Warum sich der AHV-Vorbezug selten lohnt

Die AHV-Rente darf man maximal zwei Jahre früher beziehen – und verringert damit seine Rente ein Leben lang.

Hoher Preis: Sinn macht die Frührente vor allem für Leute, die davon ausgehen, dass sie nicht alt werden. Foto. iStock

Kürzlich haben Sie in der SonntagsZeitung den AHV-Aufschub erläutert. Interessant wäre auch Ihre Meinung zu einem AHV-Vorbezug. Ist dieser problemlos? A.K.

Nein. Denn ein Vorbezug der AHV ist teuer und folgenschwer. Möglich ist ein vorzeitiger Bezug der AHV-Rente bei Frauen schon ab 62 oder 63 Jahren und bei Männern ab 63 oder 64 Jahren. Man kann die AHV-Rente somit maximal zwei Jahre früher in Anspruch nehmen.

Doch das gibt es nicht gratis, sonst würden wohl die meisten schon früher in Pension gehen und sich die Rente vorzeitig auszahlen lassen. Der Preis für diesen Schritt ist hoch: Man muss in Kauf nehmen, dass einem nach einem Vorbezug die AHV-Rente erheblich gekürzt wird – und war nicht einmalig, sondern bis ans Lebensende.

Wenn jemand nach der Pensionierung zum Beispiel noch 30 Jahre lebt, hat er während dieser ganzen Zeit eine geringere Rente. Wer die Altersrente früher bezieht, erhält gemäss AHV lebenslang eine gekürzte Rente um 6,8 Prozent. Bei einem Vorbezug von zwei Jahren beträgt die Kürzung gar 13,6 Prozent. Wenn jemand eine monatliche Rente von angenommen 2000 Franken hat, würde er pro Monat bis an sein Lebensende nur noch 1864 Franken bei einem Vorbezug von einem Jahr bekommen und nur noch 1728 Franken bei einem Vorbezug von zwei Jahren. Pro Jahr macht dies beim zweijährigen Vorbezug immerhin 3264 Franken weniger Rente aus.

Zu Buche schlägt das, wenn jemand sehr alt wird: Auf 30 Jahre hinaus wären es rund 100’000 Franken, die man dann wegen des Vorbezugs weniger von der AHV erhält. Dem würden 48’000 Franken Rente gegenüberstehen, die man in den beiden Jahren des Vorbezugs schon bezogen hat.

Falls Sie in Erwägung ziehen, dass Sie die Altersrente vorbeziehen möchten, müssten Sie sich fünf bis sechs Monate im Voraus bei der zuständigen Ausgleichskasse anmelden. Anmeldeschluss ist am letzten Tag des Monats, in dem das Altersjahr vollendet wird, ab welchem die Ausgleichskasse die Rente auszahlen soll. Eine rückwirkende Anmeldung ist nicht möglich. Falls jemand verheiratet ist, kann er die AHV-Rente übrigens unabhängig vom Ehepartner vorbeziehen.

Was oft vergessen geht, ist neben der lebenslangen Kürzung ein anderer Nachteil, den man beim Vorbezug hat. Man untersteht weiter der AHV-Beitragspflicht, obwohl man schon früher die Rente bezieht. Laut AHV-Bestimmungen bleibt man trotz Vorbezug bei der AHV beitragspflichtig, bis man das ordentliche Rentenalter – bei Frauen somit 64 und bei Männern 65 – erreicht hat. Falls man ein grosses Vermögen hat, kann dieser Beitrag eine beträchtliche Summe ausmachen.

Ich rate, vor einem möglichen Vorbezug bei der AHV abklären zu lassen, wie viel Beitrag man leisten muss. Ärgerlich dabei ist, dass die Beiträge, die man dann während des Vorbezugs einzahlen muss, die eigene AHV-Rente nicht mehr aufbessern.

Sinn macht ein Vorbezug der AHV aus meiner Sicht vor allem für Leute, die früher in Rente gehen möchten und davon ausgehen, dass sie nicht alt werden und allenfalls schon unter gravierenden gesundheitlichen Problemen leiden.

