Warum zu viel Liquidität kontraproduktiv ist

Es macht Sinn, wenn man im Notfall auf liquide Reserven zurückgreifen kann. Doch zu viel Bargeld birgt Nachteile.

Teuer, teurer, Liquidität: Liquide Mittel sind nicht nur in der Geldbörse schlecht aufgehoben. Foto: iStock

Nach einigen Verlusten erlaube ich mir, Sie zu den Vorschlägen meiner neuen CS-Beraterin um Rat zu bitten. Meine Frau hat zurzeit über 600’000 Franken auf dem Konto und zusätzlich noch ein kleines Aktienportfolio. Die CS schlägt vor, das Geld in verschiedene CS-Fonds zu investieren. Was sollen wir machen? W.G.

Finanzielle Liquidität ist gut, damit man jederzeit seinen Handlungsspielraum behält. Zu viel Liquidität wie in Ihrem Fall ist aber problematisch und zwar gleich in doppeltem Sinn.

Erstens bekommt man auf dem Konto bei den Banken für die Einlagen keine oder nur noch mickrige Zinsen, selbst wenn man noch wie Ihre Frau das Privileg hat, von einem Vorzugszins zu profitieren. Nach Abzug der zugegebenermassen nach wie vor tiefen Teuerung und unter Anrechnung der bezahlten Gebühren verliert man unter dem Strich Geld.

Zweitens geht man mit zu viel liquiden Mitteln auf dem Konto ein Risiko ein: Gemäss Gesetz sind im Rahmen der Einlagensicherung nur maximal 100’000 Franken je Kunde und Bank geschützt, wenn eine Bank in Konkurs geht. Nun rechne ich keineswegs damit, dass Ihre Bank Konkurs macht, dennoch darf man diesen Aspekt nie ganz ausschliessen und sollte deshalb auch dieses Risiko mitberücksichtigen.

Lösen kann man beide Nachteile der zu hohen liquiden Mittel einfach, indem man wenigstens einen Teil des Geldes anlegt. Das hat den Pluspunkt, dass man die Chance hat, auf dem Geld je nach gewählter Anlagestrategie deutlich mehr Rendite zu erwirtschaften, als wenn das Geld auf dem Konto brachliegt. Zudem bleiben Wertschriften auch im Falle eines Bankkonkurses im Besitz der Kunden.

Vor diesem Hintergrund unterstütze ich den Vorschlag Ihrer Bankberaterin, die Ihnen rät, das Geld anzulegen. Störend am dem Vorschlag, den Sie mir mitgeschickt haben, finde ich indes, dass dieser ausschliesslich hauseigene Fonds enthält. Das unterstreicht das Vorurteil gegenüber vielen Banken, dass diese ihren Kunden nur die eigenen Vehikel ins Depot legen, weil sie damit am meisten verdienen.

Die Ihnen vorgeschlagenen Fonds sind sehr unterschiedlich. Während der CS Privilege 20 CHF eine konservative Strategie mit rund 74 Prozent Anleihen und nur 23 Prozent Aktien verfolgt und mit einer Gesamtkostenkennziffer Total Expense Ratio TER von 0,65 Prozent vergleichsweise günstig ist, bezahlen Sie beim ebenfalls vorgeschlagenen CS Portfolio Fund Yield CHF, der zusätzlich auch auf alternative Anlagen setzt, mit einer TER von 1,22 Prozent fast das Doppelte an Gebühren pro Jahr. Noch teurer ist der weiter vorgeschlagene CS Interest & Dividend Focus Yield CHF mit einer TER von 1,38 Prozent.

Gebühren schmälern Ihre Rendite, sie sind allerdings nur ein Aspekt bei der Fondswahl. Noch wichtiger ist die effektiv erreichte Performance nach Gebühren und die Frage, welcher Fonds zu Ihnen und Ihren persönlichen Zielen, Ihren Lebensumständen und finanziellen Bedürfnissen und Ihrer Risikobereitschaft passt.

Ihren Angaben entnehme ich, dass Sie und Ihre Frau beide schon älter und kinderlos sind. Daher würde ich aufs hohe Alter hin nicht noch grosse Risiken eingehen, sondern eher eine konservative Strategie verfolgen. Passend dazu wäre der günstige CS Privilege 20 CHF.

Allerdings würde ich nicht das ganze Geld nur in einen einzelnen Fonds anlegen, sondern auch bei den Vehikeln diversifizieren und genügend Liquidität für den Lebensunterhalt behalten.

Die beste Wirkung hat Ihr Geld meines Erachtens im höheren Alter allerdings, wenn Sie es nicht nur investieren, sondern vor allem nutzen und sich selbst etwas leisten. Denn solange Sie leben und das Glück haben, zusammen zu sein, können Sie es noch geniessen.

