die US-Notenbank hat Ende Oktober zum dritten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen gesenkt. Damit soll die US-Wirtschaft gestützt werden und einer Wachstumsverlangsamung aufgrund des Handelsstreits zwischen den USA und China entgegengewirkt werden.

Irritierend dabei ist, dass die wichtigsten Wirtschaftsdaten zeigen, dass die US-Konjunktur nach wie vor robust ist. In den USA ist die Wirtschaft auch im dritten Quartal mit solidem Tempo gewachsen. Das Wachstum lag im dritten Quartal auf das Gesamtjahr hochgerechnet bei 1,9 Prozent, nach zwei Prozent im Vorquartal. Und auch der US-Arbeitsmarkt präsentiert sich in historisch starker Verfassung.

Warum also senkt die US-Notenbank dennoch die Zinsen? Sie tut dies präventiv, damit die Wirtschaft eben gerade nicht abflaut. Dennoch bin ich gegenüber einer solchen Geldpolitik skeptisch. Was genau will die Notenbank tun, wenn es tatsächlich etwa aufgrund von unerwarteten geopolitischen Ereignissen zu einem starken Wirtschaftsabschwung kommt?

Meines Erachtens haben die grossen Notenbanken ohne überzeugenden Grund ihr Pulver verschossen und engen ihren Handlungsspielraum für schlechtere Zeiten ein. Das gilt nicht nur für die US-Notenbank, sondern auch für die Europäische Zentralbank, die ihre Geldpolitik ebenfalls gelockert hat.

Ganz grundsätzlich stellt sich die Frage, was diese geldpolitischen Lockerungen überhaupt noch bringen. Meines Erachtens haben sie deutlich an Wirkung verloren. Immerhin zeigen sie noch für die Aktienmärkte Wirkung. Verschiedene Börsenindizes sind angesichts der weiterhin lockeren Geldpolitik im Oktober gleich mehrfach auf neue Rekorde geklettert. So auch der Swiss-Market-Index.

Aus meiner Sicht ist es aber nicht die Aufgabe der Notenbanken, die Börsen zu stützen. Für die Realwirtschaft hat das viele billige Geld der Notenbanken an Wirkung eingebüsst. Die Negativzinsen in der Schweiz haben eine negative Wirkung für die Sparer, die Versicherten und die Altersvorsorge. Die Börsen hängen seit Jahren am Tropf der Notenbanken. Die tiefen Zinsen machen Aktien im Vergleich zu Anleihen und anderen Anlageklassen attraktiver.

Damit setzen die Notenbanken aber falsche und meines Erachtens höchst gefährliche Anreize. Wegen des billigen Geldes werden Aktien und auch Immobilien immer teurer, und die Gefahr wächst stark, dass es zu einem Blase kommt, die irgendwann platzt und uns möglicherweise eine neue Finanzkrise beschert. Mit den neusten Zinssenkungen ist diese reale Gefahr aus meiner Sicht weiter gestiegen.

18 Kommentare zu «Warum eine neue Finanzkrise droht»

  • Manuel sagt:

    Die Aktienmärkte sind historisch nicht besonders teuer und die FED hat, im Gegensatz zu den europäischen Banken, weiterhin ein starkes Arsenal an Stimulierungsmöglichkeiten. Zu tiefe Sorgenfalten sind nicht angebracht.

  • Peter Müller sagt:

    Der FED hat im September im REPO market eingegriffen um einen Crash zu verhindern und nicht um die Börsenkurse zu stützen.

  • Rolf Rothacher sagt:

    Zuerst einmal ist die Altersvorsorge der Schweiz mit der 2. Säule eine Fehlkonstruktion. Man hätte von Anfang an die Menschen reinen Wein einschenken sollen und nicht mit einem fiktiven Zinssatz die Rente in 30 oder 40 Jahren vorausberechnen dürfen. Stattdessen hätte man den Pensionskassen nur eine Aufgabe übergeben sollen: die Teuerung jeweils zu verdienen und Reserven anzulegen, um die laufende Erhöhung der Durchschnittslebensdauer abzufedern. Dann wäre schon vor 30 Jahre jeder von niedrigeren Renten ausgegangen und hätte vermehrt privat gespart.
    Die Zentralbanken versagen seit 2011. Sie pumpen weiterhin billiges Geld in „tote“ Wirtschaftszweige wie Immobilien, Kunstwerke und immer teurere Aktien. Das ist sinnfrei, verlängert bloss die Party, erhöht den Kater.

