Statt Gewinnen gibt es verschmähte Aktien

«Barrier Reverse Convertibles» zeichnen sich durch attraktive Coupons aus. Doch die Risiken dieser strukturierten Produkte sind hoch.

Niemand erwartet, dass die Aktien von Apple um die Hälfte einbrechen – aber eine Garantie gibt es dafür nicht: Apple Store in Frankfurt. Foto: Keystone

Wir sind ein Ehepaar knapp über 70. Wir haben als Anlagetipp das Produkt 13.36% p.a. Multi Barrier Reverse Convertible auf Apple, ExxonMobil, Starbucks (Valor 49585117) erhalten. Was halten Sie davon? R.M.

Das von Ihnen erwähnte Multi-Barrier-Reverse-Convertible-Instrument ist ein strukturiertes Produkt zur Optimierung Ihrer Rendite. In Zeiten rekordtiefer Zinsen sind solche Instrumente derzeit bei vielen Anlegern beliebt, da sie sich durch hohe Coupons auszeichnen. Im Falle Ihres Produkts liegt der Coupon gar bei attraktiven 13,36 Prozent pro Jahr.

Natürlich hat die Sache einen Haken, denn einfach so bezahlt Ihnen im momentanen Tiefzinsumfeld niemand derart hohe Coupons. Den Preis dafür bezahlen Sie damit, dass das strukturierte Produkt an die Wertentwicklung der Aktien von drei grossen US-Konzernen gekoppelt ist – das Tech-Unternehmen Apple, die Ölfirma ExxonMobil und die Kaffeehauskette Starbucks.

Den Coupon, der Sie aus verständlichen Gründen lockt, erhalten Sie auf jeden Fall ausbezahlt, ausser die Produkteherausgeberin, im konkreten Fall die EFG International Finance in Guernsey, und die Garantiegeberin, die an der Schweizer Börse gehandelte EFG Bank AG in Zürich, würden in Konkurs gehen, was ich indes nicht erwarte.

Das eigentliche Risiko sehe ich bei den drei Aktien, an die das strukturierte Produkt gekoppelt ist. Wenn diese Aktien stark fallen, bekommen Sie ein Problem. Immerhin ist die im Produkt eingebaute Barriere mit 55 Prozent sehr tief.

Dennoch gilt: Sollte eine der drei Aktien während der Laufzeit des Instruments bis im April 2021 um 45 Prozent oder mehr einbrechen, bekommen Sie die Aktie mit der schlechtesten Kursentwicklung im Gegenwert Ihres Investments ausgeliefert. Statt des investierten Betrags erhielten Sie dann am Ende der Laufzeit plötzlich Aktien. Dummerweise aber ausgerechnet jene Aktie, die bereits massiv eingebrochen ist und bei der das Unternehmen, das dahintersteht, in dieser Konstellation wohl in der Krise wäre. Sie bekämen also jene Aktie, welche die Anleger an der Börse verschmähen. Darum wäre der Kurs entsprechend tief.

Nun kann man zu Recht einwenden, dass es einiges braucht, damit eine Aktie an der Börse 45 Prozent oder mehr in den Keller geht. Doch unmöglich ist das keineswegs, schon gar nicht während einer Laufzeit von rund eineinhalb Jahren.

Vor diesem Hintergrund rate ich Ihnen, nicht nur auf den schönen Coupon des strukturierten Produkts zu schauen, sondern sich genau zu überlegen, ob Sie das mit dem Instrument verbundene Risiko eingehen wollen und können. Wenn überhaupt, würde ich nur einen kleinen Teil Ihres Vermögens in solche Instrumente investieren.

Angesichts der erhöhten Risiken kommen solche strukturierten Produkte meines Erachtens nur für Anleger infrage, die über die nötige Risikofähigkeit verfügen und auch bei Börsenturbulenzen nicht gleich schlaflose Nächte haben.

18 Kommentare zu «Statt Gewinnen gibt es verschmähte Aktien»

  • Anton Schneider sagt:

    Noch ein Nachteil der Produkte: Wenn die Kurse der Produktkomponenten bröckeln, verliert das strukturierte Produkt überproportional an Kurswert. Der Kurswert wird ausserdem vom Emittenten bestimmt. Also ein Notverkauf kommt sehr sehr teuer zu stehen, denn niemand wird das Produkt mehr kaufen, sollte zB. Exxon nach 6 Monaten 30% an Wert verloren haben. Ich habe gelitten, als in der letzten Finanzkrise diese Strukis alle unglaublich an Wert verloren haben und alle die Barrieren durchbrochen haben. Das Unvorstellbare ist eingetroffen und zurecht weist Herr Spieler darauf hin, dass 55% guten Schutz versprechen, aber in 18 Monaten sehr vieles möglich ist. Keine Zinsen ohne Risiko und schon gar nicht von einer Bank, denn diese gewinnt immer.