16 Kommentare zu «Warum zu viel Liquidität kontraproduktiv ist»

  • Paul Verlaine sagt:

    Zu viel Liquidität im guten Keller kann jedoch nie schaden. So sitzt man nie auf dem Trockenen. Es kommt nur auf die richtige Strategie bei Diversifikation und Jahrgängen an. Da liegt gar eine Wertsteigerung drin. – Im Durchschnitt hat man aber so oder so 13% (Volumina). Genuss und soziale Kontakte inkusive.
    p.s.: Man halte sich an seriöse Bezugsquellen!

    • Pan Flöte sagt:

      😀 — ja, so macht dieser Blog Spass 🙂

      • Paul Verlaine sagt:

        Prost – santé – salute – viva! – Da mit Calls- und/oder Puts- (Warrants) schon auf die Nase gefallen (nach anfänglichen Gewinnen wird man übermütig) – halte ich mich eher an solide, sichere Werte. – Gute Dividendenrendite inkl. – Nestlé (NESN) besitzt auch Weingüter, wie Château Beringer, Napa-Valley. – Ich bevorzuge allerdings Pinot Noir (Burgund). – Romanée-Conti liegt aber nicht drin 😉 – Bouchard Père & Fils (Beaune) allerdings schon.

  • Martin sagt:

    100 k Kassenobligation, 100 k Gold ins Schliessfach (100 Vreneli, 20 Unzen in Panda und Lunar und noch 7-8 100g Barren) 100 k Dividendentitel. Und wenn ein Neffe da ist der etwas taugt 100 k als Darlehen für eine Firma die er gründen soll. Rest auf dem Sparbüechli liegen lassen. Und sich mit 100 k beteiligen am Alters-und Pflegheim im Dorf mit Vorreservation auf ein hübsches Zimmer.

    • Anh Toàn sagt:

      „Wenn ein Neffe da ist, der etwas taugt…“ könnte man auch eine Hypo gewähren, wenn der sich ein Eigenheim kaufen will: Ich staune, wie üblich es ist in der Schweiz, dass Alte Anlagenotstand haben und Junge den Banken Zinsen zahlen: In Vietnam ist es selbstverständlich, dass man sich das Geld innerhalb der Familie leiht, das hat auch Risiken, eine gewisse Zurückhaltung ist angebracht, aber der Schweizer traut den Banken mehr, als seiner Familie. Gibt es Verwandschaft mit einer „risikolosen“ Hypo (max 65%, eher weniger, gute Tragbarkeit), könnte man durchaus auch eine oder zwei Hypo gewähren: Wird das Geld gebraucht, wird die Hypo für die Schuldner wieder anderweitig finanzierbar sein. Meistens wird nicht alles auf einmal gebraucht, sondern es muss Schritt für Schritt verzehrt werden.

      • Anh Toàn sagt:

        Den laufend notwendigen Vermögensverzehr kann der Schuldner wie Amortisationen bedienen: Ich habe meinen ersten Immoilienkauf bereits privat finanziert, warum sich nicht die Zinsdifferenzen zwischen Zinsanlagen und Hypotheken innerhalb der Familie teilen, erst noch fast völlig frei von Gebühren?

        Oft liegt Geld der Eltern zinslos auf der gleichen Bank, bei welcher ihre Kinder Hypozinsen als erstklassige Schuldner zahlen. Nicht erst wenn zwei sich streiten, bereits wenn zwei sich nicht vertrauen, freut sich der Dritte.

      • Anh Toàn sagt:

        Häufig werden in der Schweiz innerhalb der Familie die Kredite gewährt, welche einer Bank zu riskant sind (@Martin: Betriebskredit an ein Kleinunternehmen ist Hochzins = Hochrisiko), das find ich aus menschlicher Sicht gut, als Anlageratschlag aber katastrophal: Aber bei den Krediten, welche jede Bank gerne gewährt, und das sind erstklassige Hyposchulden, sollte man die Banken ausschalten.

      • Anh Toàn sagt:

        Braucht der Neffe 100K Fremdkapital für sein Start-Up, kann man ihm 20K geben, unter der Bedingung, dass er die anderen 80K woanders findet (ob Bank, Freunde, Crowdfunding), und die gleichen Bedingungen (Sicherheiten/Zinsen) wie die anderen zu erhalten: Dass er neben seinem Geld auch von seiner Familie zumindest 20K riskiert, schafft zusätzlich Vertrauen bei anderen potentiellen Investoren, mehhr muss man dem nicht helfen: Reicht das denen dann noch immer nicht, lässt man vielleicht besser die Finger davon.