    • Peter Meier sagt:

      Werter Herr Rothacher, das mit dem „reinen Wein“ ist eine Illusion. Nehmen Sie z.B. auch das KVG, hier umgarnte das BSV die Bevölkerung mit dem Slogan: ….“dämpft die Kostensteigerung mit mehr Wettbewerb“ und was ist das Resultat? Im exemplarisch planwirtschaftlichen Gesundheitswesen finden Sie keinen einzigen Preis der nach wettbewerblichen Kriterien gebildet wird. Ich denke es wird in Zukunft auch eine grosse Aufgabe der Medien sein, unsere „Welt“ so zu beschreiben wie sie wirklich ist und uns nicht mit Wunschdenken und Illusionen der PolitikerInnen zu beglücken. Denn mit Illusionen werden wir die anstehenden Probleme nicht lösen können.

      • Claude Fontana sagt:

        „Wettbewerb“ ist doch Planwirtschaft. Der Plan: weniger Rendite, solange jemand billiger ist, und 0 Rendite, wenn man der Billigste ist. Und dann muss man Automatisieren, um noch billiger zu werden. Die Aktienkurse steigen, wenn man „Wettbewerbsfähig“ ist, Die Arbeitsplätze verschwinden. Wirtschaftskapital wird zu Privatkapital. Und für Modernisierungen bleibt kein Geld. Man muss sich ja dauernd die Aktienmehrheit sichern. Das muss man dann mit Steuersenkungen/Abzügen oder Zuschüssen für Firmen auch noch beschleunigen. Schliesslich sind Arbeitsplätze heute „nicht mehr Tragbar“. Stattdessen wird die Sozialhilfe zum „Programm für Wohlstandswahrung“.
        Und das, während die Firmen mit Lizenz/Patentgeldern Milliarden scheffeln. die sie Dank Steuergeldern entwickeln.

  • Peter Meier sagt:

    Ich mach mir keine Sorgen: der Powell-, Lagarde- oder Jordan-Put (s. Aktienregister der SNB) wird es richten, wie schon früher der Greenspan-Put. Ich frage mich lediglich wie lange dieses „Spiel“ so andauert?

    • Josef Marti sagt:

      Durchaus möglich dass dies bis zum St. Nimmerleinstag gestreckt und ausgesessen wird, das kann noch Jahrzehnte so weitergehen solange sich die grosse Masse der Leute durch diese finanzielle Repression schleichend und gleichzeitig neben steigenden KK Prämien, massiv sinkenden PK Renten und steigenden Mieten und mit immer neuen und höheren Ökosteuern bis auf die Knochen ausplündern lässt.
      Die Leute wählen ja mehrheitlich die entsprechenden Politiker die dieses Spiel mitmachen.

      • Stefan Fritsche sagt:

        Es gab anscheinend mal einen US Präsidenten , ich glaub es war Ford, der sagte. Würden die Menschen unser Geldsystem vertehen so hätten wir morgen Revolution. Stimmt heute noch. Ganz und gar nichts versteht auch das CH Folk von der Materie. Sonst hätten sie der Vollgeldinitiatve wenigstens einen Achtungserfolg beschert. Der überforderte Finanzminister hat immer nur den gleichen Satz gebetsmühlenartig zusammengestackelt. Never change a running system. Frage? Können Sie privat unendlich schulden mache und es passiert nichts?

      • Claire Deneuve sagt:

        Fritsch: Henry Ford war Automobilbauer und nicht US Präsident.
        Er hat diesen Satz 1915 gesagt, als nur etwas mehr als ein Jahr nachdem die FED Dez 1913 gegründet wurde von verschiedenen grossen Bankhäusern!
        Die Gründung der FED war überhaupt erst nötig geworden nach der grossen Panik von 1907 als das derzeitige US Finanzsystem vor dem Zusammenbruch stand & J.P. Morgan Sen. dieses rettete. Aber das war eine Soloshow, wer würde das nächste mal retten
        Aber wenn Sie ein Finanzsystem haben und keinen Lender of last Resort, dann kanns zum Systemzusammenbruch kommen.
        .
        Im übrigen gibt es heutzutage ein paar Mio Menschen, die wissen wie das Finanzsystem funktioniert und die Revolution ist ausgeblieben.
        .
        War doch eher ein von vielen missinterpretierter Scherz vom guten alten Henry Ford.

  • Claude Fontana sagt:

    @Peter Meier, bis Jemand anfängt Schulden zurückzufordern. Danach ist Krieg. Wir werden den Unterschied aber gar nicht merken, denn bis dahin wird jeder seine Ansprüche bei irgendjemandem geltend machen. Und niemand etwas haben.

  • Gerhard Engler sagt:

    Vor 2008 hat die FED unter Greenspan auch die Zinsen gesenkt, das hat mit dazu beigetragen, dass es zur Finanzkrise kam. Greenspan hat später eingesehen, dass dies sein Fehler war. Aber jetzt macht man wieder genau dasselbe.

