Investieren Sie 3.-Säule-Gelder vorsichtig

Fintechfirmen wie Crowdlitoken bieten innovative Finanzinstrumente – mit schwer abschätzbarem Risiko.

Unberechenbare Innovation: Das Blockchain-basierte Crowdlitoken vergibt digitale Immobilienanleihen. Foto: iStock

Im November wird mein 3.-Säule-Konto mit mehreren 10’000 Franken ausbezahlt. Zurzeit benötige ich dieses Geld nicht und würde es deshalb gerne gewinnbringend anlegen. Kürzlich bin ich auf einen Artikel über Crowdlitoken aufmerksam geworden. Wie schätzen Sie die Firma ein, um mein 3.-Säule-Geld dort anzulegen? H.S.

Die von Ihnen erwähnte Crowdlitoken ist eine Tochterfirma der Thurgauer Crowdli AG, welche Liegenschaftengeschäfte via Crowdfunding anbietet. Crowdlitoken selbst hat eine digitale Anleihe mit einer Laufzeit von 25 Jahren lanciert. Damit kann man auch als Privatinvestor bereits mit geringen Beträgen in Immobilien investieren.

Ziel der Firma ist es, 100 Millionen Franken am Kapitalmarkt einzusammeln und in unterschiedliche Immobilienarten anzulegen. Das Besondere dieser auf der Blockchain basierten Anleihe besteht darin, dass man sein Geld nicht einfach nur in den Immobilientopf gibt, sondern man als Anleger einzeln entscheiden kann, in welche Immobilien aus dem Portfolio die eigenen Gelder fliessen sollen. Man hat also gewisse Wahl- und Mitsprachemöglichkeiten.

Auch wenn man einmal positioniert ist, kann man später erneut jeweils monatlich unkompliziert zwischen verschiedenen Immobilien innerhalb des Depots wechseln. Entsprechend bekommt man aber nur die Erträge aus den Liegenschaften, für die man sich entschieden hat. Wenn man eine gute Wahl trifft, hat man höhere Erträge – bei schlechter Wahl sind die Erträge geringer.

Investieren kann man in die Obligation in Schweizer Franken, Euro oder mit der Cryptowährung Ethereum. Ähnlich wie bei einem Immobilienfonds werden jährliche Verwaltungsgebühren von 0,75 Prozent sowie weitere drei Prozent bei Kauf oder Verkauf verrechnet. Dazu kommt im positiven Falle eine Erfolgsgebühr.

Ausserdem soll das Agio bewusst begrenzt werden. Seit dem Frühsommer darf die im Fürstentum Liechtenstein beheimatete Crowdlitoken ihre Immobilienanleihe auch in der Schweiz vertreiben, nachdem sie von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) grünes Licht bekommen hat. Die Finma kam zum Schluss, dass es für den Vertrieb der digitalen Anleihe keine besondere Bewilligung braucht.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Anleihe für Sie als Anleger sicher ist. Aus meiner Sicht tragen Sie ein doppeltes Risiko. Einerseits das übliche Anlagerisiko, wie Sie es bei jeder Immobilienanlage etwa in Immobilienfonds oder Immobilienaktien übernehmen. Wenn es am Liegenschaftenmarkt zu einem Preiseinbruch kommt, was nie ganz auszuschliessen ist, müssten Sie damit rechnen, dass Ihr Investment deutlich an Wert verliert.

Zusätzlich übernehmen Sie ein Risiko, das mit neuartigen Finanzinstrumenten verbunden ist. Ob sich das Finanzvehikel bewährt, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, weil die Erfahrungswerte schlicht fehlen. Insbesondere kann nicht abgeschätzt werden, wie das Instrument im Falle von Marktverwerfungen reagieren würde.

Punkto Sicherheit sollten Sie sich bewusst sein, dass Sie zwar in Immobilien investieren, aber Crowdlitoken für die Liegenschaften im Grundbuch eingetragen ist. Im Krisenfall müssten Sie mögliche Ansprüche gegenüber der Firma durchsetzen und wären selbst nicht grundbuchrechtlich abgesichert.

Vor diesem Hintergrund würde ich Gelder aus der 3. Säule nicht in solch ein Instrument anlegen. Auch wenn Sie sich die Säule 3a auszahlen lassen, ist es Geld, das Sie später für Ihr Alter brauchen. Solche Gelder würde ich generell nur vorsichtig investieren und möglichst keine unnötigen Risiken eingehen.

Wenn Sie von der Anleihe überzeugt sind, könnten Sie allenfalls einen kleinen Betrag in diese investieren, nicht aber das gesamte Kapital, das Sie aus der Säule 3a beziehen, denn sonst gehen Sie damit ein Klumpenrisiko mit Unwägbarkeiten ein, was ich auf jeden Fall verhindern würde.