  • Tom Miller sagt:

    600’000.- Fr. bei einem Finanzinstitut und dann noch ausgerechnet bei der CS finde ich persönlich mehr als nur grobfahrlässig. Wie wäre es mit dem Kauf einer Immobilie oder Edelmetalle wie Platin, Gold oder Silber?!

    • J.Oppliger sagt:

      Herr Miller, wenn man grössere Beträge bei Kantonalbanken mit Staatsgarantie anlegt, halte ich das nicht für grobfahrlässig. Natürlich wird auch Gold und defensive Aktien von Firmen mit einer sehr guten Führung, wie vor allem Nestle, oft empfohlen, was ich grundsätzlich richtig finde. Mit 10 Jahren Nestle Aktien haben Sie mit den Dividenden mehr als ein Drittel des Kaufpreises dank Dividendenerhöhungen sowie vermutlich auch noch einen Kursgewinn dazu.

  • Pan Flöte sagt:

    Ich kann nur staunen, wie wenig manche Leute über Finanzanlagen wissen! Da sind sie Millionäre und haben massenhaft Bargeld auf dem Konto! Etwas Weiterbildung und Aufklärung auf diesem Gebiet täte gut. Denn die Unwissenden werden ausgenommen und über den Tisch gezogen.

    Merke:
    — Investieren nur in Indexfonds. Besser noch nur ETFs kaufen.
    — Bankberater verkaufen immer die bankeigenen Produkte. Die sind meistens teurer (verglichen mit ETFs).
    — Der Normalmensch sollen nur passiv anlegen (denn Markttiming funktioniert nicht).
    — Es handelt sich bei der Geldanlage um keine Raketenwissenschaft. Das ist lernbar für jedermann.
    — Der Normalmensch mit etwas Finanzwissen braucht keinen Finanzberater.

    • Peter Rohner sagt:

      Yeah, so ist es! Ausführliche, hochwertige und völlig kostenlose Informationen zu ETFs, Anlagethemen und Online-Brokern wie immer bei „justETF.com“.

    • Theo Camenzind sagt:

      100 % korrekt. Ich staune immer wieder wie wenig Bescheid viele wissen. Wie entscheidend Gebüheren sind….vor allem die jährlichen.

  • Peter Waldner sagt:

    Mag alles stimmen, was Martin Spieler hier rät. Unter „normalen“ Verhältnissen allerding. Tatsache ist, dass momentan die möglichen Renditen bei vorsichtig-konservativer Anlage durch Spesen, Gebühren und Steuern dermassen reduziert werden, dass der verbleibende Gewinn in keinem Verhältnis zum Risiko steht. Kommt (im vorliegenden Fall) hinzu, dass es sich um ältere Leute handelt, die keine langfristige, gebundene Anlage mehr eingehen können, sondern das Geld letztlich zum Leben brauchen. Mein Fazit: Bei 600’000 Liquidität 5 (spesenfreie) Sparkonten auf 5 verschiedenen Banken – 100’000 auf dem Girokonto der 6. Bank. „Spesen sparen“ ergibt heutzutage fast die beste Rentabilität, zumal wenn man den Stress bei „Anlagen“ miteinrechnet.

    • DerRealist sagt:

      naja, die Frage ist, wie hoch ist das Risiko, dass der CHF mal „nichts“ mehr Wert ist, wie evt. mal der € (nur so ein Gedanke, ich meine nicht Inflation, sondern, quasi alter CHF weg, neuer CHF her im Verhältnis 1:2 oder so) weiss auch nicht aber alles in Bargeld, ist das Risiko eines 50% oder 100% Verlustes nicht auch da?

      • Peter Waldner sagt:

        Das Risiko eines Verlustes ist immer da; die Frage ist nur jene nach der Wahrscheinlichkeit. Man kann glauben, das ganze Vermögen in Sachwerten anzulegen, sei der richtige Weg. Nur – auch diese bergen – teilweise sehr hohe – Risiken für Verluste oder gar den Totalverlust.

        Wer hätte z.B. je gedacht, dass der bluechip „Swissair“ so schnell zum Totalverlust wird; oder dass von der UBS mal nur noch 17% des Wertes bleiben?

        Also Gold? Oder Immobilien, Grund und Boden? Oder eben Bargeld? Alles birgt Risiken in sich.

        Beim vorliegenden Beispiel handelt es sich um ältere Leute, die sich – meiner Meinung nach – in Anbetracht der „unter allen Strichen“ (sau-)mässigen Renditeaussichten die Mühe und den Stress sparen sollten, wenn sie nicht „Spieler“ sind.

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