  • Stefan sagt:

    Noch ein Nachteil: Im Gegensatz zu einer Direktinvestition bekommt der Anleger die Dividende nicht. Somit reduziert sich der Coupon schon mal um diesen Betrag.

    Barrier Reverse Convertibles sind etwa gleichbedeutend, wie wenn Meteo Schweiz eine Wetterprognose herausgibt und Private könnten dagegen wetten, dass die Prognose nicht stimmt.
    Wer hat wohl die bessere Ausgangslage für eine solche Wette, die Bank (Meteo Schweiz) oder die Privatperson?

    • Peter Schneider sagt:

      Ich will nicht „pro-Struki“ kommentieren, weil ich selbst nicht davon überzeugt ist, dass genügend Rendite resultiert, aber das optimale Struki wird von der Bank mit einem Gegengeschäft (Option) an einer Terminbörse konstruiert. Dann ist die Prämie, die der Struki-Käufer erhält eine Versicherungsprämie einer Drittpartei, von dem die Bank (lediglich) eine Provision abzwackt. Selbst wenn beide Geschäfte sich nicht ausgleichen, so hat die Bank sogar noch ein deutlich geringeres Risiko als das, was Sie beschreiben. Nämlich mehrheitlich nur dasjenige des „Vermittlers“… Und nicht dasjenige der Gegenpartei der Wette.

  • Christoph Bögli sagt:

    Ich frage mich immer, wer solche „Anlagetipps“ irgendwelchen Rentnern aufschwatzt. Das dürfte im Normalfall ziemlich an der Grenze zum Trickbetrug sein, freundlich gesagt. Und auf der anderen Seite führt die unbedarfte Gier dazu, dass oft jede Vorsicht über Bord geworfen wird. Dabei müsste ja auf den ersten Blick klar sein, dass solche strukturierten Produkte nur etwas für Leute sind, die es im Extremfall auch nicht schmerzt, das ganze Geld zu verlieren. Denn hohe Renditen spiegeln nun einmal ein hohes Risiko, das lässt sich blöderweise nie trennen.

    • Pan Flöte sagt:

      Ja, absolut derselben Meinung. — Wenn jemand schon fragen muss, ob dieses Produkt gut für ihn ist, dann ist es garantiert nicht gut für diese Person.

      Merksatz 1 der Kapitalanlage: Kaufe nur, was du verstehst.

      Merksatz 2 der Kapitalanlage: Wenn du gar nichts verstehst, dann lass dir das Geld von „Profies“ wegnehmen … oder bleibe beim Sparkonto.

  • Stefan Meier sagt:

    Ich habe letztes Jahr vier solche Produkte mit Schweizer Aktien gekauft. Alle haben die Barriere durchbrochen. Ich kann nur raten: Finger weg!

    • Pietro Meyer sagt:

      Ich habe auch solche Produkte. Die haben die Barriere nicht durchbrochen. Und ich erfreue mich am steuerfreien Coupon! Im Gegensatz zu Ihnen habe ich vielleicht Produkte mit vernünftigen Aktien und tiefem Coupon gewählt.
      Und falls ich eine Aktie ausgeliefert erhalte, dann kann sie sich immer noch erholen und Dividende ausschütten.

    • Peter Schneider sagt:

      Ja, aber der Einbruch zu Jahresbeginn konnte man ja nicht vorhersehen. Bei mir ist ein Produkt wegen 20 Rappen (2%) nicht an der Barriere gescheitert. Andere hingegen schon. Insofern lasse ich mir jetzt zwei gute Werte (kostenlos) liefern. Wenn man nicht auf den letzten Gerümpel wettet, geht das in Ordnung. Allerdings: langfristig haben Aktien bessere Renditen und ich habe meine Positionen in Strukis massivst verkleinert.

  • J. Hofer sagt:

    Wenn man sich schon fallende oder nicht besonders steigende Aktien andienen lassen will, kaufe man simple Discount-Zertifikate, häufig sogar für geringere Gebühren als die Direktinvestition. Achtung Kontrahentenrisiko. Falls der Basiswert über den Cap steigt, kriegt man den maximalen Gewinn ausbezahlt, falls darunter, die Aktie geliefert. Wenn man es sogar wirklich auf die Aktie abgesehen hat, kaufe man mit weit entferntem Cap und geringer Laufzeit, mit ensprechend geringem Discount natürlich.