  • Stefan Marti sagt:

    So richtig fett geht die Party an den Schweizer Börsen erst los: die Unternehmenssteuerreform wird sich in ihrer ganzen Pracht entfalten. Die gesamte Kohle fliesst zu 100 % in Aktienrück Käufe der Firmen. Es wird nicht ein einziger Arbeitsplatz geschaffen. Dafür darf unser Finanzminister jetzt jammern, es fehlen Milliarden in der Bundeskasse….. Nun, die Spitexsubventionen des Bundes wurden ja bereits um 32 Millionen gekürzt. Sozhilfe, AHV etc. folgt demnächst. Es soll doch jeder einmal den Präambel zur Bundesverfassung lesen. Es ist erschreckend, wie die Politiker Verfassungsbruch um Verfassungsbruch begehen. Alles zu Lasten der Bevölkerung. Ich wiederhole mich gerne: In der Schweiz ist Rendite alles. Menschen sind ein notwendiges Uebel. Danke, Ihr bürgerlichen Nieten.

    • Beat Heuberger sagt:

      Die Präambel zur Bundesverfassung! Ich krieg jedes mal Gänsehaut. So will ich Schweizer sein. Das erfüllt mich mit Stolz und Patriotismus. Und Demut. Schön wäre, die Bürgerlichen würden diesen Geist beherzigen – oder nur schon verstehen. Und – lieber Stefan, vielleicht wüchse den Nieten dann gar ein Kopf. Und sie könnten mal etwas einschlagen – um bei der Metapher zu bleiben. Aber die Meisten geben sich halt mit ein bisschen profitieren am Ganzen schon zufrieden. Und lähmen damit meist jegliche Progression.

  • Urs Schumacher sagt:

    A) Wenn die US Kriegsvorbereitungen abgeschlossen sind, dann wird das Finanzsystem fallen gelassen.
    B) Wenn das Finanzsystem zusammenbricht dann haben wir auch wieder einen grossen Krieg.
    C) N.A.

  • Paul Meier sagt:

    Der nächste Crash ist vorprogrammiert. Das Geld, dass die ZB’s ständig ins System pumpen hat doch nichts mit der Wirtschaft zu tun – viele der grossen Firmen schwimmen im Geld. Es hat mehr mit der Rettung von Banken zu tun, die so marode Papiere abstossen können – und das erworbene Geld wieder in solche Papiere „investieren“. Auch die Investoren werden dazu verleitet nochmehr Aktien zu kaufen – auf Pump!! Khan macht es ja klar und deutlich. Hebelt, hebelt – so steigen die Profite!! tja, und wenn der Markt crasht werden wieder die ZB’s zu Hilfe gerufen – die grossen Boni bleiben aber den Verursachern der Krise. Schwierige Zeiten dürften auf uns zukommen….

  • andy sagt:

    Es wäre insofern zu begrüssen wenn es zur Rezession mit heftigen Börsen Crashs käme, weil dies die einzige Strategie ist, die sicher aufgeht, US Präsident Trump aus dem Sattel zu werfen.
    Wie verunsichert sind Sie schon, Herr Spieler?
    Haben Sie Ihre Anlagen auf Verlust bereits abgesichert?

  • Anh Toàn sagt:

    „In den USA ist die Wirtschaft auch im dritten Quartal mit solidem Tempo gewachsen. Das Wachstum lag im dritten Quartal auf das Gesamtjahr hochgerechnet bei 1,9 Prozent, nach zwei Prozent im Vorquartal.“

    Also knapp 2% Wachstum bei rund 5% Schuldenwachstum nenne ich alles andere als solide: Donnies Defizitspending in eine bereits gut laufende Wirtschaft, verpufft. Ist wie wenn man Papier in ein loderndes Feuer schmeisst: Bringt gar nichts ausser Vernichtung von Papier, bei Geld heisst die Vernichtung Inflation. Die USA versuchen, ihre Schulden mittels Inflation los zu werden, die Gläubiger sollen weniger bekommen, die sitzen mehrheitlich im Ausland. Die EZB, die PBoC und die BoJ wehren sich erfolgreich dagegen: Unser Geld, euer Problem war einmal.

  • Mody Bünler sagt:

    Was ist an den Zinssenkungen schwer zu verstehen? Powell hat dem Druck des Ami-Präsi nachgegeben, damit der Herr bessere Wiederwahlschancen erhält. Wirtschaftsboom in den USA dank Steuersenkungen, Gesetzeslockerungen und eben Zinssenkungen. Die denkbaren Folgen dieser eklatanten Massnahmen – Schuldenberge, Umweltschäden und Wirtscahftskrise – werden andere herrichten müssen, die Republikaner leben nur für im Moment..

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