20 Kommentare zu «Warum sich der AHV-Vorbezug selten lohnt»

  • Josef Germann sagt:

    Ob Rente oder Kapitalbezug im BVG oder Vorbezug AHV. Jeder muss für sich seine Pensions-Planung selber oder über einen Spezialisten machen. Es gibt hier keinen verlässlichen Ratschlag. Wissen wir überhaupt, ob wir noch bis ans Lebensende überhaupt AHV bekommen?

    • Patrik Peter sagt:

      Ja. Das Leistungsversprechen der AHV ist absolut. Siehe dazu die entsprechenden Gesetze. Das was Sie mit 65 an AHV erhalten gilt bis an Ihr Lebensende.

  • Traber sagt:

    Der AHV-Beitragspflicht untersteht man so oder so bis 64/65 Jahre. Es ist also folglich nicht „ein anderer Nachteil, den man beim Vorbezug hat“.

    • Dieter Widmer sagt:

      Doch, weil man noch AHV-Beiträge bezahlen muss. Wer zwei Jahre früher geht, hat noch zwei Jahre AHV-Beiträge zu entrichten, ohne dass die AHV-Rente aufgebessert wird. Wer sich mit 65 pensionieren lässt, braucht keine AHV-Beiträge mehr zu bezahlen.

      • Wenger Werner sagt:

        Alle, die nach der Pensionierung noch teilzeitlich weiter arbeiten, bezahlen auf dem Lohn über der Freigrenze AHV. Würde der Beitrag bei Frührente wegfallen entstünde da eventuell eine Rechtsungleichheit.
        Was Herr Spieler da alles ins Feld führt mag zwar stimmen, aber bei einem Vorbezug der Rente spiele viele weichen Faktoren eine essentielle Rolle, die die Vorbezieher vermutlich selber genug bedacht haben! Weiche Faktoren zählen ohne Experten!

      • Pjotr Müller sagt:

        @Dieter Widmer: Wenn die Betragsjahre vor der Frühpensionierung nicht für eine maximale AHV-Rente ausreichen, dürften auch die letzten zwei Beitragsjahre daran in den seltensten Fällen etwas ändern.

    • Pjotr Müller sagt:

      Wenn Sie nicht mehr erwerbstätig sind, berechnen sich die AHV-Abgaben anhand Ihres Vermögens. Da kann bei sehr hohen Vermögen schon ein ordentlicher Beitragssatz zustande kommen.
      Recht haben Sie insofern, dass diese Beiträge auch ohne Vorbezug anfallen, wenn Sie nicht mehr erwerbstätig sind.

  • Bendicht Zuliger sagt:

    Eine interessante Rechnung: Wenn bei einem Ehepaar beide Anrecht auf eine maximale Rente haben, kann folgender Fall eintreten: Mann 63, Frau 62. Der Mann geht nun in Rente, die Frau will das erst mit 64 tun. Da die Ehefrau weiterhin AHV bezahlt, muss der Mann für die beiden Jahre bis 65 keine AHV bezahlen. Nun bezieht der Mann seine AHV-Rente ab 63. = Rentenkürzung um 13.6%. , also nur noch Fr. 24572. Nach 2 Jahren geht die Frau in Rente, sie würde Fr. 28440 erhalten, total also 53012, da die Ehepaarrente aber mit Fr 42660 gedeckelt ist, erhalten beide genau diesen Betrag, gleichviel, wie wenn der Mann keinen AHV Vorbezug gemacht hätte, die „Rentenkürzung“ verschwindet in der Ehepaar-Strafe und das Paar hat Fr. 49144 mehr AHV bezogen, lebenslang. Genial? Oder hab ich was falsch gerechnet.

    • M.Blagojevic sagt:

      Letzte Statistiken haben gezeigt das durchschnittliche Lebenserwartung etwa 18 Jahre nach der Pensionierung beträgt. Wenn wir Inflation auch noch dazu rechnen lohnt sich ein AHV- Vorbezug sogar. Und wenn jemand so viel Glück hat und noch 30 Jahre nach der Pensionierung lebt, der profitiert erst recht. Ich weis noch gut was ich vor 30 Jahre verdient habe und was ich ausgeben müsste. Benzin, Tabak, viele Lebensmittel, Wohnungen, KK etc. alles über 100% Teuerung in letzte 30 Jahre. Einzig die Löhne sind weniger gestiegen.
      Oder haben Sie von der AHV Auftrag erhalten so zu schreiben Herr Spieler?