  • Paul Meier sagt:

    Diese Strukkis sollte man nur kaufen bei massiven Einbrüchen am Markt. Zum einen sind die Coupons dann viel höher weil die Volatilitätsprämien höher sind und zum anderen sind dann die Preise, bei denen man zukaufen müsste viel tiefer. In den jetzigen Märkten auf alltime highs sind diese Produkte viel zu gefährlich!

    • J.Oppliger sagt:

      Herr Meier, ich verstehe Ihre Argumente, aber das obenerwähnte Produkt ist callable und schon ab kommenden Januar 2020 ist jeden Monat eine vorzeitige Rückzahlung möglich. Ich rechne in den nächsten Monaten mit einer Seitwärtsbörse, so dass es hier zu einer Rückzahlung im Winter kommen dürfte mit einem super Zins, der auch später in einer volatilen Zeit nicht viel höher sein kann. Ausserdem liegen heute diese drei guten Titel über dem Anfangslevel, und ein Totalabsturz des nicht hohen Oelpreises ist auch nicht zu erwarten. Wenn man nicht einen riesige und langanhaltende Crashphase erwartet, können Strukis, mit nicht sehr volatilen und dividendenstarken Titeln mit gutem Wachstum bei sehr niedriger Barriere eine gute Sache sein je nach den Verhältnissen eines Anlegers.

  • Claude Fontana sagt:

    Warum werden Produkte „Strukturiert“? Um Risiken zu minimieren. WEIL RISKANT. Schon nur diese Info sollte den Rentnern mehr helfen,als einfach denken, „jaja, der weiss von was er Redet.“
    Der andere Grund für Strukturierte Produkte ist, dass man wissentlich „schlechte Werte“ mit guten, oder zumindest Mittelmässigen überdeckt. Auch der beste Analyst muss schätzen, wenn es um Zukunft geht. Insiderwissen hin oder her.
    Mein Ratschlag: „Suchen Sie sich die Firmen aus, deren Anteile Sie erwerben möchten. Und beobachten sie Finanznachrichten über sie. Je länger desto besser. Und dann Informieren sie sich über deren Konkurrenten und Umfeld ebenso. Es ist Ihr Geld. Den Aufwand ist es ihnen hoffentlich wert.“
    -macht 100.- Beratungshonorar für wiedererhaltene Freiheit/Eigenverantwortung.

  • Hans Meister sagt:

    Keiner der etwas von Finanzen versteht lässt sich auf sowas ein. Finde es grenzwertig wie hier offensichtlich Rentner mit halbseidenen ”Tips” abgezockt werden.

  • Daniel Keller sagt:

    Wenn es für etwas 13% Zins gibt, dann ist damit mächtig viel Geld zu verdienen. Für die Bank, versteht sich.

    • Claude Fontana sagt:

      Ich hätte mit einer einzigen Aktie ca 780-800% in 6 Jahren gemacht. konnte aber niemand zur mitinvestition bewegen. Am 23.September hätte ich verkauft, die Aktie hält ihren wert immer noch. und sie wird auch nicht abstürzen, solange Trump nichts wirklich dummes tut. Also wahrscheinlich bald.

  • Lucas Wyrsch sagt:

    Auf meiner Liste von 157 REITs liegt die GNL oder Global Net Lease, Inc., welche das Jahr mit $17.62 begann und im Moment bei $19.13 (15. Oktober 2019 um 20:20) liegt GNL auf Platz 85 und hat $1.51 oder 8.57% seit dem 1. Januar 2019 zugelegt!
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    Da die jährliche Dividendenrendite von GNL bei 11.22% liegt, ist die Performance über 20%.
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    Wells Fargo, die Schweizerische Nationalbank und die Zürcher Kantonalbank sind an GNL beteiligt.
    Quelle: Wells Fargo & Company MN Has $3.18 Million Stock Holdings in Global Net Lease Inc (NYSE:GNL), Michael Baxter, 8. Oktober 2019, Riverton Roll
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    GNL ist ein börsennotierter REIT, die sich auf den Erwerb eines diversifizierten globalen Portfolios von Gewerbeimmobilien konzentriert.
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    REITs sind sicherer als «Barrier Reverse Convertibles»

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