7 Kommentare zu «Investieren Sie 3.-Säule-Gelder vorsichtig»

  • Paul Corbett sagt:

    Herr Spieler, wie sähe denn so eine vorsichtige Anlage von 3a Geldern in Ihren Augen aus? Ich stehe vor dem gleichen ‚Problem‘ dass ich 3a Konten auflösen muss und keinen Sinn darin sehe das Geld auf ein Sparkonto zu deponieren das mir ausser Spesen nichts bringt. Nur was ist die Alternative? Als frischgebackener Rentner möchte ich das Geld nicht langfristig in Fonds binden. Gold oder Silber kaufen oder als Bargeld zuhause im Tresor lagern? Oder die Hypothek reduzieren? Bei den Hypozinsen macht das wenig Sinn und das Geld ist unwiderruflich weg, da ich als Rentner vermutlich keine Hypothekenerhöhung von der Bank bekomme.

  • Pawel sagt:

    Alle Vorsorgegelder sind mit ganz wenigen Ausnahmen in die gleichen 3 Gigablasen investiert: Aktien, Schuldtitel und Immobilien.

    Der nächste Crash ist absehbar und wird eine der grössten Vermögensvernichtungen der Menschheitsgeschichte bewirken.

    Jetzt ist noch Zeit, in reale Werte wie Land, Boden, Energie und Energiewende (hochrentabel, da steuerlich zweimal absetzbar, falls durch Kapitalentnahme aus Säulen 2 und 3a finanziert) oder Edelmetalle zu investieren.

    Schützen Sie sich gegen unsichere Zeiten und diversifizieren Sie Ihr Risiko.

    • Peter Rohner sagt:

      @Pawel
      Aktien sind ebenfalls reale Werte. Dahinter stecken ja echte Firmen mit Arbeitsplätzen und Produkten. So was wird immer gebraucht, auch in Zukunft. — mal sind Aktien über-, mal unterbewertet. Das ist normal. Aber geben wird es sie immer … und ein ganzer Aktienmarkt wird nie wertlos werden, drum ETFs oder Fonds kaufen.

      • Peter Schneider sagt:

        Edelmetalle? Gold hat keinen realen Wert. Es glänzt? Der Hauptanteil geht nach Indien in die Schmuckproduktion und nur wenig wird sinnvoll in industrieller Produktion verwendet. Mit Goldkauf schliesst man sich nur der Meinung der Leute an, dass das Metall wertvoll wäre. Dann zur Energiewende: Privat ja. Ein privates Kraftwerk. Auch zum Schutz vor Blackouts. Allerdings muss man sich schon fragen, was die Politik gerade tut, wenn die neu installierte, jährliche Zahl an Windkraftwerken sogar noch sinkt. Für Stockpickerei wäre mir das Thema zu blöd.

  • Jean Gilette sagt:

    Mit diesem Angebot wird eine alte Geschichte digital neu verpackt. Rechnen wir. Die Firma will 100 Millionen an Kundengelder reinholen bei Brutto-Einnahmen von 0,75%. Für die 100M benötigt ein Sales-Team wohl Jahre bis diese Summe tatsächlich in der Kasse liegt. Während dieser Zeit muss der Laden vorfinanziert werden. Das Firmenkonstrukt besteht aus 28 Leuten. Von was werden die bezahlt? Auch bei Einnahmen von über 3% (inkl. Kauf/Verkauf) kann die Rechnung nicht aufgehen, da der Aufwand/Kosten vs. Ertrag im Missverhältnis steht. Gleichzeitig bietet das Angebot noch eine Barrendite von bis zu 7% und einen Festzins von 1,25%. Unmöglich dies langfristig einzuhalten. Die Firma besitzt 100K Aktienkapital und bietet aber ungeachtet dessen digitale Anleihen im Wert von Millionen. Viel Glück….

  • Chris Mutig sagt:

    Ich bleibe bei Immobilien. Selbst bei einem Crash (welchen ich nicht zeitnah erwarte) ist ein völliger Verlust nicht möglich. Worst-Case-Szenario: Von meinen 100% sind am Ende vielleicht noch 80% Prozent übrig. Betongeld ist immer etwas Wert. Egal ob Direkteigentum oder Miteigentum wie bei den Anbietern Crowdli, Crowdhouse, etc. Ein Modell was mir ein entspanntes Investment ermöglicht.

  • Daniel Wigger sagt:

    Ich habe noch nie was von Crowdlitoken (was soll das sein?) gehört. Grundsätzlich sollten Pensionsgelder (was 3. Säule ist) konservativ angelegt werden, unter Berücksichtigung der klassischen Anlegeklassen: Aktien, Anleihen, wenn es sein muss Edelmetalle. Am besten weit diversifiziert, also Risiko verteilt auf alle Kategorien: Grosse, kleine Werte, geografisch verteilt, Risiko breit gestreut. Am besten geeignet dazu sind ETFs.
    Alles andere ist Zauberei und verursacht Tränen.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.