    • Michael Brodbeck sagt:

      Ich denke diese Rechnung stimmt und könnte die Ehepaar-Strafe bei der AHV Rente etwas abmildern. Es ist bei Doppelverdiener Ehepartnern ein Skandal wie stark die Kürzungen bei der lebenslangen Rente einschenken. Vor allem wenn beide ihr Leben lang voll gearbeitet haben und den Maximalbetrag eingezahlt haben.

  • Nina Hublot sagt:

    Sinn macht es für all jene Leute, und das sind doch sehr viele, denen die Rente sowieso nicht zum Leben reicht. Sinn macht es für alle, die wenig verdienen, für alle Ausgesteuerten, für alle Armutsbetroffenen. Sie erhalten 2 Jahre früher wieder ein gesichertes Einkommen mit Rente und EL.

  • Sacha Meier sagt:

    Wir ausgesteuerten industrieerfahrenen Ü50 MINT-Berufler haben in unserer modernen, postindustriellen Konsumwirtschaftsgesellschaft nun einmal das schlechteste aller möglichen Lose gezogen. Weil China für die nächsten Jahrhunderte unsere Alltagsgüter und Technologie liefert, ist nicht nur unser anspruchsvolles Studium und unsere Erfahrung für die Katze, sondern es gibt auch keine Umschulung in in einen modernen, anständigen Beruf (z.B. Legal Engineer, Jurist, Ökonom, Sozialoge, Psychologe, etc.), wenn man den richtigen Zeitpunkt verpasst hat. Dazu ist meist auch schon unsere PK in einem letzten Versuch von Selbstständigkeit weg und die Sozialämter nötigen uns zum vorzeitigen AHV-Bezug. Wer nicht unterschreibt, dem wird die Sozialhilfe gekürzt. Gibt dann EL/ZL und viel neue Altersarmut.

    • Hanna Kern sagt:

      Wenn Sie AHV vorbeziehen, haben Sie Anspruch auf EL und werden so finanziell besser gestellt sein, als mit Sozialhilfe. Sie sollten dem Amt also dankbar sein.

    • Valentin Brazerol sagt:

      Herr Meier. Jetzt mal im ernst: Wenn sie die Energie ihres (gefühlt schon Jahrelanges!) gejammers in die Suche eines Jobs stecken würden, hätten sie mind. 4 laufende Arbeitsverträge!
      Das ist echt ermüdend.

      • Hannah Kern sagt:

        Das hätte ich als 40 jährige, frisch gebackene Juristin (daue 10Jahre inkl. Matur nachholen und alles mit Teilzeit selber finanziert), jetzt nicht zu sagen gewagt. Aber ja, stimme da voll zu.

  • Hugo Maurer sagt:

    Ich habe die AHV 2 Jahre vorbezogen. Lohnt sich auf jeden Fall. Beispiel AHV beträgt Sfr. 2’200.–. Bis zum normalen AHV Bezug habe ich also wegen dem Abzug wegen des vorbezuges ca. Sfr. 48’000.– erhalten. Die nimmt mir niemand weg und den Rest meines Lebens kann ich gut mit der geringeren AHV leben. Besonders die AHV bei Teuerung angepasst wird. Der Vorbezug wird extra schlechtgeredet, damit nicht alle Leute meinem Beispiel folgen. Die AHV sieht nämlich den Vorbezug gar nicht gerne.

  • Joachim Germscheid sagt:

    Rente von 1000 CHF bei Normalbezug ergibt bei Vorbezug im Alter von 90 einen Saldo von 241,920 CHF. Und Spieler meint, jetzt grämt sich jemand: „Hätte ich doch bloss mit 63 noch zwei Jahre auf meine Rente verzichtet, dann wäre mein Saldo jetzt 18,000 höher“ – Nöd würkli …

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